Nachdem ich bereits 2012 bei der Premierenveranstaltung des Ironman 70.3 Zell am See (Salzburg) teilgenommen habe und dieses Rennen vor allem durch widrigste Wetterverhältnisse mit Kälte und teilweise starkem Regen geprägt war, wodurch vor allem beim Radfahren an ein richtiges Renntempo am Limit kaum zu denken war, hatte ich mich bereits einen Tag nach dem letztjährigen Rennen für die heurige 2. Auflage angemeldet, um diesen Bewerb in Zell am See auch mal bei besseren Wetterverhältnissen zu absolvieren.
Und es schien alles gerichtet für ein perfektes Triathlonevent.
Bereits Donnerstag Nachmittag reisten wir bei Sommerwetter nach Zell am See an und checkten – wie im Vorjahr – im Mavida ein, da dieses nur unweit des Start- und Wechselzonenbereichs liegt, das Stadtzentrum zu Fuß von dort gut erreichbar ist und es über einen schönen und ruhigen Wellnessbereich zum Relaxen und eine gute Küche verfügt, ist es für uns ideal für diesen Wettkampf.
Und auch der Service, der im letzten Jahr teils noch zu bemängeln war, passte dieses Mal perfekt (dafür funktionierte das Internet leider nicht immer – deshalb auch dieser etwas verspätete Bericht – und auch der Öffnungsmechanismus der Zimmertüren funktionierte (nicht nur bei unserem Zimmer) nur teilweise und gab leider wiederholt Anlass zur Reklamation).
Im Hotel angekommen und ausgepackt traf auch schon unser Freund Dani aus der Schweiz ein, mit dem ich im Mai schon gemeinsam den Ironman 70.3 in Berlin absolviert habe und wir fuhren gleich noch eine entspannte Radrunde zum Auslockern der Beine und Einfahren unserer Fahrräder nach der Anreise auf der bereits gut ausgeschilderten Rennstrecke.
Am nächsten Tag nutzen Dani und ich dann auch noch die morgendliche Möglichkeit des Einschwimmens im Zeller See, wo ebenfalls bereits die Bojen gesetzt und damit auch ein gutes Orientieren für den bevorstehenden ersten Teil des Wettkampfs möglich war. Das Wasser hatte knapp 20°, die Morgensonne spiegelte sich im Wasser und der See erfreute uns mit einer Wasserqualität und Reinheit, die uns schwärmen ließ.
Gegen Nachmittag reiste dann auch Bee an, die ihren ersten Ironman 70.3 in Zell am See absolvieren wollte und gemeinsam machten wir uns auf den Weg zur Registrierung in der Stadt.
No way back 😉
Die Registrierung verlief, wie die gesamte Organisation des Events, reibungslos, wartefrei und perfekt ab – überall gut informierte und hilfsbereite Helfer und Veranstaltungsbetreuer und auch die Expo direkt beim Zielbereich hatte – im Vergleich zu Berlin – einiges zu bieten.
Samstag Früh kam dann auch noch Wolfi aus unserem Racing Team in Zell am See an, der ebenfalls bereits 2012 den Wettkampf hier mitgemacht hatte, ebenfalls in der Hoffnung auf besseres Wetter beim diesjährigen Rennen.
Nachdem wir am Samstag – bei schönem Sommerwetter – die Wettkampfbesprechung besucht und das Einchecken unserer Räder und Beutel in die Wechselzone erledigt hatten, machten Dani und ich noch einen kurzen und lockeren Aktivierungslauf, bevor das ausgiebige gemeinsame Carboloading für den anstehenden Wettkampftag folgte.
Überall italienische Paparazzi
Letzter Räder-Check
Zuversichtlich und voller Vorfreude auf den bevorstehenden Wettkampf ging ich zu Bett. Mitten in der Nacht wurde ich allerdings von einem lauten Rauschen geweckt und konnte es kaum glauben, doch ein Blick aus dem Zimmerfenster bestätigte meine Befürchtung: es hatte nicht nur begonnen zu regnen, nein, es schüttete, als ob jemand eine Wasserleitung geöffnet hätte. Wie im Vorjahr hatte das Wetter in der Nacht vor dem Rennen umgeschlagen.
