Was ist wichtiger? Diese Frage steht öfter im Raum. Naturgemäß erachte ich Bewegung als sehr wichtig. Und auch jüngste Studien zeigen, dass ein paar Kilo zu viel aus gesundheitlicher Sicht nicht so dramatisch ins Gewicht fallen, wenn man sich dennoch genug bewegt. Trotzdem spielt es natürlich auch eine sehr große Rolle, was wir unserem Körper zuführen. Billiger Treibstoff ist auf Dauer selbstverständlich und wohl für jeden nachvollziehbar nicht gerade das Optimum. V.a., wenn man leistungsfähig sein will – nicht nur im Sport, sondern im Leben an sich.
In der Praxis mit meinen Klienten habe ich eine Erfahrung gemacht: wer sich viel bewegt, dem fällt es in den allermeisten Fällen leichter, auch gesund zu essen. Das geht auch mir persönlich so. Weil man bewusster lebt, mehr auf sich achtet. Bewegung und Ernährung gehen ganz klar Hand in Hand. Beide sind wichtig und sollten daher immer gemeinsam angegangen werden. Wem es nur darum geht, ein paar Kilo abzunehmen, der wird bereits einiges für seine Gesundheit tun. Aber selbst wenn man schlank ist, ist das nicht unbedingt das Optimum, wenn sich nicht auch bewegt.
Wir haben verlernt, was es heißt, unseren Körper aktiv einzusetzen. Wir sitzen den lieben langen Tag meist einfach herum, im Büro, im Auto, abends zuhause auf der Couch. Unsere Muskeln verkümmern, wir haben Rückenschmerzen, Bandscheibenvorfälle und andere unlustige Leiden. Dennoch haben wir keine Zeit, keine Lust und keinen Antrieb, das Problem an der Wurzel zu packen, weil wir bereits mit so vielen Verpflichtungen eingedeckt sind. Ist es nicht Zeit, Stopp zu sagen? Zu erkennen, dass Bewegung ein Teil unseres Lebens ist? Nicht, weil es die Fitnessindustrie vorschreibt, nicht, weil man ein ästhetisches Ideal erfüllen will, sondern einfach, weil man selbst Verantwortung übernehmen will für seine Gesundheit, sein Wohlbefinden, sein Leben? Ich weiß, dass vielen Bewegung schwer fällt. V.a. wenn man es nicht von Kindesbeinen an gewohnt ist. Wenn man nie viel mit Sport zu tun hatte oder wenn Sport immer nur ein Mittel zum Zweck war. Etwas, das man tun musste. Und ich bin mir auch bewusst, dass man nicht ständig hören will, was man noch alles „tun sollte.“
Deshalb muss hier ein neuer Blickwinkel her: Bewegung ist nicht nur zum Kalorienverbrennen da. Bewegung ist nicht nur spaßfrei und mühsam. Und Bewegung ist auch nicht nur anstrengend. Bewegung ist ein Mittel zur Selbsthilfe. Und noch dazu ein sehr effektives und günstiges. „Exercise is Medicine“ lautet das Motto, das mittlerweile nicht nur in den USA verstärkt zum Einsatz kommt. Anstelle von Medikamenten wird Bewegung als Rezept verordnet. Ärzte arbeiten auch in Großbritannien bereits mit Fitness-Apps. Warum? Weil Bewegung mehr tun kann als vieles andere. Einfach weil wir darauf ausgelegt sind. Sie ist als Teil unseres Lebens vorgesehen, ob einem das gefällt oder nicht. Der Körper ist dazu da, bewegt zu werden – nicht nur geschont ohne Ende. Persönlich macht mir die aktuelle Entwicklung v.a. in Hinblick auf die demographische Entwicklung Sorgen. Wie wird es aussehen, wenn wir alle älter sind? Heute schwache Muskeln werden uns später noch schlechter auffangen, wenn wir in der Nacht im Dunkeln den Weg zur Toilette suchen. Oberschenkelhalsbrüche, künstliche Hüften, teure Altersheime mit hoffentlich nettem Personal, das uns hilft, wenn wir selbst nicht mehr in der Lage dazu sind – kein guter Ausblick. Selbstverständlich lässt sich nicht alles 100%ig vermeiden. Niemand kann einem garantieren, dass man für immer fit und unverletzt bleiben wird, auch wenn man sich regelmäßig bewegt und gesund lebt. Dennoch ist es meiner Meinung nach besser, seine Hausaufgaben zu machen und zumindest das zu tun, was man selbst in der Hand hat. Kein Leistungssport, aber gezielte Bewegung. Weniger sitzen, auch mal am Stehpult arbeiten. Vielleicht dabei auch noch auf einem Stabi-Pad stehen, um die Koordination und Propriozeption, also die Eigenwahrnehmung zu fördern (ja, das geht auch im Büro), denn gerade das ist wichtig. Zwischendurch mal die engen Schuhe ausziehen und unseren Füßen die Möglichkeit geben, Platz zu haben und natürlich abzurollen, um Verformungen vorzubeugen und muskuläre Defizite auszugleichen. Genug Wasser trinken, weniger, dafür hochwertiger essen. Wirklich die Stiegen nehmen statt den Lift oder der Rolltreppe und nicht nur wissen, dass es besser wäre. Stramme Spaziergänge einbauen. Einmal am Tag ordentlich ins Schwitzen kommen (wobei auch immer).
Ich weiß, es ist nicht immer einfach. Aber ich schlage vor, es wenigstens zu versuchen. Nicht weil ich es empfehle, nicht weil es irgendwelche schlauen Studien nahelegen, sondern weil du selbst erkennst, dass du viel für dich tun kannst, um dein Wohlbefinden körperlich wie geistig zu steigern. Nicht, weil du solltest, sondern weil DU es willst!
Auf geht’s! 😉
Vera