… auch wenn ich das – zumindest aus meiner Sicht – vom Ironman 70.3 Berlin am gestrigen Sonntag leider nicht behaupten kann.
Doch starten wir von Anfang an:
Für meine erste Triathlon-Halbdistanz dieses Jahr hatte ich mir den Iroman 70.3 in Berlin ausgesucht, auf den ich mich schon lange sehr gefreut habe, nicht nur weil er die Ironman-Premiere in der Deutschen Bundeshauptstadt darstellte, sondern weil ich schon einige Male in Berlin war und die Stadt sehr schön und aufregend finde.
So war es für mich naheliegend, die Chance auf eine Triathlon-Halbdistanz in dieser Stadt zu nutzen.
Leider zog ich mir beim Lauftraining am Montag davor eine heftige Wadenzerrung am rechten Fuss zu, weshalb ich auch den Zoolauf in Wien am Dienstag auslassen musste, aber ich war optimistisch, dass ich das Problem bis zum Wettkampftag am Sonntag ausreichend in den Griff kriegen würde und verordnete mir bis dahin eine Laufpause.
Schließlich landeten Vera und ich am Donnerstag Nachmittag bei schönstem Frühsommerwetter in Berlin und bezogen unser Quartier im ehemaligen Ostteil der Stadt, dem trendigen und kreativen Kreuzberg, im Hotel Sarotti-Höfe.
Das Hotel liegt gleich neben der belebten und bekannten Bergmannstrasse und besticht einerseits durch seine liebevoll und mit viel Engagement umgebauten Räumlichkeiten und Zimmer in einer ehemaligen Schokoladenfabrik sowie durch sein hervorragendes integriertes Cafe mit vielen kulinarischen Torten- und Kuchenköstlichkeiten, denen wir einige Male nicht widerstehen konnten.
Desweiteren sind das Tempelhofer Flugfeld und damit der Zielbereich des Ironman 70.3 Berlin nur ca. 15 Gehminuten vom Hotel entfernt, was einen weiteren großen Vorteil für mich darstellte, da ich so unnötig lange und komplizierte Wege nach dem Wettkampf vermeiden konnte.
Gleich nach der Ankunft wurde von Vera und mir das Viertel erkundet und eine Vielzahl an einladenden und vielversprechenden Restaurants und Lokalitäten machten uns kulinarisch Lust auf mehr und luden zu einem Besuch in den folgenden Tagen ein.
Nach ausgiebigem Frühstücksbrunch Freitag morgen kam unser Freund Dani aus der Schweiz an, der ebenfalls in unserem Hotel untergebracht war und gemeinsam nutzen wir den Vormittag und bauten unsere Rennräder für Sonntag zusammen.
Danach spazierten wir gemütlich mit Vera in die Berliner Stadtmitte zum Brandenburger Tor und ins Regierungsviertel, wo wir unter anderem die bereits auf Hochtouren laufenden Vorbereitungen für den Besuch des US-Präsidenten Barack Obama beobachten konnten.
Vera verabschiedete sich danach in ihre erste Berliner Yoga-Klasse während unseres Aufenthalts ins Sun Yoga.
Dani und ich machten uns währenddessen auf die Suche nach dem Ironman-Gelände, um unsere Rennunterlagen abzuholen.
Was uns bis dahin schon vor Ort aufgefallen war, bewahrheitete sich auch hier: keiner wusste etwas über eine Ironman-Veranstaltung in Berlin, nicht einmal die sonst immer gut informierten Taxifahrer. Es gab weder Hinweisschilder noch irgendwelche Ankündigungen vor Ort.
Auch direkt am Veranstaltungsgelände, dem ehemaligen und vor Jahren stillgelegten Tempelhofer Flughafen, einem sehr weitläufigen Gelände, das von den Berlinern als riesiges Freizeitareal genutzt wird, war es eher schwierig den richtigen Eingang bzw. Zugang zur Ironman-Eventarena zu finden, da einerseits kaum etwas angeschrieben oder beschildert war und die Ironman-Eventzone so klein war, dass man sie ohne Probleme übersehen konnte.
Ein einsames Hinweisschild weit und breit
Nach der erst wenige Tag vor dem Event bekanntgegebenen Änderung der Radstrecke, die nun anstatt nicht wie vor Monaten beworben durch die schöne Berliner Stadt, sondern in mehreren monotonen Rundkursen zu 80% über die ehemaligen Start- und Landebahnen des Tempelhofer Flugfeldes führte, die nächste Enttäuschung: die Expo war so winzig und klein, dass man das Ironman-Merchandising Zelt noch als Highlight bezeichnen muss.