Alles bereit für den Wettkampftag
Der Morgen des Renntages begrüßte uns dann auch mit bester Novemberstimmung: Regen, Nebel und Temperaturen um die 10 Grad – genau wie im Jahr zuvor. Wir alle konnten und wollten es nicht glauben.
Dani und ich zeitig beim Frühstück am Wettkampftag
Wir sind bereit – es kann losgehen
Trotzdem machten wir uns auf den Weg zum Startbereich gegenseitig Hoffnung, dass das Wetter vielleicht doch noch etwas besser werden könnte bevor dann jede/r von uns nochmals sein Rad und die Säcke in der Wechselzone kontrollierte und letzte Vorbereitungen traf (bzw. Regenjacke und Ärmlinge im Radsack verstaute).
Auf dem Weg zum Startbereich
Vera, die uns alle wieder einmal perfekt an der Strecke betreute und jede Menge Fotos machte, motivierte jede/n von uns noch einmal ordentlich und begab sich dann ebenfalls in Startposition für die Jagd nach den besten Bildern von uns.
Wolfi und ich kurz vor dem Start
Gemeinsamer Zeitabgleich der „Suunto-Gang“
Dani und ich starteten gemeinsam mit den Profis in der ersten Startwelle (während Wolfi 10 Minuten nach uns und Bee mit den Frauen in der vierten und letzten Startwelle knapp 25 Minuten nach uns das Schwimmen begann) und wir positionierten uns – nach einem kurzen gemeinsamen Einschwimmen – gleich hinter den Profis in der ersten Startreihe.
Der Startbereich kurz vor dem Start der ersten Startwelle
Etwas überraschend kam mit dem letzten Ton der Nationalhymne auch schon der Startschuss und davon komplett überrumpelt war ich einen Augenblick zu spät beim Wegschwimmen und wurde auf den ersten 150m von den hinter mir positionierten Athleten im wahrsten Sinne des Wortes „überschwommen“.
Ich versuchte irgendwie dem wilden Chaos und Startgerangel zu entkommen und wieder so an die Wasseroberfläche zu gelangen, dass ich wieder ordentlich Luft bekam. In diesem Augenblick bekam ich zum ersten Mal bei einem Triathlonwettkampf etwas Panik und versuchte mich selbst weitestgehend ruhig zu ver- und einen halbwegs klaren Kopf zu behalten. Um wieder gut zu Atem zu kommen und mich zu beruhigen legte ich mich für ein paar Minuten auf den Rücken, bis sich mein Puls wieder beruhigt, mein Zustand normalisiert und meine Atmung wieder normfrequent war, bevor ich das Rennen für mich neu startete und versuchte meinen Schwimmrhythmus zu finden, was mir dann auch gut gelang, doch der Wasserschatten meiner Schwimmwelle war natürlich dahin. Wenigstens funktionierte diesmal mein Orientierungssinn und so konnte ich den Rest der Schwimmstrecke dann noch problemlos und ohne Umwege absolvieren.
Dass es von oben weiterhin fast genauso nass vom Himmel kam, wie es das Wasser des Zeller Sees war, bemerkte ich zu diesem Zeitpunkt nicht.
Das Schwimmerfeld auf dem Weg zur ersten Boje
Dass meine Schwimmzeit nach meinem Erlebnis und Kampf zu Beginn des Wettkampfes schlecht sein würde, war mir bereits während des Schwimmens klar, der Blick auf meine Uhr beim Ausstieg aus dem Wasser schockierte mich dennoch etwas.
Ich hätte nicht gedacht, dass ich mit soviel Verspätung auf meinen Zeitplan aus dem Wasser kommen würde und ich wusste, dass ich nun ordentlich Gas geben musste, um die verlorenen Minuten wieder aufzuholen.
