Osteoporose gilt mittlerweile als Krankheit mit wachsender medizinischer sowie sozioökonomischer Bedeutung und steht daher auch immer mehr im öffentlichen Interesse, was nicht zuletzt ihrer Häufigkeit, dem chronischen Verlauf oft auch hin in Richtung Unselbständigkeit und Pflegebedürfnis und den damit verbundenen hohen Belastungen für das Gesundheitswesen geschuldet ist.
Was passiert bei einer Osteoporose genau?
Unter Osteoporose versteht man eine systemische Skeletterkrankung mit Verminderung der Knochenmasse und Störung der Mikroarchitektur des Knochengewebes, was zur Folge hat, dass die Knochenbrüchigkeit erhöht ist und das Frakturrisiko steigt. Es handelt sich folglich um eine Stoffwechselkrankheit des Knochens. Die Erkrankung kann sowohl Männer wie Frauen betreffen, allerdings erhalten Frauen diese Diagnose ca. vier Mal häufiger als Männer. In den meisten Fällen sind vorrangig die Wirbelsäule bzw. die Wirbelkörper betroffen. Ab dem 75. Lebensjahr erhöht sich aber auch die Wahrscheinlichkeit von Oberschenkelhalsfrakturen stark.
Der Knochenabbau wird beim Menschen durch das Zusammenspiel von Osteoklasten, Osteoblasten, Osteozyten und vaskulären Zellen koordiniert. Knochendichte und – masse nehmen durch Resorptionsvorgänge ab, da die Aktivität der Osteoklasten im Alter zu-, jene der Osteoblasten aber abnimmt. Eine essentielle Rolle spielt dabei Bewegungs- bzw. Belastungsmangel, da somit die Aktivität der Knochenzellen (Osteoblasten) abnimmt. Aus mechanischer Sicht sorgen nämlich elektrische Potentiale für eine Feinabstimmung mit der Folge eines Knochenanbaus auf der Druckseite sowie eines Knochenabbaus auf der Zugseite. Neben oder zusätzlich zu einem Bewegungsmangel kann auch der Verzehr von großen Mengen tierischen Eiweißes als weiterer Risikofaktor angesehen werden.
Wie wird Osteoporose diagnostiziert?
Zur Feststellung einer Osteoporose erfolgt eine Messung der Knochendichte durch die DEXA-Methode (Dual Energie X-Ray Absorptiometrie). Im Anschluss wird der Stärkegrad der Osteoporose vier Schweregrade eingeteilt:
1. Schweregrad 0 (Osteopenie): Minderung der Knochendichte, noch keine Frakturen.
2. Schweregrad 1 (präklinische Osteoporose): deutlich erniedrigter Knochenmineralgehalt, noch keine Frakturen.
3. Schweregrad 2 (manifeste Osteoporose mit ersten Frakturen): deutlich erniedrigter Knochenmineralgehalt, erste Wirbelkörperfrakturen, meist Brust- oder Lendenwirbelsäule.
4. Schweregrad 3 (manifeste Osteoporose mit multiplen Frakturen): Frakturen auch außerhalb der Wirbelsäule.
Wie bereits erwähnt, ist Osteoporose eine multifaktorielle Erkrankung. Zu ihrer Entstehung tragen stets mehrere Parameter bei, wie Alter, Geschlecht, Bewegungsausmaß, Sonnenexposition, Art der Ernährung sowie Grad der Belastung des Skeletts im Jugend- und Entwicklungsalter.
Die amerikanische Fachliteratur sieht folgende fünfzehn Risikofaktoren für Osteoporose als wesentlich an: fortgeschrittenes Alter, frühere Frakturen als Erwachsener (ursachenunabhängig), frühere Frakturen der Eltern oder Geschwister, Rauchen, Untergewicht, weiße oder asiatische Frauen, sitzender Lebensstil, frühe Menopause, Essstörungen, hoher Konsum von tierischem Eiweiß, starker Konsum von Limonaden, Alkoholmissbrauch, Calcium-Mangel durch unausgewogene Ernährung, hoher Koffein-Konsum, Vitamin D-Mangel. Auch die skandinavische Fachliteratur sieht Rauchen und Magerkeit als prädispositionierende Faktoren an. Durch die Auswirkungen des Nikotins kann es auch zu einem verfrühten Menopausen-Eintritt und somit zu einer (früheren) Entwicklung einer Osteoporose kommen. Für die Prävention können daher v.a. folgende Säulen ausgemacht werden: regelmäßige Bewegung, ausgewogene, „knochenfreundliche“ Ernährung sowie hormoneller Status und Stoffwechsel.