Wechselzone links mit Zielbereich in der Mitte
Beim Registrieren wurde uns dann auch noch bekanntgegeben, dass ein Abschwimmen bzw. Einschwimmen auf der Schwimmstrecke in der Spree (zum Beispiel am Vortag vor dem Rennen) nicht möglich und nicht vom Veranstalter organisiert worden sei und wir erst unmittelbar ca. 10min vor unserem Wellenstart am Wettkampftag das Wasser zum Einschwimmen betreten dürften.
„Wir sollten doch einfach mal was riskieren“, war die offizielle Auskunft einer der netten Damen am Infostand zu diesem Punkt. Genau unsere Meinung, denn nur darum bereiten wir Triathleten uns akribisch monatelang auf solch ein Event vor.
Ein kleiner Hinweis für uns, dass diese Dame noch nicht lange mit dem Triathlonsport verbunden sein konnte ;-).
Dafür wurde uns aber mitgeteilt, dass wir gerne ca. 20km entfernt am Wannsee schwimmen gehen konnten – was für eine Alternative! (Das vom Veranstaltungsort 500m entfernte öffentliche Freibad, das wir leider erst am Samstag Abend bei der Fahrt zum Einchecken entdeckten, blieb dabei allerdings vom ortskundigen Veranstaltungspersonal unerwähnt).
Diese Wunsch-Zielzeit wurde es schlussendlich leider bei Weitem nicht 😉
Wir nahmen es locker und nachdem Vera vom Yoga retour war und wir zu dritt noch einen kleinen Einkaufsbummel in der Bergmannstrasse gemacht hatten, ließen wir den Abend gemeinsam gemütlich bei vietnamnesischen Köstlichkeiten auf der Hochterrasse des Good Morning Vietnam ausklingen… von Ironman-Stimmung in der Stadt immer noch keine Spur!
Am Samstag standen für meinen Freund Dani und mich nach dem Frühstück erst einmal ein kurzes Einfahren und Lockern der Beine sowie Check unserer Räder und kurzes Abfahren der Radstrecke auf dem Programm.
Hier folgten gleich mal die nächsten bösen Überraschungen, denn das Tempelhofer Flugfeld zeigte sich nicht nur äußert windanfällig (auch für den Wettkampftag war Wind prognostiziert), sondern auch die Strecke selbst war alles andere als in gutem Zustand: so suchten wir uns den Weg zwischen zahlreichen auf den Flugbahnen liegenden Glasscherben und Bierflaschenkronenkorken sowie unzähligen Schlaglöchern und Fahrbahnrillen und bangten dabei um unsere Reifen.
Wir waren uns jedoch sicher, dass bis zum Renntag diese Umstände noch beseitigt werden würden – was auch, zumindest was die Glasscherben und meisten Bierflaschendeckel betraf, geschah.
Schließlich fuhren wir direkt zur Wettkampfbesprechung im Zielgeländebereich und lauschten gespannt den gewohnten Instruktionen vor so einem Rennen.
Vera nutzte den Tag inzwischen für einen Yoga-Marathon und besuchte insgesamt drei 90 Minuten-Klassen im Sun Yoga. Jedem das seine ;-).
Beim kurzen und lockeren Einlaufen für den Wettkampf und „Antesten“ der Wadenzerrung zeigte sich diese zwar nach wie vor etwas schmerzhaft, jedoch konnte ich zumindest ohne viel Abdruck einigermaßen laufen, was mich für den Wettkampftag zwar lauftechnisch nicht glücklich stimmte, aber zumindest einen Wettkampfantritt einigermaßen möglich machte.
Am Ende unserer Einlaufrunde durch Kreuzberg kamen Dani und ich unter anderem an einem der unzähligen trendigen Berliner Radgeschäfte vorbei, dem „Rad-Kreuz“ wo wir von fachkundigen Mitarbeitern nicht nur sehr herzlich willkommen geheißen wurden, sondern uns auch gleich die gesamten Rennrad-Studios in den hinteren Katakomben mit Stolz gezeigt wurden – mit Recht. Was man so alles in den Berliner Hinterhöfen und Kellern an Geschäften findet ist wirklich beeindruckend und sehr oft überraschend.
