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Das heutige Interview dreht sich um das Thema HNO, also das Fachgebiet Hals, Nasen und Ohren und ich freue mich, dafür den Wiener HNO Facharzt Dr. Angel Lopez befragen zu dürfen.
Angel ist nicht nur erfahrener Mediziner (ich war als Patientin auch bereits bei ihm und kann ihn nur empfehlen!), sondern auch Marathon Läufer aus Leidenschaft. Aber mehr dazu im Interview, viel Spaß beim Lesen 🙂
Vera: Lieber Angel, danke, dass du dich zu diesem Interview bereit erklärt hast.
Möchtest du dich kurz vorstellen und uns auch verraten woher dein Name kommt?
Angel: Liebe Vera, sehr gerne! Mein Name stammt aus dem Spanischen, mein Vater ist nämlich Mexikaner. Aufgewachsen bin ich in Wien, wo ich auch studiert habe. Die Ausbildung zum Allgemeinmediziner habe ich in der Steiermark absolviert, meine HNO-Ausbildung dann im Kaiser-Franz-Josef-Spital in Wien. Die letzten Jahre meiner Spitalszeit war ich dann als Oberarzt an der HNO im SMZ-Ost, bevor ich mich 2015 in die Ordination zurückgezogen habe.
Ich würde mit dir heute gerne über dein Fachgebiet als HNO Facharzt sprechen. Was macht das Fachgebiet der HNO aus?
Es ist ein unglaublich vielseitiges Fachgebiet, obwohl wir HNOler zu den sogenannten „kleinen“ Fächern zählen. Faszinierend ist für mich auch der Umstand, dass wir alle Altersgruppen betreuen – vom Neugeborenen bis zum hochbetagten Menschen. Das hast du nur in ganz, ganz wenigen Fächern.
Ich arbeite besonders gerne mit Kindern, ihnen die Angst vor einer Untersuchung nehmen zu können ist schon etwas Besonderes!
Vom Fachlichen her sind meine Schwerpunkte, neben der Kinder-HNO, besonders die Nase und die Nasennebenhöhlen, Allergien, Beschwerden mit dem Druckausgleich und, das Angstthema vieler Kollegen, Tinnitus. Die Betreuung von Tauchern ist in meiner Privatordination ein ganz wichtiger Teil meiner Tätigkeit, der mir auch viel Spaß macht, weil ich da eines meiner Hobbys und meinen Beruf kombinieren kann. Mein anderes großes, sportliches Hobby, der Marathonlauf, kommt mir immer wieder bei der Betreuung sportlicher Patienten zugute. Bei Beschwerden mit der Nasenatmung oder Allergien oder vor allem, wenn es darum geht, ab wann man nach einem Infekt wieder Trainieren kann und vor allem mit welcher Intensität, berate ich aus der Sicht eines ambitionierten Hobbyläufers – und ich habe das Gefühl, dass dieser Aspekt bei meinen sportlichen Patienten wichtig ist – das Verständnis für das Problem als Sportler.
Wusstest du schon während deines Medizinstudiums, dass du dieses Fachgebiet wählen möchtest oder haben dich damals auch andere Fächer interessiert und wenn ja, wieso ist es schlussendlich genau diese Fachrichtung geworden?
Ursprünglich wollte ich Neurochirurg werden, ein Fach, das mich bis heute fasziniert. Die HNO hat mich gegen Ende des Studiums begonnen in Ihren Bann zu ziehen, in der Ausbildung zum Allgemeinmediziner ist dann die Entscheidung zugunsten der HNO gefallen. Ausschlaggebend waren das breite chirurgische Spektrum – von mikrochirurgischen Eingriffen über endoskopische OPs bis hin zu wirklich „großer“ Chirurgie bei den Hals- und Tumor-OPs ist da alles dabei. Wie eingangs erwähnt war auch der Umstand Patienten aller Altersgruppen zu betreuen ein Pluspunkt bei der HNO. Und, ganz pragmatisch, die Hintertüre aus dem Spital in die Ordination flüchten zu können ein beruhigender Gedanke.
Du hast dich ja u.a. auf Tauchmedizin spezialisiert. Woher kommt dein Interesse für das Tauchen und wie oft bist du selbst unter Wasser?
Zum Tauchen bin ich eigentlich ein wenig wie die Jungfrau zum Kind gekommen. Ich habe davon nie viel gehalten, fand es zu teuer und risikoreich und, bitte nicht lachen, unnötig. Der erste Urlaub mit meiner heutigen Frau ging auf die Malediven, ihr Traumreiseziel. Und Tauchen wollte sie immer schon probieren. Ich bin natürlich mit zum „Schnuppertauchen“ – und hab mich sofort in die Unterwasserwelt verliebt.