Warum Bewegung wichtig ist und welche Rolle die Ernährung spielt
Knochen sind wie andere biologische Strukturen des Körpers von physiologischen Reizen wie Be- und Entlastung abhängig. Ohne den Wechsel dieser Reize kann er seine Stabilität nicht erhalten, da die Mineralisierung davon abhängig ist und somit kann er auch nicht seinen zugedachten Funktionen nachgehen. Eine hohe Belastung sorgt für eine Zunahme der Mineralisierung, während eine geringe Belastung oder gar Immobilisation zu einer Abnahme führt. Neben der Be- und Entlastungskomponente kommt auch Hormonen, Vitaminen und somit der Ernährung eine wichtige Rolle zu. Speziell ein konstant gehaltener Calciumspiegel ist essentiell, nicht zuletzt ist Calcium zu 99% im Knochenskelett gespeichert. Vitamin D sorgt dafür, dass Calcium aus der Nahrung aufgenommen wird, Calzitonin wiederum speichert das Calcium in den Knochen, erhöht die Aktivität der Osteoblasten und senkt jene der Osteoklasten, während das in der Nebenschilddrüse gebildete Parathormon die Aktivität der Osteoklasten steigert und die der Osteoblasten hemmt, was wiederum zu einer Demineralisierung des Knochens führt.
In diesem Zusammenhang kommt weiblichen Athletinnen ein Sonderstatus zu, da diese oftmals an einem Calcium-Mangel auf Grund einer allgemeinen Mangel-Ernährung leiden, da sie in Sportarten professionell aktiv sind, in denen ein niedriges Körpergewicht ein Erfolgsfaktor darstellt (Sportarten mit Gewichtsklassen, ästhetische Sportarten, Berglauf u.Ä.). Oftmals treffen hier Mangelernährung durch Essstörungen und eine belastungsinduzierte Amenorrhoe zusammen, was in einer Osteoporose mündet und als Female Athlete Triad bezeichnet wird.
Kommt es dagegen zu einer unphysiologischen Beanspruchung des Knochens in Form von Unterbelastung oder Immobilisation, beginnt der Demineralisierungsprozess. So ist bereits nach einer Immobilisationszeit von vier Wochen feststellbar, dass täglich ca. 340mg, anstelle von physiologischen 180mg pro Tag Calcium über den Urin ausgeschieden werden. Der Alterungsprozess eines Menschen bringt mit sich, dass es zu einem geringen Verlust von Calcium aus dem Knochen kommt, so verliert man ab dem 40. Lebensjahr rund 0,5-1,5% Calcium pro Jahr. Bei einem Verlust von 3-4% spricht von man Osteoporose. Betroffene, meist Frauen, wird eine Zufuhr von Vitamin D und ca. 1000mg Calcium pro Tag empfohlen, bei Frauen nach der Menopause sind sogar 1500mg Calcium pro Tag induziert. Die Gabe von Östrogenen zur Therapie der Osteoporose sowie zur Prävention muss differenziert gesehen werden, da zwar einerseits eine Stimulation der Osteoblasten durch die Hormone wirksam ist, andererseits aber das Risiko für Brust- und Gebärmutterhalskrebs stark erhöht wird.
Fest steht: unbehandelt kann eine Osteoporose einen Verlauf nehmen, der die Lebensqualität stark einschränkt, was bereits bei den sogenannten Aktivitäten des täglichen Lebens beginnt. Die mit der Zeit auftretenden Einbußen in Bezug auf motorische Fähigkeiten und Fertigkeiten bergen außerdem auch eine noch größere Verletzungsgefahr im Alltag. Dazu kommt die schleichende Abhängigkeit von fremder Hilfe. Kommt es zum Sturz, sind Brüche wie eine Oberschenkelhalsfraktur nicht selten. Die damit verbundene längere Immobilisation und die somit weitere ungünstige Nicht-Belastung führen nicht nur zu Schmerzen und Krankenhausaufenthalten, sondern auch zu sekundären Krankheitsfolgen, die oftmals sogar mit dem Tod enden können.