Aber lange Zeit zum Verweilen hatten wir nicht, denn wir mussten uns für das Einchecken in die Wechselzonen fertig und auf den Weg machen.
Das Startgelände des Ironman 70.3 Berlin liegt an der Spree in der Stralauer Allee bei der Elsenbrücke zirka 8km vom Flughafen Tempelhof, wo sich die zweite Wechselzone und das Zielgelände befanden, entfernt.
Vollgepackt mit unseren Wechselzonensäcken machten wir uns auf den Weg entlang der Wettkampfradstrecke zur Wechselzone 1 und den Startbereich – und auch hier: bis auf ein paar wenige Halteverbotsschilder, die für den Ironman aufgestellt waren, keinerlei Hinweise oder Ankündigungen einer solchen Veranstaltung, die am Folgetag hier stattfinden sollte.
Der Weg zum Startgelände war wieder voller Überraschungen: tiefes Kopfsteinpflaster über fast 150m, abgelöst von Schotterfeldern und desaströsem Asphalt – dazwischen die obligaten Glasscherben und Bierflaschendeckel. Wieder einmal bangen unsererseits um die Reifen der Räder.
Das Einchecken selbst verlief dann sehr unkompliziert, kompetent und schnell. Fachkundige und freundliche Helfer waren überall vor Ort, die sofort jedem zur Verfügung standen, dazu ein Bikeservice-Point für all diejenigen, die radtechnisch noch etwas Unterstützung oder Material benötigten.
Auch Abdeckplanen für die Räder standen für jeden zur Verfügung und das Gelände wurde bestens bewacht und gesichert.
Der Wechselbereich nach dem Schwimmaustieg am Tag davor
Nur die zur Verfügung stehenden Toiletten im Startbereich waren anzahlmäßig etwas gering gehalten und führten am Renntag zu den obligaten und gewohnten Staus davor.
Mit dem Taxi zurück in Kreuzberg gings gemeinsam mit Vera und Dani zum Carbo-Loading bei einem Italiener – natürlich in der Bergmannstrasse ;-). So waren wir für den Renntag bestens gerüstet.
Dann war er da, der Wettkampftag: pünktlich um 6 Uhr klingelte der Wecke und nach dem Wettkampffrühstück mit Honigsemmeln auf unserer Zimmerterrasse in der morgendlichen Berliner Sonne wurden Dani und ich vom Taxi zum Startgelände gebracht, während Vera sich bereit machte, um an den Wettkampfstrecken für tolle Fotos von uns zu sorgen.
Wie angekündigt war das Wetter im Vergleich zu den Vortagen mit ca. 22° etwas kühler mit leichter Bewölkung (eigentlich für einen Triathlon ideal), allerdings wehte bereits der angekündigte Wind und dieser sollte im Rennverlauf noch deutlich zunehmen.
Auch das Wasser der Spree zeigte sich etwas unruhig und von der Wasserqualität eher fragwürdig (Originalton eines Berliners: „Was!! In dieser Brühe geht ihr schwimmen??“)
Vom Veranstalter wurde jedoch zugesichert, dass die Wasserqualität mehrfach geprüft wurde und in Ordnung sei.
Kurz noch den Reifendruck optimiert und die Getränke und Gels montiert und schon starteten um Punkt 8.00 Uhr die Profis ihren Wettkampf, was wir uns live entlang der Kaimauer anschauten.
Die Stimmung: Ironman-mäßig? Nein, leider – ganz im Gegenteil. Außer den Angehörigen und Freunden der Athleten sowie den Offiziellen und Helfern verirrten sich nur ganz wenige interessierte Zuschauer in die Nähe des Schwimmstarts.
Und wenn man die Brücke voller Zuseher in Roth kennt und die sensationelle Stimmung am Schwimmstart von Kärnten, Roth, St. Pölten oder Zell am See gewohnt ist, dann war es doch etwas enttäuschend, dass die Ironman-Veranstaltung hier anscheinend wenige aus der Bevölkerung so recht zu interessieren schien.
Zumindest zeigte sich die Elsenbrücke im Startbereich etwas mehr bevölkert als an einem normalen Sonntagmorgen um diese Zeit.
Der Schwimmstart erfolgte im Wasser und die Schwimmstrecke verlief entlang der Kaimauer ca. 900m flussabwärts mit einer 180° Wende und dann wiederum 1000m flussaufwärts zum Schwimmausstieg.
