Ich hatte eigentlich nicht vor, so bald einen Erfahrungsbericht rund um das Thema Zweithund zu teilen, aber es ist offenbar für viele sehr interessant, deshalb gibt es heute meine Erfahrungen aus den ersten Monaten mit zwei Hunden, aber ich verspreche euch auch, das es nach einer längeren Zeitspanne noch einen zweiten Bericht geben wird 😉 .
Wenn ein zweiter Hund einzieht…
Unser belgischer Schäferhund Neo ist Anfang September bei uns eingezogen und nun seit über 2 Monaten bei uns. Unser Whippet Alistair war zu diesem Zeitpunkt kurz vor seinem zweiten Geburtstag und ist bisher unkastriert, was wir auch gerne so beibehalten würden, sofern keine medizinischen Gründe für eine Kastration sprechen. Auch unser Aussie Rüde war Zeit seines Lebens unkastriert und hatte deshalb nie Probleme.
Bevor wir Neo in die Familie holten, haben wir über ein Jahr lang recherchiert und verschiedene Züchter kontaktiert. Als es dann soweit war, dass der Wurf mit den kleinen Working Tervueren gefallen war, haben wir ihn Wochen lang regelmäßig ca. einmal pro Woche besucht. Wir lernten ihn und seine Geschwisterchen (es war ein 9er Wurf mit vielen Rüden) mit knapp über 4 Wochen kennen und haben ihn zwei Wochen später auf Grund seines sich zum damaligen Zeitpunkt zeigenden Charakters ausgesucht.
Wir haben uns vorab wirklich viele Gedanken gemacht, nicht nur zur Rasse, sondern auch zur Frage, ob wir einem zweiten Hund gerecht werden können. Denn zwei Hunde bedeuten nicht nur viel mehr Arbeit, sondern auch mehr Zeitaufwand plus deutliche Mehrkosten (zwei Mal Hundekranken- sowie Haftpflichtversicherung; mehr Futter, v.a. wenn ein Hund komplett anders isst als der andere, was ja auch vorkommen kann; die Frage der Unterbringung im Falle von Urlaub etc.).
All das sollte man sich wirklich gut überlegen und zwar am besten über mehrere Monate hinweg, spontane Entscheidungen sind hier nicht die besten.
Die Zusammenführung
Wochen bevor Neo einzog, versuchten wir abzuchecken wie Alistair ihn findet. Unser Ally besuchte die Welpen daher vorab einmal am Zaun sowie später einmal Neo allein, wo sie sich dann im eingezäunten Bereich freilaufend kennenlernen konnten.
Sie hatten von Anhieb zum Glück kein Problem miteinander, was ein sehr gutes Zeichen war, denn Ally ist kein besonderer Welpenfreund, er mag erwachsene Hunde lieber.
Kurze Zeit später konnten wir unser 10 Wochen altes Baby abholen. Zuhause holten wir den Whippet nach unten, um die beiden kurz im Freien aufeinandertreffen zu lassen und dem Kleinen auch noch mal die Möglichkeit zu geben, sich nach der Fahrt zu lösen.
Danach ging es weiter in die Wohnung (da sich unser Hausbau in die Länge zieht, sind wir derzeit noch in unserer Wohnung im ersten Stock), wo der Kleine die restliche Familie, nämlich unsere drei Katzen (15, 10 Jahre und 1 Jahr alt) kennenlernte. Shakira, als Älteste im Bunde, zeigte sich deutlich unbeeindruckt und hatte auch kein Problem mit direkter Nähe. Smilla und Titus waren dagegen zurückhaltender, sie interessierten sich zwar für den Kleinen, aber hielten an Tag 1 erstmal noch einen Meter Abstand. In den Tagen darauf, als sie merkten, der geht nimmer weg 😉 und sie ihn auch ein bisschen besser einschätzen konnten, tauten auch sie auf. Kurze Zeit später hatte der ebenfalls noch junge Kater bereits Gefallen daran gefunden mit dem Welpen zu spielen.
Vor dem Moment in dem Neo in die Wohnung gehen würde, hatte ich im Vorfeld etwas Respekt, da Ally seinen Bereich Hunden gegenüber durchaus auch mal verteidigt und auch der damals benachbarten Rottweilerhündin schon mal gezeigt hatte, dass hier die Grenze zu seinem Besitz ist, deshalb hoffte ich, dass es hier zu keinen Problemen kommen würde.
Aber es verlief absolut problemlos, die Hunde trotteten in die Wohnung und es war – ehrlich gesagt eher unerwartet – unspektakulär. Tatsächlich gab es nur zwei, drei Momente in den ersten Wochen, wo Alistair den Kleinen maßregelte, weil er etwas nehmen wollte, was ihm gehörte. Dann heulte Neo kurz auf, beruhigte sich dann aber wieder und suchte sich etwas anderes.
