Seit über 2,5 Jahren ist Achilles nun schon bei uns und auch wenn das noch kein ewig langer Zeitraum ist, so hat sich in diesen Jahren doch einiges getan. Leben mit Hund heißt nicht nur, ein süßes Felltierchen um sich zu haben, sondern bedeutet auch eine Menge Verantwortung. Nachdem bereits über 10 Jahre Katzen mit uns leben, sind wir ja schon viel gewohnt, mit einem Hund allerdings steigt man in eine neue Liga in Sachen Rundum-Arbeit auf . Ich kenne seit jeher den Ausspruch von Hundebesitzern, die meinen man sei „durch den Hund sehr angehängt“, was das bedeutet, weiß man aber wohl erst, wenn man selbst einen hat 🙂 .
So extrem süß ein kleiner Welpe ist, so würde ich gerade deshalb vorschlagen, dass wir einmal Tacheles reden, denn wie bei Kindern werden meist ja eher die schönen Seiten betont (a la „sie geben dir so viel zurück“). Ich sage ganz ehrlich: Das erste Jahr ist kein Zuckerschlecken. Und ich sage das rassenübergreifend, denn dabei ist es in den allermeisten Fällen ganz egal, um welchen Hund es sich handelt, junge Welpen sind wie Babys, sie brauchen viel Zuwendung und Aufmerksamkeit – nur, dass der eigene Körper keine Hormone produziert, die schwierige Situationen oft leichter ertragen lassen *g*. Nein, im Ernst: Das erste Jahr erfordert viel Geduld und Nerven.
In meinem Fall war es praktisch, dass ich bereits damals schon ein paar Jahre selbständig war und mir meinen Tagesablauf einteilen konnte, denn auch wenn wir zu zweit sind, hängt die Hundebetreuung doch zu großen Teilen an mir. Weniger vorteilhaft war, dass ich „nebenbei“ gerade im Finale meines berufsbegleitenden Master Studiums war. Das war über ein halbes Jahr mit eigenem Unternehmen, Studium und Welpe schon eine hübsche Dreifach-Verantwortung. Durch den Hund weiß ich: Drei Katzen sind in Punkto sauberer Haushalt NICHTS im Vergleich zu einem großen Hund *g*. Wer also nicht gerne putzt, es aber trotzdem immer supersauber haben möchte, der sollte entweder eine 24/7-Putzhilfe parat haben ODER keinen Hund bei sich aufnehmen. Ich für meinen Teil mache mir sicher mehr Stress mit Putzen als man haben müsste, aber ich mag es einfach sauber, deshalb bin ich quasi meine eigene 24h-7 Tage die Woche-Putzfee 🙂 .
Ansonsten ist natürlich das Stubenrein Werden etwas, was Zeit erfordert – man muss sehr oft, wenn auch im Vergleich zu heute nur kurz raus. In den ersten Monaten auch nachts. Achilles war sehr brav und hat es schnell gelernt, aber dennoch dauert es auch so seine Zeit. Außerdem können auch Hunde mal krank werden, sich einen Magen-Darm-Virus einfangen usw.. Man ist an manchen Tagen also oft draußen. Mein Rekord liegt bei 19x Gassigehen an einem Tag.
Vom Knabbern & Zerstören
In der ersten Zeit ist außerdem eines normal: Dass Dinge kaputt werden. Oft scheint es so, als wäre es ganz von selbst passiert. Wie soll denn bitte auch so ein kleines, süßes Plüsch-Dingsi die halbe Ecke aus der Wand gebissen haben? Wenn man zwischen zwei Arbeitsterminen schnell nach Hause hetzt und sich bereits fragt, was wohl heute dran glauben musste, dann lernt man aus erster Hand wie wichtig der Atem in Stresssituationen ist. Ein Welpe wäre sozusagen die Hardcore-Kur für alle, die Probleme mit Loslassen haben, denn Loslassen muss man im ersten Jahr eine ganze Menge. Anfängerfehler, wenn man Schuhe einfach so eim Vorraum herumstehen lässt, aber dass UGGS auch beim Spazierengehen und Spielen von den spitzen Zähnchen zerfetzt werden, sagt einem vorher auch keiner – blöd, wenn man selbst nicht draus lernt und somit mehrere Stiefel und auch Mäntel – ich sage nur Woolrich – dran glauben mussten… Aber auch Bücher & Co bis hin zu Wohnungsgegenständen und wie geschrieben auch Wände, hier v.a. die Ecken, mussten dran glauben. Seither glaube ich jedem sofort, wenn er sagt, der Hund hat seine Hausaufgaben gefressen.