Und hier zeigte sich ein weiteres Dilemma: die Schwimmstrecke war so abgesichert, dass sogar die Profis anfänglich eher kreuz und quer schwommen als auf der Ideallinie und einige komplett Verirrte sogar von den Rettungsbooten aus darauf hingewiesen werden mussten, dass sie doch schon etwas sehr weit weg von der eigentlichen Schwimmstrecke bewegten.
Allerdings hatten sie nicht den Nachteil (so wie wir) von entgegenkommenden verirrten SchwimmerInnen überrascht zu werden, die unverhofft auf der eigenen Schwimmstrecke plötzlich vor einem auftauchten.
Dieses Bild bot sich dann auch bei den darauffolgenden Wellenstarts der Frauen und Age-Grouper und wir wussten daher, dass das Schwimmen nicht nur orientierungsmäßig eine Herausforderung werden würde.
Lange Zeit darüber nachzudenken hatten Dani und ich jedoch nicht (wir starteten übrigens in derselben Startwelle um kurz nach 9.00 Uhr), machten gemeinsam unsere Aufwärmübungen, zogen die Neoprenanzüge an und begannen mit den unmittelbaren Startvorbereitungen.
Um kurz vor 9.00 Uhr war es dann soweit: wir durften in den Startbereich und dann zum allerersten Mal die letzten Minuten vor dem Start ins Wasser zum Einschwimmen. Das Wasser zeigte sich dabei auch – zumindest im Neopren – als angenehm und ich absolvierte noch ein paar kurze Schwimmsprints zum Aufwärmen.
Danach ging es ab an die Startlinie, wo ich mich diesmal ganz vorne neben Dani platzierte und nach letzten gegenseitigen Glückwünschen ging es auch schon los.
Beim Schwimmen ging es in erster Linie wie immer vor allem darum die Ideallinie zu finden, was bei dem vorherrschenden Bojen-WirrWarr (zwei parallele Bojenbahnen, wobei die Bojen durch die Wellenbewegung ordentlich bewegt wurden) nicht ganz so einfach war. Zusätzlich musste man darauf achten auf der ersten Länge von der Strömung nicht zu nahe an die Kaimauer geschwemmt zu werden.
Ich fühlte mich eigentlich sehr gut beim Schwimmen und kam auch ohne nennenswerte Probleme in einer Gruppe gut voran und konnte den Wasserschatten dieser Gruppe über viele Teile der Strecke gut für mich nutzen.
Nach dem üblichen Gerangel an der Wendeboje (zumindest weiß man dann, dass man mittendrin und nicht hintennach ist 😉 ) ging es wieder auf der Parallelbahn zurück Richtung Ausstieg was orientierungsmäßig durch die entgegenscheinende Morgensonne zusätzlich etwas erschwert wurde. Zusätzlich merkte man die deutlich vorherrschende Strömung, denn teilweise hatte ich das Gefühl auf der Stelle zu schwimmen. Die Gruppendynamik, in der ich mich nach wie vor befand, und der immer näher kommende Schwimmausstieg überzeugten mich allerdings vom Gegenteil und nachdem ich sogar einige Schwimmer der 10 Minuten vor uns gestarteten Startwelle überholen konnte, erklomm ich die Rampe des Schwimmausstiegs mit Hilfe der zahlreichen helfenden Helferhände, die mir entgegengestreckt wurden.
Zuversichtlich schaute ich auf die Uhr, denn nach meinem subjektiv eigentlich guten Schwimmen und meinen Winterschwimmtrainingseinheiten musste das ja eine neue Bestzeit sein. Doch anstelle der neuen Bestzeit wäre ich am liebsten im Boden versunken. Frustierende 45 Minuten zeigte meine Suunto Ambit 2 S an (und 2,17km, obwohl ich mir keiner groben geschwommenen Umwege bewusst war) und nur der Umstand, dass ich feststellte, dass ich mittendrin im Getümmel und nicht wie bei einer solchen Zeit zu erwarten am Schluss als einer der Letzten aus dem Wasser gestiegen war, ließ mich nicht vollkommen frustriert den Wettkampf fortsetzen.