Welpen sind hier Babys wirklich ähnlich, man tröstet in den ersten Wochen auch beim Spazierengehen öfter mal und sei es einfach nur deswegen, weil der Kleine auf ein spitzes Blatt gestiegen ist. Die Hundepfoten sind in dieser Zeit offenbar noch sehr empfindlich und ich habe Neo in dieser Anfangszeit nicht nur einmal wie ein weinendes Baby herumgetragen, damit er sich wieder beruhigt. Aber ich kannte das schon von Ally, der als Baby beim Spielen Whippetwelpentypisch oft wilde Bruchlandungen hingelegt und dann seine Sirene eingeschaltet hatte…
Die ersten Wochen
Wie immer in der Welpenzeit sind es v.a. die ersten Wochen, die wirklich anstrengend sind. Die Kleinen können naturgemäß noch sehr wenig, müssen nach jedem Schlafen, Spielen, Fressen etc. schnell raus, um sich zu lösen (also gefühlt eigentlich alle 15 Minuten), wissen nicht was mit „Nein“ gemeint ist und testen alles aus.
Auch wenn diese Zeit nicht meine Lieblingszeit ist, so ist es dennoch auch etwas Besonderes, gemeinsam durch diese zu gehen und zusammenzuwachsen. Man kann von jedem Hund und Welpen sehr viel lernen, denn jeder hat seine persönlichen Eigenheiten. Nichtsdestotrotz ist diese Zeit fordernd und verbraucht einiges an Nerven. Und wenn man im 1. Stock wohnt, dann gleich noch ein paar mehr 😉 .
Aber da es nun der dritte Hund ist, den ich in einer Wohnung im 1. Stock aufziehe, habe ich mittlerweile Übung im Schnellsein, wenn es heißt rasch (und sehr oft) nach unten zu kommen. Allerdings ist es natürlich aufwendiger und mühsamer als mit Garten. Aber wie gesagt, der Hausbau hat sich verzögert und ich wollte nicht länger warten, sondern im Gegenzug den Vorteil der Stadtsozialisierung mitnehmen, denn auch wenn wir in einem grünen, ruhigen Viertel wohnen, sind hier natürlich aus Hundesicht sehr viele Reize vorhanden, von anderen Stadthunden über viele Radfahrer, Jogger und Rollerfahrer bis hin zu Autos, Straßenbahn, verschiedenste Geräusche, großen Kinderspielplätzen, Kindergärten, Schulen etc..
Ja, im Haus mit Garten unmittelbar am Wald angrenzend wäre es VIEL einfacher gewesen, aber dafür würde er auch bei weitem nicht so gut sozialisiert werden wie jetzt, wo er in seinem ersten Jahr wirklich fast alles sieht und erlebt (auch wenn es in den ersten Wochen oft sehr mühsam war, weil ihn minütlich jemand streicheln wollte, andere Hunde ihn dagegen angehen wollten und die Besitzer nicht aufpassten etc.). Kurzum ich hatte und habe allerhand zu tun 😉 .
Außerdem – und das ist ja das eigentliche Thema heute – war und ist er nicht der einzige Hund in unserer Familie, sondern es sollte auch unser Ersthund Ally weiterhin nicht zu kurz kommen.
Wenn man also zwei Hunde hat und jedem gerecht werden will, dann braucht es auch viel Einzelzeit mit den Hunden. Der Große will weiterhin seine Aufmerksamkeit haben, der Kleine braucht diese aber ebenso, damit er ebenfalls zu einem braven, gut erzogenen Hund wird, nebenbei „mitlaufen“ kann man sich also in die Haare schmieren, man macht wirklich fast alles doppelt.
Einzeln Spazierengehen, einzeln zuhause trainieren, einzeln in die Hundeschule (Ally geht zum Agility, Neo zu zwei anderen Einheiten), einzeln bekuscheln… Natürlich gibt es auch Spaziergänge mit beiden, aber schlussendlich muss Nr. 2 erstmal leinenführig werden und muss ja lernen auch alleine zu bestehen.
Somit kann ich nur raten, nicht zu glauben, dass man nach zB zwei Wochen Urlaub wieder zu seinen normalen Rhythmus und Leben übergehen kann, denn es braucht wesentlich länger, bis sich so ein kleiner Hund eingelebt hat und wenn es sich dabei um einen Zweithund handelt, dann braucht es noch dazu noch mehr Struktur und Plan, damit der Alltag weiterhin gut klappt.
Selbst heute, zwei Monate nach seinem Einzug, ist mein Alltag nach wie vor deutlich anders als vorher und das wird sicher noch einige Monate so weitergehen, bis sich alles soweit eingespielt hat, dass wieder mehr Zeit für anderes bleibt.
