Ich freue mich euch heute wieder ein besonderes Interview präsentieren zu können. Dieses Mal hat uns der vegane Marathonläufer Mark Hofmann Rede und Antwort gestanden. Mark organisiert die 1. vegane Ultramarathonstaffel entlang der B12, ein weltweit einmaliger Lauf, welcher vom 17. bis 19. Mai 2013 stattfinden wird. Dabei werden 40 vegane Marathonläufer je einen Streckenabschnitt von 50km entlang der B12 – von Lindau über Passau und München bis nach Philippsreut – laufen.
Ich habe Mark nicht nur zu seinem Herzensprojekt, sondern auch zur Thematik Leistungssport und vegane Ernährung sowie zu seinen eigenen Trainingsgewohnheiten befragt.
Vera: Mark, im Mai startest du gemeinsam mit 16 Frauen und 23 Männern die weltweit erste vegane Ultramarathonstaffel. Wie kam es dazu? Woher kam die Idee für diese Veranstaltung?
Mark Hofmann: Die Idee kam mir, als ich im Radio von einem „Stau auf der B12“ hörte. Ich dachte mir sofort, dass es eine tolle Sache wäre, diese Bundesstraße als Veganer entlang zu laufen. Was mich reizte, das war das Wortspiel hinsichtlich der Bundesstraße 12 einerseits und dem Vitamin B12 andererseits. Letzteres steht oftmals im Fokus von Ernährungswissenschaftlern und Kritikern der veganen Ernährung. Nach etwas Recherche kam dann allerdings heraus, dass die B12 440 km lang ist. Das würde ich alleine erstmal nicht schaffen, also brauchte ich Unterstützung für dieses Vorhaben. Es haben sich sehr schnell (dem Internet sei Dank) einige Interessenten gemeldet und so war mir relativ schnell klar, dass es ein Staffellauf werden sollte. Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Staffel mit 40 veganen Läufern, in neun Gruppen aufgeteilt, ausgebucht. Jede dieser Gruppen läuft 50 km entlang der B12 und wird somit ein Zeichen setzen für die unbedingte Vereinbarkeit von Veganismus und Sport, für Tierrechte und Gesundheit, sowie für Umwelt und Moral. Des Weiteren freue ich mich über die Zusammenarbeit mit den verschiedensten veganen und tierrechtlich aktiven Organisationen wie PETA und Sea Shepherd, sowie mit den Firmen lifefood und rohkostgalerie, welche die Staffel mit rohköstlichen Snacks und Getränken versorgen werden.
Hast du dir für die Staffel ein bestimmtes Ziel gesetzt?
Ich habe mir Ziele auf verschiedenen Ebenen gesetzt. Zum einen möchte ich mein persönliches sportliches Ziel erreichen. Es ist mir wichtig, dass ich jeden meiner Läufe problemfrei absolvieren kann und mit einem Lächeln ankomme. Ich möchte Spaß an der Sache haben. Zum anderen habe ich ein organisatorisches Ziel. Ich möchte, dass sämtliche Läufer unbeschadet das Ziel erreichen und weder sie selbst noch andere Verkehrsteilnehmer beeinträchtigt oder gar verletzt werden. Ich möchte, dass die 1. Vegane Ultramarathonstaffel B12 für jeden Beteiligten ein unvergessliches Erlebnis wird. Am wichtigsten ist mir jedoch, dass die Aktion wahrgenomen wird. Ich wünsche mir, dass durch diesen Lauf etwas passiert. Es soll ein Zeichen für die Vereinbarkeit von rein pflanzlicher Ernährung und Sport gesetzt werden. Ich wünsche mir, dass dieses Ereignis als Argument herhalten kann, wenn wieder einmal jemandem unterstellt wird, ohne Fisch, Fleisch, Milch, Eier und Honig würde einem „etwas fehlen“ und man ginge fahrlässig mit seinem Körper um.
Wirst du von Bekannten, Freunden oder anderen Läufern öfter gefragt, wie sich Leistungssport und vegane Ernährung vereinbaren lassen?
Ich würde mir wünschen, dass ich dies öfters gefragt würde. In der Tat muss ich die Hinweise darauf selbst an den Mann oder an die Frau bringen. Da dies dann also zumeist ungefragt passiert, stoße ich eher auf Ablehnung oder Desinteresse. Daher streue ich meine Kommentare lieber bewusst und zielgerichtet. Immerhin ist die rein pflanzliche Ernährung die Lösung mehrerer der größten Probleme unserer Erde.
Wie reagierst du auf etwaiges Unverständnis?
Gelassen und diskussionsbereit.
Seit wann lebst du vegan? Was waren und sind deine Beweggründe?