Auf dem Weg vom Schwimmaustieg in die Wechselzone
Im Sprint ging es für mich durch die Wechselzone und aufs Rad, wo mir nach ein paar hundert Metern am Rad auffiel, dass ich in der Eile doch wirklich darauf vergessen hatte meine Regenjacke und die Ärmlinge aus dem Wechselsack mitzunehmen und anzuziehen. Jetzt hieß es für mich durchbeißen, doch das Wetter wurde immer schlechter und der Regen immer heftiger. Aquaplaning machte das Radfahren eher zu einer Konzentrationsangelegenheit und einem Balanceakt und an richtiges Renntempo war eigentlich kaum zu denken. Zusätzlich wurde mir immer kälter, sodass ich bereits Mühe hatte mich vor lauter Zittern auf meinem Rad zu halten und erste Krämpfe in den Beinen aufzogen.
In fast jeder Kurve sah man gestürzte Athleten, die Rettungs- und Einsatzkräfte hatten Hochbetrieb und viele Athleten gaben den Wettkampf bereits beim Radfahren auf.
Auf der Radstrecke
Auch ich war knapp dran nach der ersten Runde den Wettkampf zu beenden, da mir so kalt war, dass ich fast nur noch mit Zittern anstatt mit Radfahren beschäftigt war. Zum Glück sah ich allerdings Vera am Straßenrand stehen, hielt an und ließ mir eine Regenjacke geben, die sie mit dabei hatte und die ich mit klammen und steifen Fingern über meinen komplett durchnässten und kalten Rennanzug anzog.
Damit setzte ich dann mein Rennen fort und nach weiteren knapp 20 Kilometern hatte ich meinen Temperaturhaushalt wieder halbwegs im Griff. Dass die Aerodynamik nicht mehr stimmte und die vom Wind aufgeblähte Jacke und Kapuze mit meinem Aerohelm sicherlich ein lustiges Bild ergaben, war mir zu diesem Zeitpunkt egal.
Die zwei hatten auch beim schlechten Wetter Spaß zusammen
Zu Beginn der zweiten Runde ließ der Regen etwas nach und nachdem ich wieder halbwegs aufgewärmt war und die neuralgischen Punkte der Strecke aus der ersten Runde kannte, machte ich mich daran, die wiederum zusätzlich vergangenen Minuten zumindest etwas gutzumachen. Ich konnte dann auch relativ gut Tempo machen und fühlte mich sehr gut (auch weil diesmal meine Ernährung während des gesamten Wettkampfes perfekt passte) bis ich ca. 20km vor dem Ziel einen etwas langsameren Athleten überholen wollte. Als ich bereits fast an ihm vorbei war, spürte ich plötzlich einen heftigen Schlag und Knall gegen mein Hinterrad und ich hatte Mühe mein Fahrrad abzufangen und nicht zu stürzen. Der überholte Radfahrer war mir in mein Hinterrad gefahren und fuhr ohne ein Wort der Entschuldigung an mir vorbei und weg. Ich merkte sofort das etwas mit meinem Rad nicht mehr stimmte, da die hintere Felge komplett am Rahmen schleifte und ich versuchte zu eruieren, wo das Problem liegen könnte. Da ich für mich allerdings nicht ersichtlich war, wie ich das Problem schnell lösen konnte, entschied ich mich dazu, das Rennen mit dem schleifenden Hinterrad fertigzufahren, um nicht noch mehr Zeit durch neuerliches Stehenbleiben und eventuell frustrane Reparaturversuche in der Kälte zu verlieren.
Ich hoffte einfach, dass mein Rad bis in die Wechselzone halten würde (was es zum Glück auch tat), allerdings musste ich deutlich kräftiger in die Pedal treten, um annähernd eine halbwegs ordentliche Rennpace aufrechterhalten zu können.
