… im wahrsten Sinne des Wortes 😉
Letzten Sonntag war es endlich soweit – das große Rennen, mein Saisonhöhepunkt: die berühmte Challenge Roth: 3,8km Schwimmen – 180km Radfahren – 42,195m Laufen!
DAS Langdistanzrennen, das man als Ironman-Triathlet zumindest einmal im Leben gemacht haben muss – in diesem Jahr nochmal etwas Besonderes, da das Rennen auch die diesjährige offizielle Europameisterschaft auf der Langdistanz der Europäischen Triathlon Union war.
Ein Jahr hatte ich mich nur speziell auf dieses Rennen vorbereitet, auf viel verzichtet, konsequent meine Traininsgeinheiten ohne “wenn und aber” abgespult (auch wenn es manchmal sehr viel Überwindung gekostet hat, vor allem in den kalten Wintermonaten frühmorgens um 4.30 Uhr meine Laufeinheiten vor Arbeitsbeginn durchzuziehen).
Nun war die Zeit gekommen und ich wollte nicht nur meine persönliche Bestzeit auf der Langdistanz knacken, sondern auch eine deutliche Zeitverbesserung im Vergleich zum Ironman in Kärnten vom Vorjahr erreichen.
Alles lief nach Plan…. glaubte ich zumindest auch noch später am Start 😉
Die Challenge Roth, berühmt nicht nur für ihre perfekte Organisation und das weltweit beste Publikum (immerhin standen am Sonntag entlang der Rennstrecke mehr als 500.000 Zuseher), sondern auch dafür, dass es angeblich die schnellste Radstrecke sein soll mit dem berühmtberüchtigten Solarer Berg (wobei mir anfangs der Begriff Berg etwas übertrieben vorkam, da ich bei meinen Trainingsrunden auf der Radstrecke nur einen kleinen kurzen Anstieg feststellen konnte).
Das sollte sich im Rennen, vor allem in der zweiten Radrunde bei Kilometer 160 jedoch deutlich ändern: hier kam mir der kleine kurze Anstieg dann nämlich vor wie ein Mittelgebirge in den Alpen.
Aber allein das Gefühl an diesem Anstieg durch die unglaublichen Zuschauermassen, die engzusammengepfercht entlang der Strecke stehen und nur eine schmale Gasse zum Fahren freilassen – ähnlich einer Alpenetappe bei der Tour de France – macht dieses Rennen weltberühmt.
Und dieses Gefühl kann man nicht beschreiben, wenn man hier mit Renntempo durch diese Zuschauermassen durchfährt – unglaublich! Das muss man wirklich einmal selbst erlebt haben: egal ob als Zuseher oder TeilnehmerIn.
Aus diesem Grund zieht dieses Rennen alljährlich Langdistanztriathleten aus der ganzen Welt an – und sie kamen auch dieses Jahr aus über 55 Nationen.
Insgesamt waren es über 4.000 TeilnehmerInnen. Eine unglaubliche Anzahl an Triathleten.
Bereits am Donnerstag – 3 Tage vor dem Rennen – reiste ich ganz entspannt nach Roth, um genügend Zeit zu haben alles organisatorische vor Ort erledigen zu können und mich in Ruhe und ohne Stress auf das Rennen vorbereiten zu können.
Ich kannte es ja schon von einigen großen Rennen aus den vergangenen Jahren: das organisatorische Chaos vor Ort mit endlosen Wartezeiten, Warteschlangen und genervten, gestressten und unruhigen Triathleten.
Aber in Roth war es ganz anders: eine absolut perfekte Organisation, überall unzählige freiwillige, überaus freundliche und vor allem kompetente HelferInnen, die auf jede Frage die richtige Antwort hatten. Keine Warteschlangen bei der Registrierung, kein Chaos – alles absolut perfekt.
Die Registrierung – ohne Wartezeit und Probleme – perfekt organisiert
Bei der unglaublichen Zahl an Athleten fast unglaublich. Eine wahre organisatorische Meisterleistung vom Anfang bis zum Ende, die selbst die kurzen wolkenbruchartigen Regenfälle, die zwischendurch das Veranstaltungsgelände unter Wasser setzten, nicht durcheinander bringen konnte. Hut ab vor dem Hauptorganisator und Veranstalter Felix Walchshöfer und seinem ganzen Team für das, was sie in Roth auf die Beine stellen – da können sich einige andere Veranstalter viel abschauen.