Also ab durch die bestens organisierte Wechselzone zum Rad und dieses über fast 150m grobes Kopfsteinpflaster geschoben, das zwar gut gemeint mit einem dünnen Teppich abgedeckt war, hinauf zur Stralauer Allee wo man auf das Rad steigen durfte. Auf dem Weg dorthin allerdings hatten sich bereits meine halben Kohlenhydratgetränke für die nächsten 2,5 Stunden dank des Kopfsteinpflasters auf meinem gesamten Rad verteilt.
Durch Neukölln ging es dann mit dem Rad zum Tempelhofer Flugfeld und Kreuzberg, wo insgesamt 3 Runden mit 87,7km und insgesamt 24!!! 180°-Wenden zu absolvieren waren, die jedes Mal viel Geschwindigkeit und Kraft kosteten.
Stimmungsbild von der Radstrecke
Rein landschaftlich ist die Radstrecke kein Highlight, da man den Großteil der Radstrecke die Flughafenpisten hinauf und hinunter fährt, was mit der Zeit sehr eintönig wird. Andererseits kann man sich so eben noch besser nur auf das eigene Rennen konzentrieren, fokussieren und wird nicht durch die Landschaft unnötig abgelenkt 😉
Die Stimmung entlang der Radstrecke entsprach jener beim Schwimmen. Einige Freizeitaktivisten, die sich ihr gewohntes Erholungsgebiet durch den stattfindenden Wettkampf und die dadurch verbundenen Absperrungen nicht nehmen lassen wollten und in der Wiese grillten oder Kiteboard surften, ihre Drachen steigen ließen und Fussball spielten.
Auch verpflegungstechnisch sah es entlang der Radstrecke eher spärlich aus – eine einzige Verpflegungsstation am Beginn der ersten Landebahn.
Mit zunehmender Renndauer wurde der starke Wind vor allem am freien Flugfeld immer heftiger und drehender, sodass man sich nicht einmal sicher sein konnte nach einer Gegenwindpassage bei der Wende eine Rückenwindpassage vorzufinden.
Teilweise fuhr ich auf der kerzengeraden Strecke mit knapp 19km/h vor mich hin und hätte mein Wattmessgerät nicht den konstanten und gleichbleibenden Wert meiner Trittleistung angezeigt, ich wäre am Rad wahrscheinlich noch mehr verzweifelt.
Zwischendurch sah ich immer wieder Vera, die fleißig Fotos machte und als eine der wenigen Zuschauer in Kreuzberg am Strassenrand stand und die Athleten kräftig anfeuerte.
Nur im Bereich des Zielgeländes am Tempelhofer Flughafen wurde versucht die Stimmung mit Hilfe eines stimmgewaltigen Moderators anzupeitschen.
Einige Rettungseinsätze, teilweise herumfliegende Absperrgitter, viele Athleten mit kaputten Reifen und die stark gebogenen Fahnen im Wind zeugten von den nicht einfachen Verhältnissen auf der Radstrecke.
Zusätzlich musste man vor allem in der Kreuzberger Gegend, wo eine kleine Bergabpassage war (natürlich mit 180° Wende und darauffolgendem Retouranstieg) auf der man mit knapp 60km/h auf dem Rad dahinfuhr, auf so manchen Berliner Fussgänger aufpassen, der trotz Absperrungen und Ordner ohne zu Schauen die Wettkampfstrecke querte, was beinahe zu einigen unguten Kollisionen geführt hätte.
Doch nachdem die Berliner erst letzte Woche ein großes Radrennen in der Stadt hatten, sahen es viele Bewohner nicht ein, warum dieses Wochenende schon wieder ein „Radrennen“ stattfindet und sie nicht ihre gewohnten Wege gehen konnten. Eigentlich komisch, denn ich lernte in den letzten Tagen die Berliner als sehr offenes, entspanntes und freundliches Volk kennen und schätzen.
Nach 2 Stunden 47 Minuten erreichte ich dann die zweite Wechselzone. Brav hatte ich mich an meine selbstauferlegte Renntaktik am Rad gehalten, nämlich egal was passiert meine konstante Wattleistung über die knapp 90km zu fahren um fürs Laufen noch genügend frische Füsse zu haben, die die Wadenprobleme hoffentlich weitgehend kompensieren würden.
Ab auf die Laufstrecke und noch schnell die Pace gecheckt
Umso optimistischer wechselte ich also in die Laufschuhe und verließ das Wechselzelt nach kurzem Dixie-Besuch Richtung Laufstrecke…und siehe da: rund um das Zielgebiet, bei dem man direkt nach dem Wechsel vorbei kam, war so etwas wie Stimmung!