Ich lebe vegan seit 2011. Es war nach dem Konsum meiner letzten fleischhaltigen Mahlzeit, dass mich ein starkes Gefühl des Ekels und der Schuld überkam. Ich erkannte plötzlich, dass ich Teil von etwas Furchtbarem war und dies nie wieder sein wollte. Ich sah mich konfrontiert mit dem gesamten Elend und Leid dieser Welt und hundertausend Augen sahen mich an. Und ich war völlig nackt und hatte zu meiner Verteidigung nichts zu sagen, warum ich für einen kurzen Gaumenkitzel ein Lebenslicht auslöschte, obwohl ich mich nicht in Not befand und genausogut hätte pflanzlich ernähren können. Seit diesem Tage ist mir das innerste Bedürfnis, auf all die schrecklichen Dinge hinzuweisen, vor denen ich selbst jahrelang den Kopf in den Sand steckte. Dies tue ich in der Hoffnung, dass andere Menschen schneller als ich begreifen, dass der Krieg, den wir den Tieren erklärt haben, beendet werden muss. Wenn der Konsum von Fleisch, Milchprodukten und Eier ja wenigstens gesund wäre… aber wir töten Milliarden von Landtieren jährlich, schänden die Umwelt und lassen ganze Landstriche in Afrika verhungern für etwas, dass unseren Körpern schadet. Da hat die Industrie mit ihren millionenschweren Werbe- und Lobbybudgets ganze Arbeit geleistet, so tief ist der Glaube an „Fleisch als ein Stück Lebenskraft“ in uns verankert. Irrsinnig!
Wie sieht deine Ernährung aus? Worauf legst du Wert?
Meine Frau, mein Sohn und ich kochen. Und damit meine ich nicht Fertiggerichte aufwärmen, sondern tatsächliches Kochen. Und zwar täglich, frisch, biologisch und vegan. Dadurch, dass wir – seitdem wir vegan wurden – Gemüse, Sprossen, Nüsse, Obst, Getreide und Hülsenfrüchte nicht mehr nur als Beilage eines x-beliebigen Fleischklumpens sehen, hat sich unser Horizont derart erweitert, dass ich mich abwechslungsreicher und gesünder ernähre als jemals zuvor. Wenn mich heutzutage noch allen Ernstes fragt, was man als Veganer denn eigentlich noch essen kann, dann muss ich fast lachen. Im Prinzip muss man dann nur zurückfragen, wann das Gegenüber denn zum letzten Mal Amaranth, Dulse oder Goldballrübchen gegessen hat.
Wie sieht eine typische Trainingswoche bei dir aus?
Das kommt ganz darauf an, ob und wenn ja auf welchen Lauf ich mich gerade vorbereite. In der trainingsfreien Zeit laufe ich zwei bis drei Mal die Woche, ich der Hochphase kann es dann bis zu sechs Mal sein. Da ich eine Frau, einen kleinen Sohn und einen Vollzeitjob habe, versuche ich mein Training so gut wie möglich in meinen Alltag zu integrieren. Das heißt, dass ich vor der Arbeit zum Schwimmen gehe, und beispielsweise nach der Arbeit nicht die U-Bahn nehme, sondern nach Hause laufe. Oder dass ich jeden Abend kurz vorm Insbettgehen meine Liegestütze und Rumpfstablisationsübungen mache. Dennoch komme ich in der Hochphase gut und gerne einmal auf eine Trainingswoche von zwölf Stunden mit sonntäglichen, langen Läufen von bis zu vier Stunden.
Wie verpflegst du dich im Training bzw. im Wettkampf?
Es gibt ja verschiedene Theorien, dass man je nach Trainingsphase beispielsweise die Kohlenhydratezufuhr anpassen sollte, aber ich muss zugeben, dass ich dies auslasse. Ich ernähre mich im Training auch nicht anders als sonst. Ich habe etwas mehr Appetit und versuche viele kleinere Mahlzeiten einzunehmen, aber die Zusammensetzung variiert nicht. Im Wettkampf verwende ich entweder selbstgemachte Kohlenhydrategels auf der Basis von Medjool Datteln oder aber die Gels von Dextro Energy oder Hammer Gel (die sind beide vegan).
Welche (Sport-)Getränke nimmst du für gewöhnlich zu dir?
Leitungswasser.
Nimmst du Supplemente?
Ich supplementiere B12 in Tropfenform. Das würde ich Menschen, die weiterhin Fleisch essen allerdings genauso empfehlen.
Hast du Tipps für Menschen, die sportlich aktiv sind und überlegen, vegan zu leben, sich aber unsicher sind, ob darunter nicht die körperliche Leistungsfähigkeit leidet und wie sich diese Ernährung in den Alltag integrieren lässt?
Ja, viele. Aber anstatt hier eine pauschale Antwort zu geben, möchte ich diesen Leuten anbieten wollen, mir doch eine E-Mail zu schreiben. Ich würde dann individuell auf deren Fragen eingehen wollen. Ich kann nur sagen, dass ich mich seit meiner Weiterentwicklung so gut fühle wie noch nie zuvor. Mein Körper ist leistungsfähiger, ich fühle mich fitter und, wie meine Oma schon immer sagte, „ein gutes Gewissen ist ein gutes Ruhekissen“. Ein Geist von Schuld befreit beflügelt einfach. Zudem: man sollte hinsichtlich der Umstellung keine Furcht haben. Es ist alles nur eine Frage der Umgewöhnung und dem Abstreifen von alten Angewohnheiten. Weg vom Schlechten, hin zum Guten!
Dein Lieblingszitat?
„Sei dazu entschlossen, und die Sache ist getan.“ – Konfuzius
Danke für das Interview und alles Gute für die Ultramarathonstaffel! 🙂
Ich habe zu danken für das Interesse an „Laufen gegen Leiden“ und die lieben Wünsche. Danke schön!