Roland Schwarzl ist einer DER österreichischen Leichtathleten schlechthin, deshalb freut es mich SEHR, dass er sich für ein Blog-Interview bereit erklärt und sich die Zeit genommen hat. Ich kenne Roland aus Jugendzeiten, da ich wie er durch unsere Schule zur Leichtathletik gekommen bin. Und ich denke noch heute gerne an gemeinsame Trainings zurück – natürlich bin ich sehr stolz darauf, dass Roli in diesem Sport so erfolgreich geworden ist! ;-). Auch wenn er viele Erfolge gefeiert hat, so hat er auch Verletzungspech erlebt. Trotzdem, aufgegeben hat er nie! Wie sein Training aussieht, worauf er bei seiner Ernährung achtet und wie es ist, wenn die eigene Frau auch der eigene Coach ist – lest selbst.
Vera: Roli, du bist groß, wendig und sportlich vielseitig. Warum ist es die Leichtathletik geworden und nicht der Basketball- oder Volleyballsport?
Roland Schwarzl: Ich habe lange Zeit Basketball im Verein gespielt, sogar Kärntner Auswahl im Nachwuchs. Aber ehrlich gesagt wusste ich, dass man im Basketball als „Weißer“ mit „nur“ 2m Körpergröße nicht viel erreichen kann ;-).
Wann war für dich klar, dass es nicht nur eine Disziplin, sondern der Zehnkampf sein soll, der zu den härtesten Sportarten überhaupt zählt?
In der Leichtathletik legt man das Training in den ersten Jahren immer sehr vielseitig an, d.h. man trainiert/probiert alle Disziplinen aus. Die Spezialisierung erfolgt erst relativ spät, was auch gut ist.
Bei mir war aber relativ früh klar, dass ich beim Zehnkampf bleiben werde, da es damals in Lienz mit Sepp Schmidl einen erfolgreichen Mehrkampftrainer und mit Thomas Weiler ein „Vorbild“ gab…obwohl es in meinen Mehrkampfanfängen nicht so rosig aussah: beim ersten Wettkampf konnte ich nur den vorletzten Platz belegen!
Welche Disziplin im Zehnkampf ist deine liebste und welche würdest du am liebsten streichen, wenn du könntest?
Ich kann eigentlich nicht sagen, dass ich nur eine Lieblingsdisziplin habe. Ich finde den Weit- und auch den Stabhochsprung extrem spannend. Meine Bestleistung in diesen beiden Disziplinen ist auch sehr gut.
Was ich aus meiner Sicht streichen würde ist der Speerwurf. Leider verliere ich dort immer wichtige Punkte auf meine Konkurrenten.
Welcher Wettkampf war dein bisher schönster und wird dir immer in Erinnerung bleiben?
Ich schwanke zwischen den Olympischen Spielen, wo ich den zehnten Platz belegt habe und den Hallen-Europameisterschaften, bei denen ich Bronze gewonnen habe.
Beides waren große Momente in meiner bisherigen Laufbahn – ich würde nicht sagen, dass das eine schöner war als das andere…
Olympia ist für viele Sportler das Ziel schlechthin. Wie würdest du das Gefühl beschreiben, wenn man die Qualifikation geschafft hat und dann schlussendlich am Start bei den Spielen steht?
Ein sensationelles Gefühl! Man bereitet sich oft monatelang, jahrelang auf die Qualifikation vor. Wenn man diese dann in der Tasche hat, fällt einem die „Last“ von den Schultern – das befreit und macht einen vor allem stolz. Nicht jeder hat die Chance bei den Olympischen Spielen an den Start zu gehen.
Als ich damals am Start stand, hab ich einfach nur die coole Zeit im Olympiastadion genossen – einfach genial!
Die letzten Jahre verliefen auf Grund von Verletzungen nicht nach Plan. Hast du jemals ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, aufzuhören?
Nein, eigentlich niemals.
Wie wirst du die neue Saison angehen? Welche Ziele hast du dir gesetzt? Wirst du weiterhin in Saarbrücken stationiert bleiben und dich dort vorbereiten?
Ich habe auf jeden Fall keine Hallensaison geplant. Durch meine gesundheitlichen Probleme habe ich mir eine sportliche Auszeit gegönnt, die für meinen Körper und vor allem für meinen Geist extrem von Nöten war.
Mein Ziel ist es zuerst mal wieder topfit zu werden und mich danach für die WM in Moskau zu qualifizieren.