Es war wirklich interessant, was man nicht alles anknabbern konnte, OBWOHL hund eine Menge Spielzeug, x den jungen Gelenken angepasste Spaziergänge und Spielrunden am Tag UND natürlich auch viele Kauartikel und Kauutensilien hatte (sogar eine Bernsteinkette für die Zähnchen gab es um den tierischen Hals, um das Zahnen erträglicher zu machen).
Wer dieses Szenario gerade durchmacht oder es bereits hinter sich hat, wird jetzt nur müde lächeln. Und wer viel in Hundezonen unterwegs ist, wird darüber hinaus wahrscheinlich noch mit echten Schauermärchen aufwarten können, v.a. wenn sich zwei Welpenbesitzer austauschen.
Die gute Nachricht
Nach ausreichendem Sich-im-Loslassen-Üben hat man es nach ca. 8,9 Monaten weitestgehend geschafft: Das Anknabbern wird besser, der Ruf-Name ist langsam verinnerlicht, die Spaziergänge können nun länger werden, insgesamt wird der Hund einfach verlässlicher. Die „Ist der süüüüüß“-Aussagen von Passanten wurden in dieser Zeit zu „So ein Schöner, so einen Hund habe ich ja noch nie gesehen“-Aussagen.
Ein weiterer Schub kommt nach einem sowie nach zwei Jahren. Nach guten zwei Jahren hat man sich gegenseitig auch schon ziemlich gut kennengelernt und kann vieles besser einschätzen. Natürlich gibt es zwischendurch aber auch immer wieder Flegelphasen. Hatte man das Leute zur Begrüßung Anspringen endlich besser im Griff, fängt es wieder von Vorne an. Hatte man den Eindruck, einen Hund zu haben, der sich mit allen anderen problemlos verträgt, zofft er sich nun plötzlich schon mal, wenn ihm einer blöd kommt. Sagen wir es also am besten so: Man hat in jedem Alter definitiv immer genug zu tun.
Interessant ist die Tatsache, dass Achilles bis heute auf jedes Eichhörnchen und jede freilaufende Katze reagiert, während er zuhause friedlich mit „seinen“ Katzen zusammenlebt. Im Freien ist es daher besser, wenn man jegliches Tierchen selbst schon vor ihm erblickt, um einen guten Stand zu haben, wenn sich dann augenblicklich über 30kg in die Leine hängen. Würde ich nur seine Outdoor-Reaktion kennen, würde ich es nicht für möglich halten, dass er katzenkompatibel ist. An und für sich kennt er Katzen aber von klein auf, da er von einem Bauernhof aus dem Südburgenland stammt, wo es nicht nur Katzen, sondern auch Hühner, Enten & Co gibt. Also wer weiß, vielleicht will Herr Hütehund sie auch nur einfangen und mit nach Hause zu seinem Rudel nehmen 😉
Alltag mit Hund
Ich liebe unseren Wildfang und möchte ihn nicht mehr missen, auch wenn man mit einem Hund viel Verantwortung und auch Verpflichtungen hat. Persönlich wollte ich als „Ersthund“ eigentlich eher etwas Kleineres, Doc Tom dagegen hatte früher bereits einen Husky und wollte etwas Größeres. Auf jeden Fall wollten wir eine aktiven Hund, der uns auch beim Laufen, Wandern & Co begleiten kann.
Achilles ist ein absoluter Allrounder. Er läuft gern, spielt gern, schnüffelt extrem gern und gut (Fährtenlegen findet er daher super) und ist Menschen und auch Kindern gegenüber sehr freundlich. Er kann aber auch ein kleines, stures Eselchen sein. Definitiv hat er einen eigenen Willen (was ich als Katzenliebhaberin naturgemäß gut finde 😉 ). Der Border Collies und Aussies nachgesagte Will to Please ist insofern also nicht das Vorherrschende *g*. Gleichzeitig ist er aber auch ein sehr guter Wachhund.
Er kann für mehrere Stunden alleine (= bei seinen drei Katzen) bleiben, wir achten aber natürlich darauf, dass er nicht zu viel alleine ist. Wann immer möglich, arbeite ich daher von meinem Home Office aus, was für uns beide von Vorteil ist. Unsere Praxis ist zudem in Wohnortnähe, von daher lässt sich auch die Arbeit dort gut mit Zwischendurch nach Hause vorbeischauen und Hund ausführen verbinden. Habe ich Termine bei Unternehmen, die länger dauern, organisieren wir es unter uns so, dass Tom dann Zeit für den Hund hat. Wenn gar nicht anders möglich, haben wir für den Notfall auch eine Hundesitterin, was aber bisher extrem selten notwendig war (sie ist gleichzeitig auch unsere Katzensitterin und sehr erfahren im Umgang mit Tieren). Manchmal springt auch Toms Familie stundenweise ein.
