Kommt die Erholung beim Sportler zu kurz, kann das der direkte Weg ins Übertraining sein. Doch wie erkennt man ein Übertrainingssyndrom?
Grundsätzlich unterscheidet man zwei Arten von Übertraining: das sympathikotone (basedowoide) und das parasympathikotone (addisonoide) Übertraining, die beide unterschiedliche Symptome aufweisen. Während bei ersterem eine Vielzahl von Indikatoren bestehen, die klar auf ein Übertraining hindeuten (verzögerte Regeneration nach Belastung, Schlafstörungen, beschleunigter Ruhepuls, innere Unruhe und Gereiztheit, Kopfschmerzen usw.), lässt sich das parasympathikotone Übertraining oftmals schwerer feststellen, da in Ruhe außerhalb des Trainings oftmals keine Störungen auftreten und es sich hierbei eher um einen schleichenden Prozess handelt, der in körperlicher Schwäche, depressiver Verstimmung und Antriebslosigkeit mündet und es dem Athleten dadurch unmöglich macht, seine Energien im Wettkampf zu mobilisieren. Beide Arten haben gemeinsam, dass die sportliche Leistungsfähigkeit trotz Training entscheidend nachlässt.
Wie kommt es dazu?
Das Übertrainingssyndrom ist leider noch nicht ausreichend erforscht, weshalb diverse und zum Teil widersprüchliche Ansätze dazu existieren. Generell lässt sich aber festhalten, dass eine unzureichende Regeneration zwischen den Trainingsbelastungen (u.a. zu schnelle Steigerung von Umfängen und/oder Intensitäten des Trainings, zu viele Wettkämpfe in Folge etc.) zu diesen Formen von körperlicher Ermüdung führt, weshalb es von großer Bedeutung ist, einen gut organisierten und durchdachten Trainingsplan (Stichwort Periodisierung) zu haben, der auf die individuellen Voraussetzungen und Fähigkeiten eines Athleten eingeht und dabei auch seine jeweilige körperliche Verfassung, das Lebensumfeld (Familie, Job, Mehrfachbelastungen usw.) berücksichtigt. Ebenfalls ist es wichtig, bereits erste Anzeichen von Symptomen eines Übertrainings wahrzunehmen.
Im Allgemeinen ist es daher ratsam, die Prinzipien der Erholung einzuhalten. Zentrale Rollen kommen dabei auch der Ernährung (genug Kohlenhydrate und Proteine, v.a. direkt nach Belastungen), einem ausgeglichenen Flüssigkeitshaushalt und ausreichend Schlaf zu. Auch negativer Stress, sei es im Beruf oder privaten Umfeld, sollte so gut es geht in Schach gehalten werden. Auch wenn viele Athleten am liebsten alles niederreißen würden: jede Leistungsoptimierung braucht neben dem Training und progressiven Trainingsreizen auch ausreichende Erholungsphasen. Der Spruch „In der Ruhe liegt die Kraft“ kommt also in der Tat nicht von ungefähr.
Wie lässt sich ein Übertrainingssyndrom diagnostizieren?
Leider gibt es bis heute keine biochemischen Marker, die mit 100%er Sicherheit eine Diagnose sichern können. Folgende Indikatoren können aber dennoch hilfreich sein: Herzfrequenz und Herzvariabilität, Hormonbestimmungen (Testosteron, Cortisol, nächtliche Katecholaminausschüttung), verminderte Plasmaglutaminkonzentration, niedrige Kalium-, pH- und Magnesiumwerte sowie ein durchwegs zu hoher Harnstoffwert im Blutbild, eventuell Glykogenverarmung (Bestimmung des respiratorischen Quotienten), Immunschwäche und Infektanfälligkeit sowie die Beurteilung des Knochenstoffwechsels (Pyridinium-Crosslinks und Alkalische Phosphatase) bei Überlastungen im Skelettsystem.
Was kann ich dagegen tun?
Befindet man sich bereits im Übertraining, hilft in erster Linie eine Maßnahme: die Trainingspause bzw. Reduktion des Trainingsumfanges. Wie lange die Wiederherstellung dauern wird, lässt sich nicht pauschal vorhersagen, da die Dauer von wenigen Wochen bis hin zu einigen Monaten variieren kann.
[…] Ich möchte niemandem die Freude am Trainieren nehmen, deshalb schneide ich dieses Thema auch an. Nicht zu übertreiben bedeutet nicht, dass man nicht mal ordentlich Gas geben darf. Im Gegenteil, es heißt vielmehr, dass man auch Abwechslung ins Spiel bringen sollte. Und, dass es auch mal Regenerationswochen gibt. Ob 3:1, 4:1 oder gar 2:1 (=Verhältnis Belastungs- zu Entlastungswoche) muss individuell entschieden werden. Hier spielen viele endo- und exogene Faktoren hinein. Sicher ist aber: ständig zu steigern ohne zwischendurch auch die Regeneration miteinzubeziehen führt in den allermeisten Fällen nicht zur Form des Lebens, sondern kerzengerade ins Übertraining. […]