Aktuelle Trainingsempfehlungen
Neben anderen Behandlungskonzepten und Therapiemöglichkeiten wie medikamentöser Therapie, Hormon-Therapie und Veränderung der Ernährungsweise, stellt die Erhöhung der körperlichen Aktivität eine tragende Säule in einer erfolgreichen Therapie dar. Wesentlich ist dafür natürlich eine vollständige Abklärung des betroffenen Patienten.
Auf Basis der Stadieneinteilung nach erfolgter DEXA-Messung kann ein spezifisches therapeutisches Trainingsprogramm erarbeitet werden, welches auch das aktuelle Körpergewicht, bisherige Aktivität, die aktuelle Ernährungsweise und sonstige Zusatzerkrankungen mitberücksichtigt.
Das Training des Bewegungsapparates durch adäquate Belastung stellt seit langem einen wesentlichen Therapieansatz für Osteoporose-PatientInnen dar. Training zur Beeinflussung der Knochendichte ist definitiv zu jedem Zeitpunkt im Leben sinnvoll ist, denn Osteoporose muss kein unabänderliches Schicksal sein.
Für das optimale Training bei Osteoporose und die Verbesserung der Knochendichte gibt es diverse Trainingsansätze und Meinungen. Von Krafttraining mit 80% der Maximalkraft, Laufübungen, Tai Chi über aerobes Training, Gleichgewichtstraining, Gehen und kombinierte multimodale Varianten inklusive Medium- und High Impact Komponenten.
Gesichert ist: eine gesteigerte Belastung sorgt für eine größere Stabilität und höhere Mineralisierung des Knochens. Ein regelmäßig durchgeführtes Training bei gleichzeitig optimierter Calcium-Zufuhr kann also selbst menopausalen Knochenmassenverlust aufhalten oder sogar reduzieren, indem beispielsweise durch Krafttraining sogar wieder Knochenmasse gewonnen wird. In diesem Zusammenhang wird von einer Zunahme der Knochendichte um bis zu 26% an bestimmten Stellen des Skeletts berichtet. Ebenso scheint allein durch Ausdauertraining eine Erhöhung des Knochenmineralgehaltes von etwa 1% pro Jahr erreichbar zu sein.
Ob Tai Chi, Tanzen, Gangtraining, Bewegungstraining im Wasser, Kraft- und Gleichgewichtstraining in Kombination mit Vibrationstraining sowie Bewegungstraining im Sitzen als Alternative, wenn kein Stehen möglich ist, Aerobic und Gymnastik (um eine Erhöhung der Knochendichte der Lendenwirbelsäule zu erreichen) oder Gehen und Wandern, um die Knochendichte am proximalen Femur zu erhöhen – es gibt viele Wege und Möglichkeiten der Bewegung. Sie alle sollten mit koordinativen Übungen und Übungen für mehr Flexibilität sowie einem individuell dosierten Krafttraining kombiniert werden. In den USA wird vorwiegend zu Walking, Laufen, Tanzen und Seilspringen sowie Widerstandstraining geraten.
Es gilt in jedem Fall darauf zu achten, dass eine hohe Intensität an Sport eine besonders positive Auswirkung auf die Knochen hat, während leichte bis mittlere sportliche Aktivitäten dagegen nur schwache Wirkungen zeigen. Die Interventionen sollen dazu führen, dass die Knochenmasse erhalten bleibt oder im besten Fall zunimmt und an Festigkeit gewinnt, Muskelmasse und Muskelkraft erhalten bleiben bzw. zunehmen, die Koordination geschult, das Sturzrisiko verringert, die Angst vor Stürzen reduziert wird und Frakturen im Ernstfall verhindert werden. Wird das regelmäßige Training allerdings eingestellt, so verschwindet der positive, durch Bewegung erarbeitete Effekt wieder innerhalb von rund 6 Monaten. Insofern ist ein regelmäßiges und andauerndes Training notwendig.