Insgesamt waren 3 Runden zu laufen – natürlich am Flugfeld, diesmal jedoch etwas windgünstiger gelegen.
Zwei Bands und die Ordner und Helfer entlang der Laufstrecke versuchten außerdem ebenfalls ein wenig Stimmung aufkommen zu lassen, allerdings war nur im Zielbereich zuschauermäßig etwas mehr los.
Schade eigentlich, denn die vielen AthletInnen, von denen viele sicher ihre erste Halbdistanz absolvierten, hätten sich für Ihre Leistungen an diesem Tag noch mehr Zuschauer und Interesse verdient gehabt.
Es wirkte fast so als wären außer den Angehörigen nicht wirklich viele Leute gekommen, was einfach ungewohnt ist, wenn man andere Bewerbe dieser Größenordnung kennt.
Auch entlang der Laufstrecke hielt sich das Zuschauerinteresse sehr in Grenzen
Einige Zuseher hatten es sich am Rasen gemütlich gemacht
Aber zurück zum Laufen: ich begann die ersten Meter sehr vorsichtig, um zu sehen wie meine angeschlagene Wade reagieren würde. Ich merkte sie zwar etwas, aber alles soweit im grünen Bereich, sodass ich meinen Laufspeed auf einen 4:40er Schnitt einpendelte. Ich fühlte mich gut und frisch genug und auch die Wade schien zu halten.
Der abschließende Halbmarathon würde jetzt mein Teil dieses Rennens werden. Ich checke meine Lauftechnik und lief optimistisch vor mich hin und auch Dani sah ich auf der Laufstrecke in diesem Rennen zum ersten Mal als er mir (als deutlich stärkerer Radfahrer als ich) mit ca. 4 km Vorsprung auf der Gegenschleife entgegenkam. Wir gaben uns gegenseitig kurz zu verstehen, dass es bei uns beiden zu dem Zeitpunkt in Sachen Laufen rund lief.
Genau bis kurz nach Kilometer 3, denn da gab es mir einen höllischen Stich in meine angeschlagene Wade und von einer Sekunde auf die nächste sah die Sache leider komplett anders aus. An ein Laufen war kaum mehr zu denken, aufgeben wollte ich allerdings auch nicht und notfalls den Halbmarathon zu Ende gehen.
Ich versuchte also leicht verzweifelt eine halbwegs ertragbare Laufbewegung zu eruieren und wechselte in eine ziemlich unästhetische Lauf-Humpel-Watschel-Technik im 6:20er Tempo, bei dem die Schmerzen am Erträglichsten waren.
Knapp 18 endlose Kilometer lagen noch vor mir, aber ich versuchte einfach nur von Runde zu Runde zu denken und mich auf etwas anderes zu konzentrieren als auf meine Schmerzen in der Wade.
Vera, die am Streckenrand immer wieder Fotos machte, munterte mich auf und motivierte mich jedes Mal aufs Neue, dass das Ziel Schritt für Schritt näher kam. Beim Blick auf meine Pulswerte kam ich dann aber der Verzweiflung nahe: im Regenerationsbereich quälte ich mich über die Laufstrecke.
Kurz bei KM 17 noch meine obligatorischen Magenkrämpfe mit darauffolgendem entsprechenden mehrminütigem Dixie-Besuch und dann war ich endlich im Ziel.
Die Zähne zusammengebissen um wenigstens auf den letzten 100m der Finishline ein zumindest laufähnliches Bild abzugeben (schließlich will man ja auch ein entsprechendes Finisherfoto ;-)).
Vera und Dani, der schon einige Zeit im Ziel war, feuerten mich auf den letzten Metern am Finisher-Teppich an und dann war der Kampf zu Ende.
Nach endlosen 2:08 Minuten (sic!) hatte ich den Halbmarathon absolviert – so langsam wie noch nie, nicht einmal im lockeren Training war ich diese Zeit gelaufen.
Die Endzeit von 5 Stunden und 46 Minuten lag damit auch deutliche 31 Minuten hinter der angepeilten Wunschzeit. Dennoch war ich nicht enttäuscht, denn trotz allem hatte ich mich durchgekämpft und ein DNF vermieden – zumindest eine Art von Erfolg an diesem Tag (auch wenn mir ein anderer Erfolg lieber gewesen wäre ;-)).