Sind wir auf Urlaub oder auf längeren Weiterbildungen, wird Achilles von meiner Familie gesittet. Er liebt meine Eltern und meinen Bruder, deshalb findet er das absolut toll. Leider wohnen sie aber nicht gerade bei uns ums Eck.
Folglich ist die Hundebetreuung im Alltag etwas, das wir zu zweit unter einen Hut bringen. Unsere Tage sind so geplant, dass es auch für den Hund passt. Wir haben uns damals aus mehreren Gründen für ihn entschieden: Einerseits, weil wir beide Hunde lieben, andererseits, weil wir durch ihn Auszeiten in unserem Leben haben, die wir uns sonst so nicht immer nehmen würden.
Den „100% richtigen Zeitpunkt“ gibt es meiner Meinung nach dafür nicht, es gibt maximal absolut unpassende Zeitpunkte. Damals wussten wir, dass wir es hinbekommen werden, auch wenn es in der ersten Zeit nicht einfach sein würde. Worauf warten? Auf die Pension (welche wir so wie sie heute ist wohl eh nie haben werden)? Auf eine Zeit, in der man „mehr Zeit hat“? Ich finde, wenn man etwas wirklich will und einem etwas wichtig ist, muss man sich die Zeit nehmen, Prioritäten setzen. Wenn es im Hier & Jetzt möglich ist, dann am besten im Hier & Jetzt. Natürlich bedeutet ein Ja zu etwas oft auch gleichzeitig ein Nein zu anderen Dingen. Mit Hund ist man nicht mehr ungebunden und absolut flexibel, das muss einem klar sein.
Ein eigener Hund – ja oder nein?
Steht man also vor der Entscheidung, ob man einen eigenen Hund bei sich aufnehmen möchte, sollte man sich ehrlich fragen, ob man ihm gerecht werden kann. Ob man bereit ist, für Hundeschule/Training, mehrmaliges Gassigehen am Tag, Pfotenabdrücke und Haare in den eigenen vier Wänden. Ob man jemanden hat, der im Urlaub oder Notfall einspringen kann. Ob man sein Geld für Tierarztbesuche, Spielsachen, Zubehör, Futter und im Notfall auch Betreuung oder lieber doch für den eigenen Urlaub & anderes ausgeben will. Ob die gesamte Familie die Entscheidung mitträgt. Und ob der Wunschhund als solches auch körperlich zu einem passt – vom Bewegungslevel bis hin zu Gewicht und Größe, denn ab 25kg aufwärts ist das in manchen Situationen gar nicht mehr so einfach.
Für manchen kann es außerdem besser sein, ein bereits erwachsenes Tier aufzunehmen. Denn wie geschrieben ist der Alltag mit Welpe mit immer einfach und passt mit Sicherheit nicht zu jedem Job und Nervenkostüm.
Diese Punkte sollten vor einer Anschaffung unbedingt durchgespielt werden. Ich habe sowohl vor dem Einzug unserer Katzen als auch vor dem des Hundes jahrelang überlegt, Katzen- und Hundebücher gelesen, mit anderen Haustierbesitzern gesprochen und die Entscheidung wohlüberlegt getroffen. Und dennoch muss ich sagen, dass ich mir das erste Jahr trotzdem einfacher vorgestellt hätte (deshalb habe ich es in diesem Beitrag auch sehr anschaulich beschrieben, denn irgendwie sagt einem das selten jemand so direkt, mal abgesehen von den neu gewonnenen Bekannten auf Hundewiesen und in Hundezonen).
Wenn man sich dann aber nach reiflicher Überlegung für einen Hund entscheidet und ihm das gibt, was er für ein glückliches Hundeleben braucht, findet man in ihm nicht nur einen tollen tierischen Begleiter, sondern eine wirklich treue Seele, einen Freund, einen persönlichen Clown und auch Gesundheitstrainer, der dafür sorgt, dass man täglich mehrmals bei jedem Wetter in der frischen Luft und der Natur ist, lacht und sich bewegt. Auch, wenn manche Tage anstrengend sind, er gibt dir so viel zurück 😉 . Er lehrt einen Gelassenheit, aber gleichzeitig auch Disziplin und Konsequenz. Ein Hund bringt sehr viel Achtsamkeit in das eigene Leben, sofern man diese zulässt.
Wir würden Achilles nicht mehr hergeben. Er fehlt, wenn er nicht da ist. Er ist einfach ein Teil der Familie geworden. Wir lieben ihn genau so wie er ist. Mit all seinen Vorzügen & kleinen Macken 🙂 🙂 🙂