Schließlich wieder in der Wechselzone angekommen, zeigte mir ein Blick auf meine Uhr, dass ich bereits soviel Rückstand auf meinen eigenen Zeitplan hatte, dass ich nicht einmal annähernd an meine gewünschte Zielzeit herankommen würde. Jetzt blieb mir nur mehr einen halbwegs guten Halbmarathon zur Entschädigung zu laufen und ich begann die ersten Meter sehr ambitioniert.
Nach knapp 3 Kilometern zeigte sich eine Pace von deutlich unter 4 Minuten pro Kilometer an und ich wusste, dass ich für mich deutlich zu schnell für einen Halbmarathon unterwegs war. Ich nahm das Tempo etwas raus und versuchte mich auf einer halbwegs konstanten Laufgeschwindigkeit einzupendeln. Auf der Laufstrecke sah ich auf den Gegengeraden auch Dani und Wolfi immer wieder und konnte somit auch sehen, wie groß mein Rückstand auf die beiden war.
Der Regen ließ zum Glück auch etwas nach und die Pfützen auf der Laufstrecke waren dieses Jahr nicht annähernd so ausgeprägt wie das Jahr zuvor – die steilen Bergaufpassagen durch die Zeller Innenstadt, die insgesamt dreimal zu durchlaufen war, schmerzten allerdings auf jeder Runde in der bereits von der Kälte krampfanfälligen Oberschenkelmuskulatur.
Ich versuchte stur meine Laufpace zu halten bis ich Ende der zweiten Runde plötzlich direkt vor mir Dani sah, dem es aufgrund der Kälte und Krämpfen in der Beinmuskulatur nicht gut ging. Ich überlegte mein Tempo zu reduzieren (da ich meine Wunschzielzeit realistisch gesehen sowieso nicht mehr erreichen konnte) und mit ihm gemeinsam die letzten Kilometer zu laufen. Er gab mir aber deutlich zu verstehen, dass er wollte, dass ich mein Rennen ordentlich fertig machte und so nahm ich wieder Tempo für die letzten Kilometer auf.
Auf dem Weg ins Ziel
Und dann war es soweit. Ich bog ab in den Zielkanal und genoss die tolle Stimmung bis zur Finishline.
Dass ich trotz allen Widrigkeiten im Rennen doch noch eine deutliche neue persönliche Bestzeit aufstellen konnte, freute mich natürlich (auch wenn ich meine angestrebte Wunschzielzeit nicht erreichen konnte) und versöhnte mich etwas mit den fast unglaublich unverändert selben schlechten Wetterumständen wie im Vorjahr – und ebenfalls wie im Jahr zuvor hörte es pünktlich zu Rennende zu regnen auf.
Im Ziel
Auch Wolfi kam mit neuer persönlicher Bestzeit ins Ziel, Dani biss noch die Zähne zusammen und beendete den Wettkampf ebenfalls und auch Bee finishte ihren ersten Ironman 70.3 erfolgreich und glücklich.
Fein warm so eine Rettungsdecke
Nach kurzer Erholung im Zielbereich ging es gemeinsam zum Auschecken und ab ins Hotel, wo – nach einem erwärmenden Saunagang – die Leistungen gemeinsam bei einem ausgiebigen Abendessen gefeiert wurden. Zum Erzählen hatten wir alle viel, denn jede/r von uns hatte eine Vielzahl von Erlebnissen im Rennen.
Beim Frühstück am nächsten Tag lachte natürlich wieder die Sonne vom Himmel und Dani und ich beschlossen, dass wir Zell am See nächstes Jahr noch eine dritte und letzte Chance auf besseres Wettkampfwetter geben wollen und meldeten uns neuerlich für dieses an sich schöne und gut organisierte Rennen an (und drücken uns und den Veranstaltern die Daumen, dass wir bei der dritten Auflage des Rennens 2014 endlich mit schönem und idealen Rennwetter für die beiden bisherigen kalten und verregneten Renntage entschädigt werden) – und auch Wolfi wird wieder mit dabei sein.
Wir werden sehen, ob wir 2014 ein neuerliches Déjà-vu erleben.
Euer Doc Tom