Nachdem 70-80% aller gesundheitlichen Probleme beim Tauchen im HNO-Bereich beheimatet sind, war sehr rasch auch das berufliche Interesse am Tauchen da. Daher habe ich sehr bald die Ausbildung zum „medical examiner of divers“ gemacht und mich in die Materie vertieft. Unter Wasser bin ich im Moment leider sehr selten, die Tauchurlaube würden mit meinem sehr intensiven Laufprogramm kollidieren, nächstes Jahr ist aber wieder ein Tauchurlaub in Planung.
Wo tauchst du persönlich am liebsten?
Auf den Malediven.
Apropos Wasser und weil gerade Sommer ist und sicherlich einige damit zu tun haben: Hast du einen Tipp wie man Gehörgangs- und Mittelohrentzündungen vorbeugen kann und was ist der Unterschied zwischen diesen beiden Erkrankungen?
Gehörgangsentzündungen sind eine typische „Sommer- und Schwimmererkrankung“. Die Gehörgangsentzündung (auch swimmer´s oder surfer´s ear genannt) kann sowohl Kinder als auch Erwachsene treffen und wird meist durch kleine Verletzungen der Gehörgangshaut ausgelöst. Über Wasser, das in den Gehörgang eindringt und dort verbleibt, finden Bakterien und Pilze optimale Bedingungen vor und lösen die Entzündung aus. Vorbeugend kann ich nur empfehlen: Finger weg von Wattestäbchen und allen anderen Gerätschaften, die zum „Reinigen“ des Gehörganges empfohlen werden!! Wenn man zu einer stärkeren Ohrschmalzbildung neigt, dann sollte man vor der Badesaison oder dem Bade-/Tauchurlaub den Gehörgang vom HNO-Arzt reinigen lassen. Sogenannte „Tauchertropfen“ nach dem Wasserkontakt bzw. das Trocknen des Gehörganges helfen ebenfalls, Gehörgangsentzündungen vorzubeugen. Die wichtigste vorbeugende Maßnahme ist aber keine Wattestäbchen zu verwenden!
Die Mittelohrentzündung wiederum ist die häufigste Infektionserkrankung des Kindesalters im HNO-Bereich. Erwachsene sind davon wesentlich seltener betroffen, was mit der Anatomie des Nasenrachens und der Verbindung zwischen Nase und Mittelohr, der Ohrtrompete, zu tun hat. Vorboten einer Mittelohrentzündung können Schnupfen und Beschwerden mit dem Druckausgleich sein. Hier ist der frühzeitige Einsatz abschwellender Nasensprays sinnvoll, besonders, wenn man bereits Druck auf dem betreffenden Ohr spürt.
Aus tauchärztlicher Sicht ist aber von der Anwendung dieser Sprays, um einen Tauchgang trotz erschwerten Druckausgleichs machen zu können, ganz dringend abzuraten! Die Gefahr einer Mittelohrverletzung ( Barotrauma) und ev. des Innenohres ist dadurch wesentlich erhöht!
Interessant finde ich auch, dass du in deiner Praxis auch mit Akupunktur arbeitest. Bei welchen Beschwerdebildern und Krankheiten kann man diese im HNO Bereich einsetzen?
Akupunktur verwende ich sehr gerne bei Nebenhöhlenentzündungen, besonders bei Schwangeren, wo man mit der Auswahl von Medikamenten doch eingeschränkt ist. Schwindel, der vom Nacken ausgeht, läßt sich damit auch sehr gut behandeln.
Ich habe auch einige Patienten, die ich vor Beginn der Allergiesaison mit Akupunktur vorbereite und auch während der Saison, bei Bedarf, unterstütze.
Die Behandlung der Gesichtsnervenlähmung (Facialisparese) unterstütze ich auch gerne mit Akupunktur. In China ist dies einer der häufigsten Gründe für Akupunkturbehandlungen.
Tinnitus ist allgemein kein gutes Einsatzgebiet für Akupunktur, auch wenn dies immer wieder propagiert wird! Ausnahme ist, wenn der Tinnitus durch Nackenverspannungen verstärkt wird. Hier kann man, ähnlich wie beim Schwindel, mit der Akupunktur helfen.