Tausende von Starter-Packages stehen zur Abholung bei der Registrierung für die Athleten bereit
Wie gesagt – kurz nach der Ankunft in Roth gleichmal auf das Gelände und das wichtigste erledigt: die Registrierung mit dem Abholen der Startunterlagen. Somit stand dem Rennen nichts mehr im Wege. Danach noch ein bisschen über die Ausstellung geschlendert und eingekauft (eine Riesen-Expo) und dann ab ins Hotel.
Ich teste vorab schon mal den Zieleinlauf
Viele internationale Top-Stars der Triathlonszene nahmen an dem Rennen teil. Hier Timo Bracht (der spätere Europameister) mit mir auf der Expo
Das Hotel hatte ich bereits ein Jahr im Voraus gebucht, ein Landgasthaus ca. 15min vom Veranstaltungsort entfernt. Es war damals eines der letzten Zimmer, die ich für dieses Wochenende überhaupt noch bekam. Und das Haus war voller Triathleten – wie wahrscheinlich jedes andere Hotel auch im Umkreis von einigen Kilometern rund um Roth (über die hohen Zimmerpreise an diesem Wochenende darf man sich natürlich nicht wundern ;-)).
Die ganzen Stadt, alle umliegenden Dörfer, alle Einheimischen und Geschäfte – sie alle fieberten nicht nur am Renntag, sondern bereits die Tage vorher mit allen Athleten mit. Überall Transparente, Wilkommensgrüße und freundliche Worte – eine Atmosphäre zum Wohlfühlen.
Am Freitag in aller Früh (6.00 Uhr) ging es dann auf zum Ein- und Testschwimmen auf der Original-Schwimmstrecke: einem Teil des Rhein-Main-Donau-Kanals, der nur für dieses Rennen ausnahmsweise für die Schifffahrt gesperrt wird. Ein tolles Erlebnis dort zu Schwimmen, wo es normalerweise nicht möglich ist.
Zusammen mit ein paar Triathlonkollegen beim morgendlichen Einschwimmen (ich in der Mitte ;-))
Dafür, dass – so wie in Kärnten – ein Neoprenverbot in Roth gar nicht erst möglich ist, sorgt der nette Schleusenwart am Fluß, der bei Bedarf (d.h. zu hohen Wassertemperaturen) einfach mal ein bisschen seine Schleusentore öffnet, um kaltes Flußwasser nachfliesen zu lassen. Somit konnte ich bereits am Freitag mit Neopren die Rennstrecke des Schwimmteils ausgiebig testen und ich war natürlich nicht der einzige.
Einschwimmen – mein Triathlonkollege Reini in meinem Wasserschatten
24h vor dem Start des Rennens war das Wasser des Kanals noch ruhig
Wer sich nun denkt, wo parkt man denn dann eigentlich, wenn soviele Athleten und Zuschauer vor Ort mit dem Auto anreisen müssen: in Roth kein Problem! Es stehen allein beim Start über 15.000 PKW-Parkplätze zur Verfügung und das alles bei optimaler Organisation durch die oberbayerische Polizei und die Feuerwehren der Umgebung. Und auch im Ziel- und Hauptveranstaltungsbereich sind mehr als genügend Parkplätze vorhanden.
Nach dem Einschwimmen stand dann für mich ausschließlich Regenerieren auf dem Programm und das machte ich dann auch den gesamten Freitag und Samstag (bis auf den kurzen Abstecher zur Wettkampfbesprechung und dem Einchecken der Fahrräder am Samstag nachmittag, das ebenfalls problemlos ohne lange Wartezeiten ablief). Bereits beim Einchecken herrschte ein schier unglaubliches Zuschauerinteresse. Auch die Wechselzone für insgesamt 3.000 Fahrräder war gigantisch.
Anstehen beim Rad-Check-In
Mein Standplatz in der 1. Wechselzone
Die unglaublich große Wechselzone mit mehr als 3.000 Rädern
Nachdem ich bereits seit Mittwoch etwas an Magen-Darm-Problemen litt, waren diese 2 Tage ohne viel Stress genau das, was ich brauchte und ich machte mir soweit keine Sorgen für das Rennen am Sonntag.
Und dann war er da: der Renntag!