Der ungläubige Blick hinauf auf die Anzeigetafel und die Endzeit
Direkt nach dem Zieleinlauf ging es weiter: Medaille umgehängt und jede Menge Soletti geschnappt und Richtung Vera und Dani gehumpelt, die mich bereits am Ausgang erwarteten.
Nach dem Wettkampf ist vor dem Wettkampf – das nächste Mal kann es nur besser werden
Vera – unsere Fotografin und mein Coach am Renntag
Nach einer kurzen Rast und einer ersten Analyse in der Wiese des Tempelhofer Flughafens holten wir unsere Wechselbeutel ab, checkten unsere Räder aus und machten uns auf den Heimweg ins Hotel.
Geschafft – Dani und ich auf dem Weg zurück ins Hotel
Dort wurde erstmal relaxt und danach begann unser gemeinsamer kulinarischer Abschlussabend durch die Berliner Lokalitäten.
Gemeinsam mit Vera und Dani humpelte ich von Lokal zu Lokal und füllte meine leeren Kohlenhydratspeicher mit köstlicher italienischer Pasta, vietnamesischen Rolls, einer Currywurst mit Pommes rot/weiß bei Curry 36 (auch wenn ich sonst kein Fan von solchen Gerichten bin, aber das muss man dort in Berlin einfach gegessen haben, sonst war man nicht in Berlin – dort gibt es übrigens auch eine Bio-Wurst), einem Kuchen im Cafe Milchschaum (sehr empfehlenswert!) und abschließendem italienischen Eis.
Und dann war er auch schon da, der Tag des Abschieds aus Berlin und von unserem Freund Dani. Auch wenn das Rennen nicht wie erhofft verlaufen war, waren es vier wunderschöne Tage mit einem für mich sicherlich unvergesslichen Wettkampf und einem guten Gefühl, eine tolle Stadt mit meist bemerkenswert angenehm relaxten Menschen besucht zu haben.
Ob die Ironmanveranstaltung in diesem Format in Berlin eine Zukunft hat, wird man sehen, allerdings sind dafür sicherlich einige wesentliche organisatorische Optimierungen und mehr Begeisterung der Bevölkerung notwendig.
Ich werde auf jeden Fall zurückkommen – wenn auch nicht zum Ironman 70.3 , sondern in den nächsten Jahren zum größten Sportereignis in Berlin: dem Berlin Marathon.
Ich freu mich auf jeden Fall drauf … und auf die Berliner, das Hotel Sarotti-Höfe, das Good Morning Vietnam, ach… einfach alles dort!
Euer Doc Tom
[…] wir in Berlin im Good Morning Vietnam essen waren, hatten Doc Tom, Dani und ich dort quasi ein Standardgetränk: […]
Super gekämpft! Herzlichen Glückwunsch. Toll, dass du dich da durchgequält hast. Hoffentlich hast du dich bzw. ihr euch schon wieder erholt.
Schöne Eindrücke habt ihr nicht nur vom Ironman sondern auch von der Stadt eingefangen. Vieles kannte ich selbst als Berlinerin noch nicht, deshalb für mich ebenfalls sehr interessant zu lesen.
Ich werde mit Sicherheit demnächst das Restaurant und das Yogastudio ausprobieren.
Vielen Dank für die netten Worte! 🙂 Ja, das Restaurant und das Studio können wir wirklich empfehlen (uns geht es übrigens gleich, in der eigenen Stadt gibt es immer so viele Möglichkeiten und man kommt nicht mal annähernd dazu, alle auszuschöpfen… ;-)).
Herzlichen Glückwunsch und Respekt auch zu deiner tollen Leistung bei dem Wettkampf! Vielleicht sehen wir uns ja mal demnächst bei einem Bewerb wieder? 🙂 Liebe Grüße aus Wien, Vera & Doc Tom
[…] scheint die Informationspolitik des Veranstalters ausbaufähig zu sein – wie man auch im Rennbericht der Gesundheitsexperten lesen kann. Die in der Stadt doch immer gut informierten Taxifahrer wussten nichts von dieser […]
[…] wurden in mir die Erinnerungen über die endlosen Kilometer auf den Landebahnen des Flughafens beim Ironman 70.3 in Berlin 2013 wach und ich freute mich sehr, den Flughafen diesmal von einer anderen Seite kennenlernen zu […]