Da ich persönlich sehr gute Erfahrungen mit Vitamin C in Kapselform gemacht habe (genauer gesagt in Form von hochwertigem Ester C), was beispielsweise Allergien, Endometriose Beschwerden und auch als Vorbeugung von Harnwegsinfekten angeht, halte ich es auch für sehr spannend, dass du mit Vitamin C Infusionen arbeitest. Wann machen diese deiner Erfahrung nach Sinn und für welche Patienten können sie eine Unterstützung sein?
So wie bei dir kommt Vitamin C in meiner Praxis bei Allergien zum Einsatz. Als Gegenspieler zum Histamin, das für die allergische Reaktion verantwortlich ist, kann man hier sehr gute Erfolge erzielen.
Generell sind Vitamin C-Infusionen für Patienten sinnvoll, die entweder einen Mangel an Vitamin C oder einen erhöhten Verbrauch haben. Ein erhöhter Verbrauch besteht zB bei Rauchern, aber auch bei Sportlern!
Neben den Allergikern sind bei mir meist Patienten mit heftigen, langwierigen oder wiederholten Infekten zur Infusionsbehandlung. Letzten Winter hatte ich zB einige Kindergartenpädagoginnen und Lehrerinnen, die sich einfach „nicht erfangen“ haben. Mit Unterstützung der Infusionen haben sich die Beschwerden aber rasch gebessert und ich habe meine Patientinnen erst wieder nach dem Winter zu Kontrollen gesehen. Bei (Profi-)Sportlern ist natürlich zu bedenken, daß man mit Infusionen unmittelbar mit dem Thema Doping in Berührung kommt! Vom akuten Infekt abgesehen, ist hier sicher die Gabe von Vitamin C in Kapselform vorzuziehen.
Die Verabreichung der Infusion selbst dauert ca. 20 Minuten und ist in der Regel völlig unkompliziert, da ich mit Reinsubstanzen arbeite, dh es sind keine anderen Substanzen als nur Vitamin C in der Infusion. Es kann mitunter zu einem verstärkten Durstgefühl und selten zunächst auch zu Müdigkeit kommen, ansonsten habe ich noch keine Probleme beobachten können.
Du bist auch begeisterter Marathon Läufer und ganz flott unterwegs. Wie bist du zum Marathon Laufen gekommen und wie vereinbarst du Beruf und Training?
Den Traum einen Marathon zu laufen hatte ich seit meiner Jugend, aber nicht die Konsequenz auch zu trainieren. Zudem habe ich jahrelang kaum Sport gemacht, obwohl mein Vater ein fleißiger und begeisterter Läufer ist. Über meinen „2. Vater“, meinen Schwiegervater, bin ich dann zum Laufen gekommen. Schuld an dem ganzen war die familiäre Verpflichtung am Simmeringer Haide Dreikönigslauf, einem kleinen Benefizlauf, teilzunehmen. Die Faszination gegen die Uhr zu laufen hat meinen Ehrgeiz geweckt, die Initialzündung für das Projekt „Marathon“ war aber, daß wir 2010 zufälligerweise am Marathonwochenende in Paris waren. Und als mir auf den Champs Elysees die Finisher mit Ihren umgehängten Medaillien entgegen kamen, wußte ich, daß ich dieses Gefühl unbedingt erleben will! Beim VCM 2013 war es dann erstmals so weit.
Als Spitalsarzt war es, neben vielen Nacht- und Wochenenddiensten, sehr schwer ein strukturiertes Trainingsprogramm durchzuziehen. Neben der Tätigkeit in der Ordination ist es schon wesentlich leichter, es erfordert aber Konsequenz und gute Planung, das Programm unterzubringen. Als Morgenmuffel lege ich die Trainingseinheiten eher auf den Abend, was den großen Vorteil hat, daß ich nach der oft sehr streßigen Ordinationstätigkeit den Kopf wieder freibekomme und verträglich nachhause komme 😉
Und welche Laufbewerbe stehen als nächstes an?
Am 26. August laufe ich in meiner Geburtsstadt Mexico City den Marathon, ein ganz besonderes Ereignis für mich! Und eine Herausforderung – 42,2 Kilometer in 2220m Seehöhe werden für einen Hauptalleeläufer eine neue Erfahrung.
Dann stehen noch die Marathons in Chicago und Florenz am Programm – 2018 ist mein „Jahr des Wahnsinns“.
Lieber Angel, herzlichen Dank für deine Zeit und das Interview 🙂
Mehr über Dr. Angel Lopez findet ihr auf seiner Website.
Alles Liebe,
Vera