Das übliche Prozedere in der Früh vor dem Start: 3.30 Uhr aufstehen, 3 Semmeln mit Honig zum frühen Frühstück und brav – streng nach erprobtem und bewährten Ernährungskonzept – bis zum Start weiterhin ein paar Riegel gegessen und Flüssigkeit mit Mineralstoffen zu mir genommen.
Kurz vor dem Start
Im Startbereich habe ich nochmal das Rad gecheckt (nach meinen Erfahrungen beim Ironman in Kärnten, wo ich auf der Radstrecke im Rennen gleich zweimal einen Raddefekt innerhalb von 10 km hatte, bin ich etwas übervorsichtig geworden und überprüfe alles doppelt) und mich dann schon in meinen Neopren gezwängt. Dann hieß es Badekappe auf und ab in den Startsektor, da der Start meiner Gruppe bevorstand. Ohne Gedränge wurden ca. 100m bis zur Startlinie vorgeschwommen und man wartete auf das erlösende Startsignal, bei dem die Startnervosität schlagartig in Rennfieber wechselt. Die letzten Sekunden vor dem Start beobachtete ich noch die Schwimmer der Startwelle vor uns, die bereits im Renntempo einige hundert Meter vor uns Richtung erster Boje unterwegs waren. Dann war es auch für uns soweit.
Das Schwimmen – meine Angstdisziplin (ich bin ein eher schwächerer Schwimmer, da ich erst vor einigen Jahren in fortgeschrittenem Alter 😉 vom Plantscher zum Schwimmer wurde) entpuppte sich einmal mehr als völlig problemlos. Ich fand schnell meinen Rythmus, einen guten Wasserschatten von meinem Vormann und schwamm so sehr kontinuierlich durch den Kanal.
Die Stimmung entlang der 2km langen Schwimmstrecke war einfach unglaublich: auf den Brücken, bei denn sich jeweils die Wendebojen befanden, die man umschwimmen musste, und auch seitlich am Ufer standen eine unüberschaubare Anzahl an Zuschauermassen, die voller Begeisterung jeden einzelnen Athleten anfeuerten. Für uns Schwimmer war es eine beeindruckende Kulisse, da man Kopf unter Wasser vorwiegend Stille hat und beim Luftholen plötzlich für eine Sekunde einen unglaublichen Lärm um sich hört und die vielen vielen begeisterten Zuseher entlang der Schwimmstrecke, die ja nur ein paar Meter entfernt am Ufer stehen, sieht. Wirklich beeindruckend.
Eine beeindruckende Zuschauerkulisse auch entlang der Schwimmstrecke
Die 3,8km Schwimmen verliefen somit etwas schneller als geplant. Zurück am Ufer halfen uns Athleten eine Vielzahl an Händen aus dem Wasser.
Mein Schwimmausstieg – die 3,8km sind geschafft
Der Neopren wurde geöffnet und es ging weiter Richtung Wechselzelt, wo mir auf dem Weg bereits mein Wechselsack mit den Radsachen zugereicht wurde. Am Zelteingang empfing mich eine junge Helferin, die mich zu einem freien Platz begleitete und für ein paar Sekunden meine ganz persönliche Assistentin war – so etwas habe ich noch bei keinem Rennen erlebt: Für jeden Athleten gab es tatsächlich einen persönlichen Helfer. Mein Wechselsack wurde für mich ausgeräumt, ich musste meine Sachen nur mehr nehmen und anziehen, alles andere wurde von der Helferin erledigt (Neopren verpackt, Sachen verräumt, Sack weggetragen). Ich also raus aus dem Zelt – wo am Ausgang wieder ein paar Helfer warteten und mich mit Sonnenspray besprühten – Richtung Rad und raus aus der Wechselzone.
Der Weg vom Schwimmausstieg in das Wechselzonen-Zelt zum Umziehen fürs Radfahren (einen Tag vor dem Rennen aufgenommen)
Wow – 8min schneller als geplant – ich war absolut im Soll und voller Motivation: ich spürte, das war MEIN TAG heute. Die Radstrecke kannte ich ja schon von meinen Trainingsfahrten vor Ort und so machte ich mir keine Sorgen, dass etwas schiefgehen könnte.
