Ja, wir sind in der Tat große Freunde der Bewegung. Genauso wie von der ausgewogenen, gesunden Ernährung. In den letzten Jahren stellen wir aber einen Trend fest, den wir nicht für sinnvoll halten. Das „Viel-hilft-viel“-Prinzip wird oftmals mit großer Freude angewandt, sei es mit oder ohne Trainer, meistens aber mit dem selben Ausgang. Läufer, die von heute auf morgen täglich viele Kilometer herunterspulen, ohne ihren Körper ausreichend und langsam auf diese Belastungen und Intensitäten vorbereitet zu haben. Triathleten, die trotz Vollzeitjobs genauso viel trainieren wie Tri-Profis – ja, genau so viel, allerdings ohne den vielen Schlaf, die ausgefeilte Ernährung und die sonstige Regeneration, die bei Profis ebenfalls ins Training inkludiert ist. Freizeitsportler, die vorwiegend hochintensive Workouts machen, wenn möglich, so viele wie es geht, oft leider ohne dabei zu berücksichtigen, dass auch das Herz ein Muskel ist, der zwischendurch auch mal Ruhe braucht und dass das Immunsystem das auf Dauer nicht witzig findet.
Versteht mich nicht falsch, Bewegung ist großartig, Triathlon ebenso und High Intensity Intervall Training gehört definitiv auch zu meinen Lieblingstrainingseinheiten, aber es ist ebenso wichtig darauf zu achten, Maß und Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Und noch etwas, was nicht ganz unbedeutend ist: der Spaß.
Ich gehöre eindeutig zu der Sorte Trainer, die nicht nach dem „Viel-hilft-immer viel“-Credo arbeitet. Weil ich anhand der Patienten in unserer Praxis zuhauf sehe, zu was das führen kann. Hohe Umfänge ohne Ende gibt es bei mir genauso wenig wie tagtägliche hochintensive Einheiten. Letztere sind in Einzelfällen vielleicht mal als Schock-Block für eine Woche eine Möglichkeit, aber da muss man schon sehr genau auswählen, denn das eignet sich nicht unbedingt für den Durchschnittssportler oder gar Anfänger. Ich bin ein Verfechter des qualitativ hochwertigen, abwechslungsreichen, polarisierten Trainings.
Ich möchte niemandem die Freude am Trainieren nehmen, deshalb schneide ich dieses Thema auch an. Nicht zu übertreiben bedeutet nicht, dass man nicht mal ordentlich Gas geben darf. Im Gegenteil, es heißt vielmehr, dass man auch Abwechslung ins Spiel bringen sollte. Und, dass es auch mal Regenerationswochen gibt. Ob 3:1, 4:1 oder gar 2:1 (=Verhältnis Belastungs- zu Entlastungswoche) muss individuell entschieden werden. Hier spielen viele endo- und exogene Faktoren hinein. Sicher ist aber: ständig zu steigern ohne zwischendurch auch die Regeneration miteinzubeziehen führt in den allermeisten Fällen nicht zur Form des Lebens, sondern kerzengerade ins Übertraining.
Was mir besonders wichtig ist: passt euer Trainingspensum auch an eure Tagesform an. Das heißt nicht, dass der innere Schweinehund regieren soll, sondern dass man sinnvoll abwägt, ob man heute fit genug für die besonders harte oder lange Einheit ist und die Bewegungseinheit optimal auf den Zustand abstimmt. Wir alle haben mit Beruf, Familie und anderen Verpflichtungen viel um die Ohren, insofern sollte nicht auch noch die eigentlich wohltuende Bewegung zu einem Stressfaktor ausarten.
Schöner Beitrag Vera!
liebe Grüße, Andi
Von meinem iPhone gesendet
Danke! 🙂