Mir fällt immer wieder auf, dass viele von uns auf der Jagd nach Gesundheit alles richtig machen wollen und dann an diesen hohen Vorgaben – welch Wunder – scheitern. Denn das Leben ist nicht perfekt, lässt sich nicht bis ins kleinste Detail planen und der Mensch ist in den meisten Fällen eben auch nicht unendlich diszipliniert, sondern hat vielmehr einen besten Freund der innerer Schweinehund heißt und seinem Namen täglich gerecht wird. Dennoch sollten wir uns nicht verurteilen. Denn es ist eben nicht jeder ein passionierter Marathonläufer, ein 5-Uhr-Frühjogger oder ein 10-Stunden-pro- Woche-Fitnessbesucher und man muss es auch nicht werden, nur um vermeintlich gesund zu leben, wenn man selbst nicht das Gefühl hat, dass man es wirklich von Herzen und mit Überzeugung tut.
In meiner Arbeit als Gesundheitsberaterin achte ich darauf, dass ich auf jeden einzelnen eingehe und jegliches Konzept auf ihn oder sie persönlich maßschneidere, denn ein Konzept von der Stange oder Second Hand hilft bei individuellen Bedürfnissen genau gar nicht weiter. Auf diesem Blog kann ich allerdings auch nur allgemeine Ratschläge geben, von denen sich jeder das herausnehmen kann, was er für sich als wichtig und richtig erachtet. Generell bin ich der Meinung, dass wir selbst sehr gut erkennen, was uns gut tut und was nicht. Allerdings bemerke ich in den letzten Jahren häufig, dass dieses Erkennen mittlerweile leider nur noch im Unterbewusstsein da ist, weil es verdrängt wurde oder verdrängt werden musste. Man merkt, da ist ein Bedürfnis, aber man kann oft nicht mehr genau sagen, welche Handlung nun angemessen wäre. Deshalb wird es oft die Fertigpizza, obwohl man eigentlich einen ausgedehnten Spaziergang durch das Herbstlaub mit Sonne und langem Sitzen und Sinnieren auf der Parkbank bevorzugt hätte. Aber in der Hektik des Alltags spürt man eben nur noch “Bedürfnis”, denkt als erstes an “Hunger” und “Essen”. Selbst wenn man nur Durst hatte. Man belohnt sich vermeintlich damit oder – was noch öfter vorkommt – man tröstet sich damit.
Meine Aufgabe ist es u.a. im Einzelcoaching, solche Szenarien zu erkennen und zu besprechen. Deshalb möchte ich es auch hier zum Thema machen. Geht in euch und überlegt euch, was eure wahren Bedürfnisse sind. Ist es wirklich Laufen oder macht ihr das nur, weil es andere tun, hasst es aber in Wirklichkeit? Ist es tatsächlich die Pizza, die ihr jetzt unbedingt haben müsst? Ist es das Haribo-Sackerl? Wenn es wirklich so ist, dann tut es, lauft, esst, macht was euch gut tut, aber dann macht es mit ganzem Herzen und Überzeugung. Genießt es. Es kommt nämlich auch darauf an, WIE man etwas macht. WIE man isst. Mit schlechtem Gewissen schmeckt nichts wirklich gut. Wenn man es aber zelebriert, in angenehmer Gesellschaft, es einem gutgehen lässt, dann kann es nicht schlecht für die Gesundheit sein. Denn Gesundheit ist mehr als regelmäßiger Sport, gesundes Essen und diszipliniertes Leben. Gesundheit bedeutet auch Glücklich sein. Das hört sich wahnsinnig abgedroschen an, ich weiß. Aber ich bin überzeugt, dass zB jemand, der ein Sportprogramm durchzieht, das er absolut nicht leiden kann, langfristig auch keine großen Erfolge feiern wird. Denn er wird es nicht auf Dauer durchziehen, da es ihm keine Freude macht. Er wird bald in Frage stellen, warum er in etwas viel Zeit investiert, was ihm noch nicht mal wirklich taugt. Deshalb tut Sport v.a. dann richtig gut, wenn man die jeweilige Sportart wirklich so richtig gerne macht. Und nicht, wenn man sich dabei denkt, dass man nun wieder eine Stunde vom Tag “verloren” hat.
