… im wahrsten Sinne des Wortes đ
Letzten Sonntag war es endlich soweit – das groĂe Rennen, mein Saisonhöhepunkt: die berĂŒhmte Challenge Roth: 3,8km Schwimmen – 180km Radfahren – 42,195m Laufen!
DAS Langdistanzrennen, das man als Ironman-Triathlet zumindest einmal im Leben gemacht haben muss – in diesem Jahr nochmal etwas Besonderes, da das Rennen auch die diesjĂ€hrige offizielle Europameisterschaft auf der Langdistanz der EuropĂ€ischen Triathlon Union war.
Ein Jahr hatte ich mich nur speziell auf dieses Rennen vorbereitet, auf viel verzichtet, konsequent meine Traininsgeinheiten ohne „wenn und aber“ abgespult (auch wenn es manchmal sehr viel Ăberwindung gekostet hat, vor allem in den kalten Wintermonaten frĂŒhmorgens um 4.30 Uhr meine Laufeinheiten vor Arbeitsbeginn durchzuziehen).
Nun war die Zeit gekommen und ich wollte nicht nur meine persönliche Bestzeit auf der Langdistanz knacken, sondern auch eine deutliche Zeitverbesserung im Vergleich zum Ironman in KÀrnten vom Vorjahr erreichen.
Alles lief nach Plan…. glaubte ich zumindest auch noch spĂ€ter am Start đ
Die Challenge Roth, berĂŒhmt nicht nur fĂŒr ihre perfekte Organisation und das weltweit beste Publikum (immerhin standen am Sonntag entlang der Rennstrecke mehr als 500.000 Zuseher), sondern auch dafĂŒr, dass es angeblich die schnellste Radstrecke sein soll mit dem berĂŒhmtberĂŒchtigten Solarer Berg (wobei mir anfangs der Begriff Berg etwas ĂŒbertrieben vorkam, da ich bei meinen Trainingsrunden auf der Radstrecke nur einen kleinen kurzen Anstieg feststellen konnte).
Das sollte sich im Rennen, vor allem in der zweiten Radrunde bei Kilometer 160 jedoch deutlich Àndern: hier kam mir der kleine kurze Anstieg dann nÀmlich vor wie ein Mittelgebirge in den Alpen.
Aber allein das GefĂŒhl an diesem Anstieg durch die unglaublichen Zuschauermassen, die engzusammengepfercht entlang der Strecke stehen und nur eine schmale Gasse zum Fahren freilassen  – Ă€hnlich einer Alpenetappe bei der Tour de France – macht dieses Rennen weltberĂŒhmt.
Und dieses GefĂŒhl kann man nicht beschreiben, wenn man hier mit Renntempo durch diese Zuschauermassen durchfĂ€hrt – unglaublich! Das muss man wirklich einmal selbst erlebt haben: egal ob als Zuseher oder TeilnehmerIn.
Aus diesem Grund zieht dieses Rennen alljĂ€hrlich Langdistanztriathleten aus der ganzen Welt an – und sie kamen auch dieses Jahr aus ĂŒber 55 Nationen.
Insgesamt waren es ĂŒber 4.000 TeilnehmerInnen. Eine unglaubliche Anzahl an Triathleten.
Bereits am Donnerstag – 3 Tage vor dem Rennen – reiste ich ganz entspannt nach Roth, um genĂŒgend Zeit zu haben alles organisatorische vor Ort erledigen zu können und mich in Ruhe und ohne Stress auf das Rennen vorbereiten zu können.
Ich kannte es ja schon von einigen groĂen Rennen aus den vergangenen Jahren: das organisatorische Chaos vor Ort mit endlosen Wartezeiten, Warteschlangen und genervten, gestressten und unruhigen Triathleten.
Aber in Roth war es ganz anders: eine absolut perfekte Organisation, ĂŒberall unzĂ€hlige freiwillige, ĂŒberaus freundliche und vor allem kompetente HelferInnen, die auf jede Frage die richtige Antwort hatten. Keine Warteschlangen bei der Registrierung, kein Chaos – alles absolut perfekt.