Auf dem Weg aus der Wechselzone auf die Radstrecke
Dass an diesem Tag starker Gegenwind auf der Radstrecke herrschte (laut Veranstalter der heftigste Wind in der Geschichte des Rennens) störte mich nicht weiter. Erstens ist unser Sport ein Freiluftsport, zweitens kann für das Wetter niemand etwas, drittens muss man sein Rennen einfach an das entsprechende Wetter anpassen und viertens: ich hatte ja sowieso einen Zeitpolster herausgeschwommen. Die ersten Kilometer verliefen gut, ich begann meine Nahrungsaufnahme und fand sehr schnell meinen Rhythmus. Dem Grummeln in meiner Magengegend schenkte ich zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei Beachtung, denn nach dem Schwimmen grummelt da ja öfter mal was, da man zwangsläufig doch ab und zu etwas Wasser beim Schwimmen schluckt.
Da verlief noch alles nach Plan – Vollgas am Rad
Bis Kilometer 30 radelte ich in meinem Tempo gut dahin bis…. ja und hier möchte ich meine detaillreiche Schilderung etwas unterbrechen… denn mein Magen und Darm rebellierten endgültig. Was dann passierte, hätte ich mir in meinen schlimmsten Vorstellungen nicht gedacht (mich wundert es nach wie vor, dass der freundliche Helfer bei der zweiten Wechselzone mein Fahrrad überhaupt noch angegriffen hat um es zu verräumen *g*). Ich musste mich schlagartig übergeben (und das bei 55km/h und starkem Gegenwind auf dem Zeitfahrlenker liegend, sodass jeder froh sein konnte, dass Windschattenfahren bei dem Rennen verboten war). An dieser Stelle möchte ich euch weitere Details ersparen ;-). 12km bis zum nächsten Versorgungspunkt, wo ich mal Helm, Brille und Trikot notdürftig reinigte um das Rennen fortzusetzen. Leider konnte ich ab diesem Zeitpunkt allerdings keinerlei Nahrung mehr aufnehmen, ohne dass ich sie nicht schneller wieder los wurde als ich sie zu mir nahm: egal ob Gel, Riegel, Isogetränk – nichts ging mehr. Nur Wasser behielt ich bei mir und so begann meine “Water-Challenge” an diesem Tag.
Aufgeben? Diesen Gedanken gab es für mich nicht – ich wollte einfach versuchen weiterzufahren soweit und so gut es ging und hoffte, dass meine Magen- & Darmprobleme wieder besser werden würden. Die Hoffnung verliert man ja bekanntlich zuletzt ;-).
Da, aufgrund oben genannten Umstände, sich meine Energiereserven sehr schnell leerten, konnte ich natürlich mein geplantes Tempo nicht mehr aufrechterhalten und obwohl ich das Gefühl hatte am Rad zunehmend mehr zu arbeiten, wurde ich immer langsamer. Ich hatte allerdings keine große Zeit darüber nachzudenken, denn erstens beschäftigte mich mein Magen unschön weiter und zweitens gab es entlang der Strecke immer wieder gigantische Zuschauer-Hot Spots, in fast jedem Ort durch den die Strecke führte, standen unzählige Menschenmassen und jubelten uns zu – eine einzigartige Stimmung.
Der Höhepunkt der Radstrecke war aber – wie erwartet – der Solarer Berg. Bereits davor säumten tausende Zuschauer die Strecke und am Anstieg selber sah man die Straße vor lauter Menschen gar nicht mehr – wo musste ich hin? Wo entlangfahren durch diese Menschenmassen?
Der berühmte Anstieg beim Solarer Berg
Einen Meter vor dem Rad teilte sich die Masse vor mir und ich konnte zwischen den jubelnden und klatschenden Zuschauern den Berg hinauffahren – eine absolute Gänsehaut-Atmosphäre! Man wurde den Berg richtig hinaufgetragen (und so mancher der langsameren Radfahrer auch hinaufgeschoben).
Tausende Zuschauer säumen den Streckenrand
Genau diese paar Meter machen dieses Rennen unter anderem so weltberühmt – und das zu Recht. Auch wenn ich schon die gigantische Stimmung vom Ironman Kärnten gewohnt war, das hier hat alles nochmal ordentlich getoppt!
Wo gehts hier bitte lang?
Hinein in die Zuschauermassen
Natürlich begannen sich, aufgrund meiner körperlichen Verfassung zu diesem Zeitpunkt, die Kilometer für mich mit zunehmender Renndauer immer mehr zu ziehen – die zweite der 90km Runden war nur mehr ein Kampf. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich allerdings noch nicht, dass dies erst der Anfang war.
Ich bahne mir meinen Weg durch die Zuschauermenge
Da ich nur mehr Wasser zu mir nahm, beruhigte sich mein Magen – bis auf ein flaues Gefühl – gegen Ende der 180km Radstrecke etwas und ich schöpfte Hoffnung zumindest auf der Laufstrecke meine geplanten Zeiten irgendwie einhalten zu können. Was für ein Trugschluss!! Allein schon aufgrund der Tatsache, dass ich ja seit Stunden nichts mehr an Energie zugeführt hatte.
Nach knapp 7:15 Stunden kam ich in der zweiten Wechselzone an, wo mir mein Rad von helfenden Händen abgenommen wurde. Auf dem Weg ins Wechselzelt wurde mir mein Kleidersack fürs Laufen gereicht und am Eingang wartete schon wieder eine Helferin auf mich, die mich zu einem freien Platz begleitete. Gleichzeitig wurde man abermals mit Sonnenspray eingesprüht und sogar die Laufschuhe wollte man mir anziehen, was ich jedoch vehement verweigerte: ein Ironman zieht sich seine Schuhe selber an ;-).
Und raus ging es auf die Laufstrecke: 42,195m warteten noch auf mich und die wollte ich zügig im geplanten Tempo angehen. Wenn ich schon beim Radfahren wegen den Magenproblemen soviel Zeit verloren hatte, wollte ich wenigstens beim Laufen meinen Plan (ca. 3:45h waren geplant) halbwegs einhalten, dachte ich zumindest ;-).
Das es der langsamste Marathon in meiner gesamten persönlichen Laufgeschichte werden sollte, wusste ich bis dahin noch nicht.
Ich kam auch gleich mal sehr weit, nämlich genau 100m bis zum nächsten Dixi-Klo, dass ich in allerhöchster Not aufsuchen musste – und wer mich kennt und weiß, wie gerne ich auf solche Dixi-Klos gehe, weiß wie verzweifelt ich gewesen sein muss. Und das war leider erst der Anfang, denn was beim Radfahren mein Magenproblem war, begann jetzt beim Laufen mein Darmproblem zu sein. Es begann für mich die nächste Challenge an diesem Tag: die Dixi-Challenge!
Am Renntag lernte ich fast jedes einzelne davon persönlich kennen 😉
Auf 42,195m besuchte ich in den darauffolgenden 4:35h insgesamt 14x ein Dixi-Häuschen und dazwischen noch ein paar Mal den naheliegenden Wald. Durch den zunehmenden Elektrolyt- und Energieverlust wurde es für mich, neben meinen Ausflügen, natürlich auch immer schwerer zu Laufen und es begannen sich Krämpfe und Seitenstechen einzustellen.
Wie weit ich noch kommen und wielange ich es durchhalten könnte, war mir zu diesem Zeitpunkt völlig unklar. Ich dachte nur daran, ja nicht aufzugeben und alles zu versuchen irgendwie ins Ziel zu kommen. Ich redete nur mehr mit mir selber und sagte mir andauernd, dass ich laufen musste, denn wenn ich stehen bleiben würde, würde ich ja überhaupt nicht vorwärtskommen und wenn ich gehen würde, würde es umso länger dauern bis ich im Ziel ankommen würde – also: Laufen!
Irgendwo auf der Laufstrecke
Dabei versuchte ich mich von meinen Krämpfen in den Füssen abzulenken und zwar so, wie ich es meinen SportlerInnen, die zu mir in die Praxis kommen auch immer sage: Wenn die Füsse nicht mehr wollen, dann auf die Armarbeit konzentrieren! Denn die Füsse gehen dann ganz automatisch von selbst mit.
Einige bekannte Gesichter auf und entlang der Rennstrecke, die mich ansprachen und mir zujubelten, sorgten wieder für neue Energieschübe und so wurden die Kilometer der Laufstrecke doch zunehmend weniger – auch wenn ich subjektiv das Gefühl hatte, dass jeder Kilometer zunehmend länger werden würde.
Bei jeder der zahlreichen Verpflegungsstationen versuchte ich mich mit Wasserschwämmen zu kühlen und etwas Wasser aufzunehmen. Das Wetter war zum Glück an diesem Tag gnädig: 26 Grad und sonnig mit leichter Bewölkung. Unter normalen Umständen das ideale Laufwetter.