Ich möchte nicht für ein Leben ohne Sport plädieren, nichts läge mir ferner. Aber ich plädiere dafür, dass niemand etwas machen sollte, weil “man” es eben macht. Ich bin dafür, dass man sich ausprobiert, dass man Neues entdeckt, aber dass man dabei das für sich richtige wählt und nicht das, was diktiert wird. Es gibt sooo viele Möglichkeiten, sich zu bewegen. Und wenn es “nur” Spazieren gehen ist. Herumtoben mit den Kindern, den Enkelkindern, den Nachbarskindern. Im Garten herumwerken. Das alles macht glücklich und ist damit auch gesund.
Und was ebenso dazu gehört, ist ein erfülltes Leben im Job und in der Beziehung. Wie soll man gesund und glücklich sein, wenn man seinen Beruf hasst? Wenn man den Weg ins Büro schon nach wenigen Metern mit Magenschmerzen quittiert bekommt? Wenn man selbst keinen Sinn darin sieht, in dem was man tut? Wenn man den Partner eigentlich gar nicht mehr leiden kann, aber trotzdem bleibt? Aus Angst, Bequemlichkeit, warum auch immer. Da kann man noch so viel Sport machen, noch so gesund essen, noch so viel schlafen, man wird es bestensfalls eine Zeit lang schaffen, auszubalancieren, bis das Kartenhaus endgültig einstürzt. Bis erste Wehwehchen auftauchen. Schlafstörungen, Reizdarm, Kopfschmerzen – die Liste kann beliebig fortgesetzt werden. Gerade die Psychosomatik spielt eine viel größere Rolle als viele denken.
Deshalb raus aus alten Wegen, die nicht mehr passen und nicht zielführend sind. Und rein in ein neues Maßgewand, das sitzt und passt. Und glücklich macht. Denn wer glücklich ist, der ist viel seltener krank. Er hat auch nicht das Gefühl vom Leben “vergessen” worden zu sein oder sonst wie vernachlässigt. Natürlich kann niemand von uns täglich aufstehen und rufen: “Heute ist mein bester Tag! Ich bin einfach sooo happy!” Das wird es nicht spielen, denn wir brauchen auch Phasen, wo wir nicht in höchster Euphorie sind, damit wir die wirklich tollen Momente zu schätzen wissen und genießen können.
In a nutshell: achtet auf euch und eure Bedürfnisse. Lasst euch nicht verrückt machen. Macht euer Ding. Seid mutig, geht auch mal neue Wege. Aber bleibt dabei bei euch. Traut euch was zu! Und nehmt nicht alles so extrem ernst. Das Leben darf auch Spaß machen! Glücklich und gesund sind meistens die, die spielerisch an Dinge herangehen, die ausgeglichen sind, weil sie einfach sie selbst sein können. Deshalb auf zum Job, der in den eigenen Augen Sinn macht. Ab zum Sport, der Energie gibt oder einfach nur so herrlich zum Abschalten ist oder unsere Spielfreude weckt. Was auch immer – es muss einfach zu euch passen, dann tut es auch gut. Und denkt auch beim Essen daran: es geht nicht nur um gesund, sondern auch um die Atmosphäre, das Gefühl dabei. Genießen zu können ist eine großartige Eigenschaft. Sich selbst zu spüren, wissen was man braucht und wann man satt ist. Da kommen dann keine Frustationsessattacken mehr auf, da muss man sich mit nichts mehr trösten. Da ist einfach nur eine tolle Stimmung und tolles Essen und eine nette Gemeinschaft.
Vera