Da mir nach meinem „Olympia-Aus“ fast alle Förderungen gestrichen wurden, bleibe ich auf jeden Fall in Saarbrücken, um weiterhin die bestmöglichen Bedingungen für die Leichtathletik zu haben. Mit Adidas habe ich weiterhin meinen stärksten Partner an meiner Seite – gemeinsam möchten wir wieder an große Leistungen anknüpfen.
Du wirst von deiner Frau Sandra, selbst erfahrene Leichtathletin, betreut und trainiert. Wie strikt trennt ihr Berufliches und Privates?
Das ist oft nicht so leicht, das stimmt. Der Sport hat für uns beide generell einen enorm hohen Stellenwert – aber wir sind beide sowohl privat als auch im Sport das beste Team der Welt ;-).
Ich bin mir sicher, viele unserer LeserInnen würden gerne wissen, wie der Trainingsalltag eines Zehnkämpfers aussieht. Wie darf man sich eine gewöhnliche Trainingswoche für einen anstehenden Wettkampf vorstellen?
Vor den Wettkämpfen wird das Programm in der Regel um einiges „runtergefahren“. D.h. die Einheiten fallen weniger umfangreich aus.
Das schaut wie folgt aus:
Montag: 10Minuten Lauf/20Minuten Dehnprogramm/20Minuten Laufkoordination(Knieheber,Hohe Knieheber,Gestreckte,…)/Kraftprogramm:Umsetzen(4x6WH)/Kugelstoß: gesamt 8 Stöße/5Minuten langsamer Jogg → Gesamtdauer ca.120Min.
Dienstag: 60Minuten Rumpf-und Stabilisationsprogramm
Mittwoch: 10Minuten Lauf/20Minuten Dehnprogramm/3x80mAblauf von 60-85%/5Minuten Frequenzübungen/Sprint: 3x40m aus Startblock/15Minuten locker Auslaufen/10Minuten Dehnen
Donnerstag: 15Minuten easy Jogging/10Minuten Dehnen/20Minuten Rumpfstabi → Gesamtdauer ca.45 Minuten
Freitag: kurzes Aufwärmen+Dehnen/10Minuten Laufschule+3x40m Abläufe/3-4 Starts aus dem Startblock/3×3 Hürdensprünge (110cm)
Samstag und Sonntag: Wettkampf – pro Tag zwischen 7 (Götzis) und 18 (Olympische Spiele) Stunden
Wie sehr achtest du auf deine Ernährung?
Ich achte darauf, dass ich so gut wie keine Milch-und Weizenprodukte zu mir nehme – Dinkel, Quinoa, Hirse, Buchweizen… sind meine Kohlenhydratlieferanten. Ansonsten bin ich kein Kalorienzähler, sondern esse meistens was mir schmeckt. Außerdem bin ich seit einigen Jahren Vegetarier.
Und wie verpflegst du dich im Wettbewerb? Über zwei Tage lang bestens mit Energie versorgt zu sein, stellt immerhin eine ziemliche Herausforderung dar.
Ich trinke Wasser und Elekrolytgetränke während dem Wettkampf. Zum Essen nehme ich mir immer leichter verdaubare Riegel mit. Wenn es sich zeitlich machen lässt, esse ich oft auch einen Teller Nudeln um meine Speicher wieder etwas aufzufüllen. Leider ist das während den meisten Wettkämpfen nur ein „Wunschgedanke“ – deshalb nehme ich über einen Zehnkampf hinweg ca. 3-5 kg ab!
Welche Rolle spielt Mentaltraining für dich?
Ich denke, dass das von Sportler zu Sportler ziemlich unterschiedlich ist. Bei mir ist es so, dass ich am Anfang überhaupt kein Mentaltraining gekannt/gemacht habe.
Im Laufe der Zeit habe ich aber ab und an mit Sportpsychologen zusammengearbeitet. Ich habe mir sehr viele wichtige Dinge daraus für den Sport, aber auch für’s „normale Leben“ mitnehmen können.
Wie und wann kannst du am besten abschalten?
Im Urlaub! Seele baumeln lassen, nichts tun… ein Traum ;-).
Wenn es mit dem Profi-Sport nicht geklappt hätte, welchen Beruf hättest du ergriffen?
Das ist schwer zu sagen…aber interessiert hat mich der Sport schon immer. Vielleicht hätte ich im sportlichen Bereich irgendwo im Hintergrund (in irgendeiner Organisation o.ä.) gearbeitet.
Dein Lieblingszitat?
„Wer kämpft kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“ B. Brecht
Lieber Roli, alles Gute und viel Erfolg auf deinem weiteren Weg und herzlichen Dank für dieses Interview! 🙂