Lernt der Zweithund vom Ersthund?
Ich habe den Eindruck, dass sich der Kleine vom Großen durchaus manches abschaut, aber unterm Strich ersetzt es dennoch kein gezieltes Training. Auch wenn es mein dritter und Toms vierter Hund ist, sind wir auch mit diesem in der Hundeschule und haben damit bereits kurz nach seinem Einzug begonnen.
Neo hat einerseits Einzelunterricht, andererseits war es bisher auch öfter im Welpentreff, der einmal pro Woche stattfindet und wo Welpen bis zur 20. Woche miteinander spielen. Mittlerweile sind dort wieder viele Welpen anzutreffen und er spielt wirklich sehr lieb und vorsichtig mit den anderen, ob es eine französische Bulldogge oder ein Jagdhund ist. Allerdings fällt er nun als Junghund aus der Gruppe heraus, dafür steigt in Bald ins 1×1-Gruppentraining ein.
Im Spiel mit Ally geht es dagegen öfter mal wild zu, da Whippets – Nichtrassekenner würden es nicht glauben – gerne auch mal ruppig spielen und bei weitem nicht so zart sind, wie sie erscheinen mögen.
Beschützt der Ersthund den Zweithund?
Tatsächlich ist das der Fall. Von Tag 1 weg ist Ally für seinen kleinen Bruder in die Presche gesprungen und hat sich bei gemeinsamen Spaziergängen jedem Hund in den Weg gestellt, der Neo ungut zu nahe kommen wollte. Und obwohl der Kleine teils recht wild mit ihm spielt, will er, dass er mit IHM spielt und schimpft, wenn Neo mit einem anderen Hund spielen möchte. Ally scheint Neo also (noch) für sich haben zu wollen oder auf ihn aufzupassen. Schauen wir mal, wie lange das so sein wird und ob es sich irgendwann umdreht und Neo dann Ally beschützen will.
Mein Fazit der ersten Wochen und Monate
Es ist eine wirklich neue Erfahrung zwei Hunde zu haben. Zwei Hunde sind tatsächlich doppelte Arbeit und man sollte besonders im ersten Jahr mit einem sehr hohen Zeit- und nervlichen Aufwand rechnen 😉 .
Unser Neo zeigt sich bereits jetzt mit vier Monaten aber als wirklich toller Hund. Ja, er hat seiner Rasse entsprechend einen starken Willen, er ist auch bereits jetzt körperlich stark, er ist keiner der den Schwanz einzieht und ich werde durch ihn noch sehr viel dazulernen, aber genau das habe ich mir auch gewünscht.
Und daran sollte man denken: Was ist das eigene Warum? Wenn man wirklich einen zweiten Hund will und es sich gut überlegt hat, dann steckt man auch schwierige Momente, Phasen und Zeiten besser weg. Man erinnere sich einfach an das Warum.
Ich finde es auf jeden Fall wunderschön mit beiden Hunden durch den Wald zu spazieren, sie spielen zu sehen, zu sehen, wie der Kleine täglich dazulernt, wie sie zusammenwachsen und auch die Unterschiede der Rassen zu erfahren, was ich als hochspannend empfinde.
Und ich liebe die Bindung und Beziehung zu Hunden, weil diese einfach wirklich speziell ist. Ich kann es nicht beschreiben, aber es ist etwas ganz Besonderes, wenn man sich voll und ganz auf einen Hund einlässt und gemeinsam durchs Leben geht.
Aber würde ich hier nur von den schönen Seiten schreiben, wäre das wirklich unklug, denn zu romantisch darf man sich die erste Zeit mit Hund bzw. zwei Hunden besser nicht vorstellen. Es ist schön, aber eben genauso auch fordernd, in der ersten Zeit auch mal Ausnahmezustand und nervenaufreibend (besonders wenn Speiben, Durchfall, der Zahnwechsel oder später die Pubertät und Adoleszenz dazu kommen).
Man muss persönlich zurückstecken können, weil der Tag eben nur 24h hat, gibt viel Geld aus und trotzdem ist der Hund natürlich kein Roboter, der einem immer alles recht macht 😉 . All das gehört dazu und – bei aller Liebe – macht nicht immer alles einen Riesenspaß. Das sollte man wissen. Und das schreibe ich hier deshalb so ausführlich, weil es im Sinne eines jeden Hundes ist.
Wenn das für einen selbst okay ist, man alles gut bedacht hat und es zur eigenen Lebenssituation passt, dann GO FOR IT! Denn wie heißt es so schön: Man wächst mit seinen Aufgaben! 😉
Alles Liebe,
Vera