Die Registrierung – ohne Wartezeit und Probleme – perfekt organisiert
Bei der unglaublichen Zahl an Athleten fast unglaublich. Eine wahre organisatorische Meisterleistung vom Anfang bis zum Ende, die selbst die kurzen wolkenbruchartigen RegenfĂ€lle, die zwischendurch das VeranstaltungsgelĂ€nde unter Wasser setzten, nicht durcheinander bringen konnte. Hut ab vor dem Hauptorganisator und Veranstalter Felix Walchshöfer und seinem ganzen Team fĂŒr das, was sie in Roth auf die Beine stellen – da können sich einige andere Veranstalter viel abschauen.
Tausende von Starter-Packages stehen zur Abholung bei der Registrierung fĂŒr die Athleten bereit
Wie gesagt – kurz nach der Ankunft in Roth gleichmal auf das GelĂ€nde und das wichtigste erledigt: die Registrierung mit dem Abholen der Startunterlagen. Somit stand dem Rennen nichts mehr im Wege. Danach noch ein bisschen ĂŒber die Ausstellung geschlendert und eingekauft (eine Riesen-Expo) und dann ab ins Hotel.
Ich teste vorab schon mal den Zieleinlauf
Viele internationale Top-Stars der Triathlonszene nahmen an dem Rennen teil. Hier Timo Bracht (der spÀtere Europameister) mit mir auf der Expo
Das Hotel hatte ich bereits ein Jahr im Voraus gebucht, ein Landgasthaus ca. 15min vom Veranstaltungsort entfernt. Es war damals eines der letzten Zimmer, die ich fĂŒr dieses Wochenende ĂŒberhaupt noch bekam. Und das Haus war voller Triathleten – wie wahrscheinlich jedes andere Hotel auch im Umkreis von einigen Kilometern rund um Roth (ĂŒber die hohen Zimmerpreise an diesem Wochenende darf man sich natĂŒrlich nicht wundern ;-)).
Die ganzen Stadt, alle umliegenden Dörfer, alle Einheimischen und GeschĂ€fte – sie alle  fieberten nicht nur am Renntag, sondern bereits die Tage vorher mit allen Athleten mit. Ăberall Transparente, WilkommensgrĂŒĂe und freundliche Worte – eine AtmosphĂ€re zum WohlfĂŒhlen.
Am Freitag in aller FrĂŒh (6.00 Uhr) ging es dann auf zum Ein- und Testschwimmen auf der Original-Schwimmstrecke: einem Teil des Rhein-Main-Donau-Kanals, der nur fĂŒr dieses Rennen ausnahmsweise fĂŒr die Schifffahrt gesperrt wird. Ein tolles Erlebnis dort zu Schwimmen, wo es normalerweise nicht möglich ist.
Zusammen mit ein paar Triathlonkollegen beim morgendlichen Einschwimmen (ich in der Mitte ;-))
DafĂŒr, dass – so wie in KĂ€rnten – ein Neoprenverbot in Roth gar nicht erst möglich ist, sorgt der nette Schleusenwart am FluĂ, der bei Bedarf (d.h. zu hohen Wassertemperaturen) einfach mal ein bisschen seine Schleusentore öffnet, um kaltes FluĂwasser nachfliesen zu lassen. Somit konnte ich bereits am Freitag mit Neopren die Rennstrecke des Schwimmteils ausgiebig testen und ich war natĂŒrlich nicht der einzige.
Einschwimmen – mein Triathlonkollege Reini in meinem Wasserschatten
24h vor dem Start des Rennens war das Wasser des Kanals noch ruhig
Wer sich nun denkt, wo parkt man denn dann eigentlich, wenn soviele Athleten und Zuschauer vor Ort mit dem Auto anreisen mĂŒssen: in Roth kein Problem! Es stehen allein beim Start ĂŒber 15.000 PKW-ParkplĂ€tze zur VerfĂŒgung und das alles bei optimaler Organisation durch die oberbayerische Polizei und die Feuerwehren der Umgebung. Und auch im Ziel- und Hauptveranstaltungsbereich sind mehr als genĂŒgend ParkplĂ€tze vorhanden.
Nach dem Einschwimmen stand dann fĂŒr mich ausschlieĂlich Regenerieren auf dem Programm und das machte ich dann auch den gesamten Freitag und Samstag (bis auf den kurzen Abstecher zur Wettkampfbesprechung und dem Einchecken der FahrrĂ€der am Samstag nachmittag, das ebenfalls problemlos ohne lange Wartezeiten ablief). Bereits beim Einchecken herrschte ein schier unglaubliches Zuschauerinteresse. Auch die Wechselzone fĂŒr insgesamt 3.000 FahrrĂ€der war gigantisch.
Anstehen beim Rad-Check-In
Mein Standplatz in der 1. Wechselzone
Die unglaublich groĂe Wechselzone mit mehr als 3.000 RĂ€dern
Nachdem ich bereits seit Mittwoch etwas an Magen-Darm-Problemen litt, waren diese 2 Tage ohne viel Stress genau das, was ich brauchte und ich machte mir soweit keine Sorgen fĂŒr das Rennen am Sonntag.
Und dann war er da: der Renntag!
Das ĂŒbliche Prozedere in der FrĂŒh vor dem Start: 3.30 Uhr aufstehen, 3 Semmeln mit Honig zum frĂŒhen FrĂŒhstĂŒck und brav – streng nach erprobtem und bewĂ€hrten ErnĂ€hrungskonzept – bis zum Start weiterhin ein paar Riegel gegessen und FlĂŒssigkeit mit Mineralstoffen zu mir genommen.
Kurz vor dem Start
Im Startbereich habe ich nochmal das Rad gecheckt (nach meinen Erfahrungen beim Ironman in KĂ€rnten, wo ich auf der Radstrecke im Rennen gleich zweimal einen Raddefekt innerhalb von 10 km hatte, bin ich etwas ĂŒbervorsichtig geworden und ĂŒberprĂŒfe alles doppelt) und mich dann schon in meinen Neopren gezwĂ€ngt. Dann hieĂ es Badekappe auf und ab in den Startsektor, da der Start meiner Gruppe bevorstand. Ohne GedrĂ€nge wurden ca. 100m bis zur Startlinie vorgeschwommen und man wartete auf das erlösende Startsignal, bei dem die StartnervositĂ€t schlagartig in Rennfieber wechselt. Die letzten Sekunden vor dem Start beobachtete ich noch die Schwimmer der Startwelle vor uns, die bereits im Renntempo einige hundert Meter vor uns Richtung erster Boje unterwegs waren. Dann war es auch fĂŒr uns soweit.
Das Schwimmen – meine Angstdisziplin (ich bin ein eher schwĂ€cherer Schwimmer, da ich erst vor einigen Jahren in fortgeschrittenem Alter đ vom Plantscher zum Schwimmer wurde) entpuppte sich einmal mehr als völlig problemlos. Ich fand schnell meinen Rythmus, einen guten Wasserschatten von meinem Vormann und schwamm so sehr kontinuierlich durch den Kanal.
Die Stimmung entlang der 2km langen Schwimmstrecke war einfach unglaublich: auf den BrĂŒcken, bei denn sich jeweils die Wendebojen befanden, die man umschwimmen musste, und auch seitlich am Ufer standen eine unĂŒberschaubare Anzahl an Zuschauermassen, die voller Begeisterung jeden einzelnen Athleten anfeuerten. FĂŒr uns Schwimmer war es eine beeindruckende Kulisse, da man Kopf unter Wasser vorwiegend Stille hat und beim Luftholen plötzlich fĂŒr eine Sekunde einen unglaublichen LĂ€rm um sich hört und die vielen vielen begeisterten Zuseher entlang der Schwimmstrecke, die ja nur ein paar Meter entfernt am Ufer stehen, sieht. Wirklich beeindruckend.
Eine beeindruckende Zuschauerkulisse auch entlang der Schwimmstrecke
Die 3,8km Schwimmen verliefen somit etwas schneller als geplant. ZurĂŒck am Ufer halfen uns Athleten eine Vielzahl an HĂ€nden aus dem Wasser.
Mein Schwimmausstieg – die 3,8km sind geschafft
Der Neopren wurde geöffnet und es ging weiter Richtung Wechselzelt, wo mir auf dem Weg bereits mein Wechselsack mit den Radsachen zugereicht wurde. Am Zelteingang empfing mich eine junge Helferin, die mich zu einem freien Platz begleitete und fĂŒr ein paar Sekunden meine ganz persönliche Assistentin war – so etwas habe ich noch bei keinem Rennen erlebt: FĂŒr jeden Athleten gab es tatsĂ€chlich einen persönlichen Helfer. Mein Wechselsack wurde fĂŒr mich ausgerĂ€umt, ich musste meine Sachen nur mehr nehmen und anziehen, alles andere wurde von der Helferin erledigt (Neopren verpackt, Sachen verrĂ€umt, Sack weggetragen). Ich also raus aus dem Zelt – wo am Ausgang wieder ein paar Helfer warteten und mich mit Sonnenspray besprĂŒhten – Richtung Rad und raus aus der Wechselzone.
Der Weg vom Schwimmausstieg in das Wechselzonen-Zelt zum Umziehen fĂŒrs Radfahren (einen Tag vor dem Rennen aufgenommen)
Wow – 8min schneller als geplant – ich war absolut im Soll und voller Motivation: ich spĂŒrte, das war MEIN TAG heute. Die Radstrecke kannte ich ja schon von meinen Trainingsfahrten vor Ort und so machte ich mir keine Sorgen, dass etwas schiefgehen könnte.
Auf dem Weg aus der Wechselzone auf die Radstrecke
Dass an diesem Tag starker Gegenwind auf der Radstrecke herrschte (laut Veranstalter der heftigste Wind in der Geschichte des Rennens) störte mich nicht weiter. Erstens ist unser Sport ein Freiluftsport, zweitens kann fĂŒr das Wetter niemand etwas, drittens muss man sein Rennen einfach an das entsprechende Wetter anpassen und viertens: ich hatte ja sowieso einen Zeitpolster herausgeschwommen. Die ersten Kilometer verliefen gut, ich begann meine Nahrungsaufnahme und fand sehr schnell meinen Rhythmus. Dem Grummeln in meiner Magengegend schenkte ich zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei Beachtung, denn nach dem Schwimmen grummelt da ja öfter mal was, da man zwangslĂ€ufig doch ab und zu etwas Wasser beim Schwimmen schluckt.
Da verlief noch alles nach Plan – Vollgas am Rad
Bis Kilometer 30 radelte ich in meinem Tempo gut dahin bis…. ja und hier möchte ich meine detaillreiche Schilderung etwas unterbrechen… denn mein Magen und Darm rebellierten endgĂŒltig. Was dann passierte, hĂ€tte ich mir in meinen schlimmsten Vorstellungen nicht gedacht (mich wundert es nach wie vor, dass der freundliche Helfer bei der zweiten Wechselzone mein Fahrrad ĂŒberhaupt noch angegriffen hat um  es zu verrĂ€umen *g*). Ich musste mich schlagartig ĂŒbergeben (und das bei 55km/h und starkem Gegenwind auf dem Zeitfahrlenker liegend, sodass jeder froh sein konnte, dass Windschattenfahren bei dem Rennen verboten war). An dieser Stelle möchte ich euch weitere Details ersparen ;-). 12km bis zum nĂ€chsten Versorgungspunkt, wo ich mal Helm, Brille und Trikot notdĂŒrftig reinigte um das Rennen fortzusetzen. Leider konnte ich ab diesem Zeitpunkt allerdings keinerlei Nahrung mehr aufnehmen, ohne dass ich sie nicht schneller wieder los wurde als ich sie zu mir nahm: egal ob Gel, Riegel, IsogetrĂ€nk – nichts ging mehr. Nur Wasser behielt ich bei mir und so begann meine „Water-Challenge“ an diesem Tag.
Aufgeben? Diesen Gedanken gab es fĂŒr mich nicht – ich wollte einfach versuchen weiterzufahren soweit und so gut es ging und hoffte, dass meine Magen- & Darmprobleme wieder besser werden wĂŒrden. Die Hoffnung verliert man ja bekanntlich zuletzt ;-).
Da, aufgrund oben genannten UmstĂ€nde, sich meine Energiereserven sehr schnell leerten, konnte ich natĂŒrlich mein geplantes Tempo nicht mehr aufrechterhalten und obwohl ich das GefĂŒhl hatte am Rad zunehmend mehr zu arbeiten, wurde ich immer langsamer. Ich hatte allerdings keine groĂe Zeit darĂŒber nachzudenken, denn erstens beschĂ€ftigte mich mein Magen unschön weiter und zweitens gab es entlang der Strecke immer wieder gigantische Zuschauer-Hot Spots, in fast jedem Ort durch den die Strecke fĂŒhrte, standen unzĂ€hlige Menschenmassen und  jubelten uns zu – eine einzigartige Stimmung.
Der Höhepunkt der Radstrecke war aber – wie erwartet – der Solarer Berg. Bereits davor sĂ€umten tausende Zuschauer die Strecke und am Anstieg selber sah man die StraĂe vor lauter Menschen gar nicht mehr – wo musste ich hin? Wo entlangfahren durch diese Menschenmassen?
Der berĂŒhmte Anstieg beim Solarer Berg
Einen Meter vor dem Rad teilte sich die Masse vor mir und ich konnte zwischen den jubelnden und klatschenden Zuschauern den Berg hinauffahren – eine absolute GĂ€nsehaut-AtmosphĂ€re! Man wurde den Berg richtig hinaufgetragen (und so mancher der langsameren Radfahrer auch hinaufgeschoben).
Tausende Zuschauer sÀumen den Streckenrand
Genau diese paar Meter machen dieses Rennen unter anderem so weltberĂŒhmt – und das zu Recht. Auch wenn ich schon die gigantische Stimmung vom Ironman KĂ€rnten gewohnt war, das hier hat alles nochmal ordentlich getoppt!
Wo gehts hier bitte lang?
Hinein in die Zuschauermassen
NatĂŒrlich begannen sich, aufgrund meiner körperlichen Verfassung zu diesem Zeitpunkt, die Kilometer fĂŒr mich mit zunehmender Renndauer immer mehr zu ziehen – die zweite der 90km Runden war nur mehr ein Kampf. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich allerdings noch nicht, dass dies erst der Anfang war.
Ich bahne mir meinen Weg durch die Zuschauermenge
Da ich nur mehr Wasser zu mir nahm, beruhigte sich mein Magen – bis auf ein flaues GefĂŒhl – gegen Ende der 180km Radstrecke etwas und ich schöpfte Hoffnung zumindest auf der Laufstrecke meine geplanten Zeiten irgendwie einhalten zu können. Was fĂŒr ein Trugschluss!! Allein schon aufgrund der Tatsache, dass ich ja seit Stunden nichts mehr an Energie zugefĂŒhrt hatte.
Nach knapp 7:15 Stunden kam ich in der zweiten Wechselzone an, wo mir mein Rad von helfenden HĂ€nden abgenommen wurde. Auf dem Weg ins Wechselzelt wurde mir mein Kleidersack fĂŒrs Laufen gereicht und am Eingang wartete schon wieder eine Helferin auf mich, die mich zu einem freien Platz begleitete. Gleichzeitig wurde man abermals mit Sonnenspray eingesprĂŒht und sogar die Laufschuhe wollte man mir anziehen, was ich jedoch vehement verweigerte: ein Ironman zieht sich seine Schuhe selber an ;-).
Und raus ging es auf die Laufstrecke: 42,195m warteten noch auf mich und die wollte ich zĂŒgig im geplanten Tempo angehen. Wenn ich schon beim Radfahren wegen den Magenproblemen soviel Zeit verloren hatte, wollte ich wenigstens beim Laufen meinen Plan (ca. 3:45h waren geplant) halbwegs einhalten, dachte ich zumindest ;-).
Das es der langsamste Marathon in meiner gesamten persönlichen Laufgeschichte werden sollte, wusste ich bis dahin noch nicht.
Ich kam auch gleich mal sehr weit, nĂ€mlich genau 100m bis zum nĂ€chsten Dixi-Klo, dass ich in allerhöchster Not aufsuchen musste – und wer mich kennt und weiĂ, wie gerne ich auf solche Dixi-Klos gehe, weiĂ wie verzweifelt ich gewesen sein muss. Und das war leider erst der Anfang, denn was beim Radfahren mein Magenproblem war, begann jetzt beim Laufen mein Darmproblem zu sein. Es begann fĂŒr mich die nĂ€chste Challenge an diesem Tag: die Dixi-Challenge!
Am Renntag lernte ich fast jedes einzelne davon persönlich kennen đ
Auf 42,195m besuchte ich in den darauffolgenden 4:35h insgesamt 14x ein Dixi-HĂ€uschen und dazwischen noch ein paar Mal den naheliegenden Wald. Durch den zunehmenden Elektrolyt- und Energieverlust wurde es fĂŒr mich, neben meinen AusflĂŒgen, natĂŒrlich auch immer schwerer zu Laufen und es begannen sich KrĂ€mpfe und Seitenstechen einzustellen.
Wie weit ich noch kommen und wielange ich es durchhalten könnte, war mir zu diesem Zeitpunkt völlig unklar. Ich dachte nur daran, ja nicht aufzugeben und alles zu versuchen irgendwie ins Ziel zu kommen. Ich redete nur mehr mit mir selber und sagte mir andauernd, dass ich laufen musste, denn wenn ich stehen bleiben wĂŒrde, wĂŒrde ich ja ĂŒberhaupt nicht vorwĂ€rtskommen und wenn ich gehen wĂŒrde, wĂŒrde es umso lĂ€nger dauern bis ich im Ziel ankommen wĂŒrde – also: Laufen!
Irgendwo auf der Laufstrecke
Dabei versuchte ich mich von meinen KrĂ€mpfen in den FĂŒssen abzulenken und zwar so, wie ich es meinen SportlerInnen, die zu mir in die Praxis kommen auch immer sage: Wenn die FĂŒsse nicht mehr wollen, dann auf die Armarbeit konzentrieren! Denn die FĂŒsse gehen dann ganz automatisch von selbst mit.
Einige  bekannte Gesichter auf und entlang der Rennstrecke, die mich ansprachen und mir zujubelten, sorgten wieder fĂŒr neue EnergieschĂŒbe und so wurden die Kilometer der Laufstrecke doch zunehmend weniger – auch wenn ich subjektiv das GefĂŒhl hatte, dass jeder Kilometer zunehmend lĂ€nger werden wĂŒrde.
Bei jeder der zahlreichen Verpflegungsstationen versuchte ich mich mit WasserschwĂ€mmen zu kĂŒhlen und etwas Wasser aufzunehmen. Das Wetter war zum GlĂŒck an diesem Tag gnĂ€dig: 26 Grad und sonnig mit leichter Bewölkung. Unter normalen UmstĂ€nden das ideale Laufwetter.
Am berĂŒhmten roten Teppich – die letzten paar hundert Meter bis ins Ziel
Nach einer schier endlosen Zeit und einer nicht enden wollenden Laufstrecke kam ich jedoch dann doch irgendwann in ZielnĂ€he. Hurra – nicht mehr weit! Aber da waren noch die 3km, die nochmal vom Zielbereich weg in die Rother Altstadt fĂŒhrten, hindurch zwischen BierbĂ€nken, auf denen die Zuschauer fleissig ihre Bier tranken und ihr gegrilltes zu sich nahmen. Ein Geruch, den man in meiner Situation absolut braucht *Ironie*. Aber ich wusste, es waren nur mehr wenige Kilometer und nichts – absolut nichts – konnte mich nun mehr davon abhalten ins Ziel zu laufen. Paradoxerweise wurde ich – wie ich im Nachhinein feststellen konnte – sogar nochmal deutlich schneller beim Laufen und ĂŒberholte auf den letzten Kilometern noch einige schon ins Gehen ĂŒbergegangene Athleten.
Auf der Finishline
Und dann war es da: das Zielstadion! Eine sensationelle und einzigartige Zuschauerkulisse sĂ€umte die letzten paar hundert Laufmeter und im Zielbereich selber waren die TribĂŒnen bis auf den letzten Platz besetzt und die Zuschauer bejubelten jeden Finisher wie einen Sieger! Ich versuchte irgendwie – soweit es mein Zustand zu diesem Zeitpunkt noch zugelassen hat – die Stimmung aufzunehmen und zu genieĂen und ĂŒberquerte schlieĂlich total glĂŒcklich, aber absolut leer und vollkommen erschöpft die  Ziellinie – und das auch noch deutlich unter der 12h Marke.
FĂŒr das Entgegennehmen der Finishermedaille und einen Handschlag mit ein paar persönlichen Worten mit dem Veranstalter reichte die Kraft gerade noch und dann war…. AUS ;-).
Das wofĂŒr ich heute gekĂ€mpft habe: das Rennen zu finishen und die Medaille!
Gut gebettet und freundlichst umsorgt von helfenden HĂ€nden von Ărzten und Schwestern fand ich mich kurz darauf im medizinischen Versorgungszelt wieder, wo meine Elektrolyt- und Mineralstoffdefizite sowie Glucoseverluste der letzten 9h mit Infusionen ausgeglichen wurden.
Nach 1h bester Versorgung  – an dieser Stelle vielen Dank an das Team der medizinischen Abteilung der Veranstaltung – konnte ich das ZielgelĂ€nde unter Begleitung von meinen Freunden und Finisherkollegen auf eigenen, wenn auch etwas wackeligen FĂŒssen, wieder verlassen und nach dem Auschecken der RĂ€der und einer komplikationslosen Heimfahrt ins Hotel fiel ich nur noch in mein Bett, glĂŒcklich das Rennen doch noch beendet haben zu können. Allein das war fĂŒr mich das, was an diesem Tag zĂ€hlte und mir von diesem Rennen in Erinnerung bleiben wird.
Das hĂ€rteste Rennen, das ich bisher absolviert habe und die Finishermedaille, auf die ich am meisten stolz bin! Nicht aufzugeben war fĂŒr mich an diesem Tag das einzige was zĂ€hlte, auch wenn es aus medizinischer Sicht eher fahrlĂ€ssig war und absolut NICHT zur Nachahmung zu empfehlen ist – aber wir Ărzte sind ja bekanntlich die allerschlechtesten Patienten ;-).
Souvenirs meines Challenge-Tages: eine blutige Zehe und jede Menge Infusionen
AbschlieĂend möchte ich noch ein Riesenkompliment an das gesamte Veranstalterteam und die vielen tausenden Helfer auf und entlang der Strecke machen! Vielen Dank fĂŒr ALLES – ihr seid einfach nur grossartig gewesen und habt perfekte Arbeit voller Leidenschaft und Enthusiasmus geleistet. Und genau das macht diese Veranstaltung so einzigartig!
Die Challenge Roth – ein wirklich absolutes MUSS fĂŒr jeden Langdistanztriathleten (aber lasst bitte meine Challenges dabei aus ;-)).
Der schönste Moment an diesem Tag fĂŒr mich – nach 11:50.14h war die Challenge fĂŒr mich -trotz allem – erfolgreich gefinished!
Vielleicht komme ich ja in ein paar Jahren nochmals wieder – wer weiĂ ;-), sag niemals nie ;-).
Jetzt freue ich mich allerdings auf einige Tage ohne Triathlonsport und viel Zeit zur Erholung.
Euer Doc Tom
STARK! TOMGRATULATIONS!!
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