Wir tun es alle und zwar nicht minuten-, sondern stundenlang am Tag. Sitzen ist mehr als normal geworden. So normal, dass wir das auch durchschnittlich schon mal zehn bis 15 Stunden täglich machen. Klingt viel? Wenn man bedenkt, dass man am Frühstückstisch, auf dem Weg zur Arbeit (selbst am Fahrrad), im Büro und abends auf der Couch sitzt, dann wundert einen die Stundenanzahl gleich nicht mehr.
Welche Folgen diese Dauersitzerei mit sich bringt, ist zudem beachtlich: Verspannungen, Rückenschmerzen, eine schlechte Haltung und schlaffe, müde Muskeln sind da noch das geringste Problem, auch wenn diese Symptome die ersten sind, die wir wahrnehmen. Mittlerweile weiß man, dass sämtliche Fett- und Stoffwechsel-Erkrankungen wie zB Diabetes auch mit stundenlangem Sitzen ohne Unterbrechung in Zusammenhang stehen. Selbst Sportler, die abends nach der Arbeit oder morgens davor noch eine Runde Training unterbringen, können sich hier über keinen wirklichen Effekt freuen, denn sämtlichen Studien zufolge geht es v.a. um eines: Wer dauersitzt, schadet seiner Gesundheit, ob Sportler oder nicht. Des Rätsels Lösung kann daher nur lauten: Öfter aufstehen und Sitz-Unterbrechungen einbauen, am besten alle 45 Minuten. Bewegung in den „Sitzalltag“ einfließen lassen und diesen so durchbrechen und v.a. Bewusstsein schaffen dafür, dass Sitzen zwar kulturell bei uns absolut anerkannt ist, aber es deshalb nicht automatisch gesund oder weniger problematisch wird.
Umso besser, dass es immer mehr Artikel und Bücher rund um dieses Thema gibt. Eines davon ist das kürzlich erschienene Wer länger sitzt, ist früher tot* von Frank Thömmes**, welches gute Tipps und Möglichkeiten aufzeigt, wie man das Vielsitzen selbst im Büroalltag ein bisschen eindämmen kann. Hier spielen v.a. einfache Übungen und Faszienausrollen eine wichtige Rolle. Dabei geht es nicht nur um Beweglich- und Geschmeidigkeit, sondern auch darum, das Gewebe zu stimulieren, Muskeln zu kräftigen und den Stoffwechsel anzuregen, was wiederum zur Vorbeugung von bestimmten chronischen Stoffwechselerkrankungen sinnvoll ist. Alle Übungen sind dabei einfach auszuführen und bürotauglich. Und auch sonst liest sich das Buch sehr gut, ohne zu dramatisieren, aber dennoch kritisch geschrieben, denn wer weiß, wohin uns dieses Dauersitzen unserer Gesellschaft in ein paar Jahrzehnten noch führt, wenn wir so weitermachen.
Was du tun kannst
Überleg dir einmal, wieviel du am Tag eigentlich sitzt. Vom Aufstehen bis zum Schlafengehen. Gibt es in deinem Arbeitsalltag immer wieder Unterbrechungen vom Dauersitzen oder nur sehr wenige? Wie lange sitzt du phasenweise ohne Unterbrechung? Wie fühlst du dich an einem „normalen“ Tag? Was machst du zwischendurch, um dich besser zu fühlen, falls Verspannungen, Kopfschmerzen & Co auftreten?
Gerade Kopfschmerzen hängen oft mit einer stark verspannten Nackenmuskulatur zusammen. Diese wiederum gerne mit dem Kiefergelenk und den Zähnen. Auch angestrengtes Lesen durch Fehlsichtigkeit kann zu Nackenverspannungen und damit wiederum zu Kopfschmerzen führen. Hier ist es also wichtig, einerseits seine Augen kontrollieren zu lassen und andererseits die Nackenmuskulatur und das Kiefer zu entspannen, bei letzterem kann man sich im Alltag immer wieder daran erinnern locker zu lassen, denn meist spannen wir untertags unbewusst an.
Dehnen der Schulter- und Nackenpartie (zB wie es Esther von Ekhard Yoga in diesem Video zeigt) hilft ebenfalls sehr gut. Auch gut ist viel stilles Wasser und die Einnahme eines hochwertigen Magnesiums, wie es auch bei Migräne Therapien erfolgreich gemacht wird. Dieses hilft dabei, die Muskulatur zu lockern. Wir haben hier zu unserem Smooth Operator Magnesium Citrat sehr gute Rückmeldungen bekommen.
Darüber hinaus sind auch Wärme und Massagen lindernd, aber diese beheben die eigentliche Ursache natürlich nicht. Daher ist es am besten, wenn man beim Kern ansetzt, nämlich dem Sitzen mit Unterbrechungen und leichter Bewegung zwischendurch an den Kragen zu gehen.
Diese Bewegung kann sein:
- Mobility Übungen und wenn es „nur“ das Kreisen von Schultern, Armen, Hüften, Hand- und Fußgelenken ist
- Faszientraining – Viele meiner Klienten haben eine Rolle und/oder einen Ball in ihrem Büro, um zwischendurch zu rollen. Sehr effektiv ist v.a. das Ausrollen der Fußsohle (der Plantarfaszie) mit einer Minirolle* oder einem Ball*, da man damit die gesamte Körperrückseite stimuliert, da sich diese Faszie über die Rückseite bis nach vorne zu unseren Augenbrauen spannt. Somit wird auch die vielfach beleidigte Lendenfaszie indirekt mitstimuliert. Außerdem können Minirolle und Ball auch für Hände und Arme verwendet werden, der Ball zusätzlich auch für den Brust und Rückenbereich.
- Leichtes kräftigendes Training, gerne auch mit Minitools wie dem hochpraktischen Miniband*. Geeignete Übungen damit werden in Wer länger sitzt, ist früher tot* gut dargestellt und erklärt, genauso wie Faszienausrollen und Dehnübungen.
- Leichtes Trampolin Training – Ich werde nicht müde vorzuschlagen, dass es in Büros hochwertige Swing Minitrampoline* geben sollte, einfach deshalb, weil man diese schnell und unkompliziert ohne Umziehen nutzen kann ohne groß zu schwitzen, wenn man das nicht möchte, da man die Intensität gut dosieren kann und für die Wirbelsäule und Bandscheiben sowie zur Lymphdrainage bereits ein Schwingen und Federn ausreicht. Sensationell wären auch Klimmzugstangen. Nicht nur für Klimmzüge, sondern auch für Jedermann/frau zum Aushängen. Denn unsere Wirbelsäule liebt es, wenn ihre Wirbelkörper Raum bekommen und diese bekommen sie, wenn man sich mit den Armen an eine Stange hängt und den Körper durch die Schwerkraft nach unten ziehen lässt. