V.a. die Grippezeit lenkt den Fokus immer sehr schnell auf das Thema Immunsystem. Es ist viel darüber zu lesen, egal, ob es darum geht, das Immunsystem durch gezielte Ernährung oder durch alte Hausmittel zu stärken. Ich will heute über Bewegung und Immunsystem schreiben, damit ihr fit und gesund durch diese Zeit kommt und wisst, worauf ihr achten müsst. Natürlich kann es einen leider dennoch immer treffen, oft ist es einfach Pech, weil man zur falschen Zeit am falschen Ort ist und etwas aufschnappt, aber es gibt trotzdem einiges, was man selbst in der Hand hat.
Um was geht es überhaupt, wenn man vom Immunsystem spricht? Es geht um die Abwehr von Pathogenen, also Krankheitserregern und andere körperfremde Stoffe, aber auch Körpereigenes, beispielsweise entstehende Tumorzellen. Unsere Abwehrkräfte, wie es in der Werbung so schön heißt, basieren auf einem Zusammenspiel von verschiedenen Systemen. Einerseits leisten die Immunzellen sehr viel Arbeit, andererseits helfen auch lösliche Botenstoffe, spezifische Antikörper, Proteine und andere mit. Hier wird also mit allen Kräften zusammengearbeitet, damit es deinem Körper gut geht ;-).
Besonders die weißen Blutzellen, die du sicher noch vom Biologieunterricht als Leukozyten kennst, leisten hier ganze Arbeit. Sie sind quasi die Polizei im Körper. Wichtige Immunzellen sind übrigens die Phagozyten, zu denen die Monozyten zählen, die später im Gewebe zu Makrophagen werden, sowie die neutrophilen Granulozyten. Auch die natürlichen Killerzellen (auch NK-Zellen genannt) mischen mit und sorgen v.a. auch dafür, dass keine Tumorzellen entstehen. Ebenfalls eine große Hilfe sind die T-Lymphozyten und die B-Lymphozyten. Sie alle haben spezielle Aufgaben und werden einerseits zum angeborenen, unspezifischen Immunsystem, andererseits zum adaptiven, spezifischen Immunsystem gezählt. Klingt kompliziert? Ist es nicht, wenn man es sich einmal näher anschaut: das unspezifische Immunsystem ist jenes, das sofort reagiert und über kein Gedächtnis verfügt. Das Spezifische dagegen reagiert verzögert und kann sich über ein Gedächtnis freuen, weshalb dadurch eine Immunität gegen Re-Infektionen gegeben ist. Beide verfügen über ihre eigenen löslichen Faktoren und Immunzellen und arbeiten eng zusammen. Kommt das angeborene Immunsystem nicht mehr weiter, hilft das adaptive mit.
Eine große Rolle spielt außerdem das lympathische System, das in das zentrale lympathische Gewebe wie das Knochenmark und den Thymus sowie in das periphere lympathische Gewebe wie die Lymphknoten, die Milz, die Mandeln (Tonsillen) und das Gewebe der Schleimhäute unterteilt ist. Warum das wichtig ist? Weil es durch Bewegung zu folgender Reaktion kommt: die Lymphe wird passiv transportiert, wenn wir unsere Muskulatur in Bewegung setzen. Wer sich bewegt, hilft also mit, den Transport von Antigenen und Leukozyten und damit eine Immunantwort zu unterstützen. Ein Minimum an Bewegung im Sinne des Immunsystems wären somit ca. 30 Minuten Spazierengehen am Tag. Deshalb ist es beispielsweise auch so wichtig, ältere, inaktive Menschen zu Spaziergängen zu animieren, da sich das positiv auf ihr Immunsystem auswirkt.
Wird die Bewegungsdosis weiter gesteigert, kann man damit eine positive Wirkung auf das Immunsystem feststellen, da es so stimuliert wird, es kommt in Folge zu weniger Infektionen, beispielsweise der Atemwege. Hier sind v.a. Umfang und Intensität entscheidend. Durch körperliche Bewegung kommen nämlich auch Hormone wie zB Adrenalin, Cortisol und Noradrenalin ins Spiel, die ihrerseits wiederum Einfluss auf das Immunsystem haben, da einige Zellen auf bestimmte Hormone sehr stark reagieren.
Geht es allein um das Immunsystem, so ist eine Bewegungsdauer von bis zu einer Stunde in mäßiger Intensität die beste Unterstützung. Ein größerer Umfang, ungewohnt exzentrische Belastungen, Nüchterntraining bzw. Training im Fastenzustand sowie hochintensive, laktazide Belastungen stellen hingegen physiologischen Stress dar. Das kann als Konsequenz zu einer verminderten Abwehrlage führen. Aber auch mangelnde Regeneration, zu häufiges anaerobes Training, das Übergehen von Infektionen, ungesunde Ernährung, persönlicher Stress, Höhentraining und Schlafmangel belasten das Immunsystem.
Folglich sind – rein aus Sicht des Immunsystems – Ausdauereinheiten, die lang (bis zu einer Stunde) und langsam sind, besonders willkommen, da sie das Immunsystem stärken, weshalb die gängige Empfehlung lautet, an den meisten Tagen der Woche zumindest 30-45 Minuten lockeren Ausdauersport zu treiben. Wie wir aber wissen, spielen auch Krafttraining, Koordination, Flexibilität und Schnelligkeit für unsere Gesundheit und Fitness eine große Rolle. Diese gehören daher ebenfalls dazu.
Aber was ist nun mit längeren Einheiten oder hochintensivem Training? Sollte man wirklich darauf verzichten? Meiner Meinung nach nein. Denn gerade hochintensives Training bietet sehr viele Vorteile, nicht nur den, das es durch den geringen Zeiteinsatz sehr effizient ist, sondern auch cardiovaskulär. Mittlerweile wird sogar mit ehemaligen Herzinfarktpatienten in der Reha hochintensiv gearbeitet, da man damit gute Effekte erzielen kann. Aber man muss sinnvoll damit umgehen und wissen, dass es diesen Effekt auf das Immunsystem hat. Also bitte nicht übertreiben und individuell anpassen.
Worauf man allgemein achten sollte, um die Infektanfälligkeit zu reduzieren, sind folgende Grundregeln:
- oft Hände waschen
- gesunde Ernährung
- regelmäßiger Blutcheck, um Mängel (bei Verdacht zB Eisen, Selen, Zink, Kupfer – am besten intrazellulär untersucht) direkt feststellen zu können
- warm genug anziehen und mit dem Zwiebelschalenprinzip arbeiten, nasse Kleidung so schnell es geht nach dem Training ausziehen
- besonders nach dem Training im Freien auf warme Kopfbedeckung und einen Schal für einen gut geschützten Hals und Nacken achten (der Unterkühlung keine Chance geben ;-))
- Infektionen IMMER auskurieren und Ruhe geben
- nach dem Training Kohlenhydrate und Proteine zuführen, um schneller zu regenerieren (wer abnehmen will, führt hingegen meist eher nur Proteine zu, was zwar effektiv in Bezug auf die Reduktion des Körpergewichts sein, aber eben auch die Abwehr und Regeneration negativ beeinflussen kann)
- mögliche versteckte Infektionsherde wie die Zähne in Betracht ziehen und sanieren lassen (hier hilft das Röntgen, um außen nicht Ersichtliches darzustellen); auch unbehandelte oder nicht ausreichend eingestellte Allergien sind hier zu beachten genauso wie chronische Mandelentzündungen
- ausreichend Schlafen – das kann bei mehr Sport bedeuten, dass man bis zu einer Stunde mehr pro Nacht braucht
- viel Trinken, um die Schleimhäute zu befeuchten, die eine wichtige Barriere gegen Pathogene darstellen
- KEIN Übertraining provozieren
- das Training an die jeweilige Tagesform anpassen – wer bereits leicht kränkelt, sollte lange Einheiten genauso meiden wie hochintensive
- Individuell trainieren und auf den eigenen Körper hören
- Bei sehr langen oder sehr intensiven Einheiten direkt im Anschluss regenerative Maßnahmen einleiten
- Trainingseinheiten mit Bedacht auswählen
- in der Erkältungszeit so gut es geht Menschenansammlungen, v.a. in geschlossenen Räumen meiden
- Auf eine höhere Luftfeuchtigkeit in beheizten Räumen achten
- Auf Entspannungsmaßnahmen und Stressabbau setzen, um psychische Überlastungen zu vermeiden
Besonders wichtig ist mir der Punkt, Infektionen immer auszukurieren. Wer das nicht tut und sie übergeht, gefährdet seine Gesundheit. Wiederkehrende und chronische Infektionen bzw. eine erhöhte Infektanfälligkeit können genauso eine Folge sein wie Verletzungsanfälligkeit oder gar eine Herzmuskelentzündung. Und hier hört sich der Spaß einfach auf, denn das kann tödlich enden.
Daher ein letzter Appell: wer regelmäßig sportlich aktiv ist, tut seinem Körper sehr viel Gutes, solange er oder sie nicht übertreibt. Genauso wichtig ist es darüber hinaus, jährlich einen sportmedizinschen internistischen Check und eine Blutuntersuchung machen zu lassen und auch seinem Zahnarzt mindestens zwei Mal jährlich einen Besuch abzustatten.
Auf ein gesundes Sporttreiben! 😉
Vera
[…] Ebenfalls zu berücksichtigen ist der Effekt auf das Immunsystem, welchen wir erst kürzlich hier beleuchtet […]