Am berühmten roten Teppich – die letzten paar hundert Meter bis ins Ziel
Nach einer schier endlosen Zeit und einer nicht enden wollenden Laufstrecke kam ich jedoch dann doch irgendwann in Zielnähe. Hurra – nicht mehr weit! Aber da waren noch die 3km, die nochmal vom Zielbereich weg in die Rother Altstadt führten, hindurch zwischen Bierbänken, auf denen die Zuschauer fleissig ihre Bier tranken und ihr gegrilltes zu sich nahmen. Ein Geruch, den man in meiner Situation absolut braucht *Ironie*. Aber ich wusste, es waren nur mehr wenige Kilometer und nichts – absolut nichts – konnte mich nun mehr davon abhalten ins Ziel zu laufen. Paradoxerweise wurde ich – wie ich im Nachhinein feststellen konnte – sogar nochmal deutlich schneller beim Laufen und überholte auf den letzten Kilometern noch einige schon ins Gehen übergegangene Athleten.
Auf der Finishline
Und dann war es da: das Zielstadion! Eine sensationelle und einzigartige Zuschauerkulisse säumte die letzten paar hundert Laufmeter und im Zielbereich selber waren die Tribünen bis auf den letzten Platz besetzt und die Zuschauer bejubelten jeden Finisher wie einen Sieger! Ich versuchte irgendwie – soweit es mein Zustand zu diesem Zeitpunkt noch zugelassen hat – die Stimmung aufzunehmen und zu genießen und überquerte schließlich total glücklich, aber absolut leer und vollkommen erschöpft die Ziellinie – und das auch noch deutlich unter der 12h Marke.
Für das Entgegennehmen der Finishermedaille und einen Handschlag mit ein paar persönlichen Worten mit dem Veranstalter reichte die Kraft gerade noch und dann war…. AUS ;-).
Das wofür ich heute gekämpft habe: das Rennen zu finishen und die Medaille!
Gut gebettet und freundlichst umsorgt von helfenden Händen von Ärzten und Schwestern fand ich mich kurz darauf im medizinischen Versorgungszelt wieder, wo meine Elektrolyt- und Mineralstoffdefizite sowie Glucoseverluste der letzten 9h mit Infusionen ausgeglichen wurden.
Nach 1h bester Versorgung – an dieser Stelle vielen Dank an das Team der medizinischen Abteilung der Veranstaltung – konnte ich das Zielgelände unter Begleitung von meinen Freunden und Finisherkollegen auf eigenen, wenn auch etwas wackeligen Füssen, wieder verlassen und nach dem Auschecken der Räder und einer komplikationslosen Heimfahrt ins Hotel fiel ich nur noch in mein Bett, glücklich das Rennen doch noch beendet haben zu können. Allein das war für mich das, was an diesem Tag zählte und mir von diesem Rennen in Erinnerung bleiben wird.
Das härteste Rennen, das ich bisher absolviert habe und die Finishermedaille, auf die ich am meisten stolz bin! Nicht aufzugeben war für mich an diesem Tag das einzige was zählte, auch wenn es aus medizinischer Sicht eher fahrlässig war und absolut NICHT zur Nachahmung zu empfehlen ist – aber wir Ärzte sind ja bekanntlich die allerschlechtesten Patienten ;-).
Souvenirs meines Challenge-Tages: eine blutige Zehe und jede Menge Infusionen
Abschließend möchte ich noch ein Riesenkompliment an das gesamte Veranstalterteam und die vielen tausenden Helfer auf und entlang der Strecke machen! Vielen Dank für ALLES – ihr seid einfach nur grossartig gewesen und habt perfekte Arbeit voller Leidenschaft und Enthusiasmus geleistet. Und genau das macht diese Veranstaltung so einzigartig!
Die Challenge Roth – ein wirklich absolutes MUSS für jeden Langdistanztriathleten (aber lasst bitte meine Challenges dabei aus ;-)).
Der schönste Moment an diesem Tag für mich – nach 11:50.14h war die Challenge für mich -trotz allem – erfolgreich gefinished!
Vielleicht komme ich ja in ein paar Jahren nochmals wieder – wer weiß ;-), sag niemals nie ;-).
Jetzt freue ich mich allerdings auf einige Tage ohne Triathlonsport und viel Zeit zur Erholung.
Euer Doc Tom
STARK! TOMGRATULATIONS!!
🙂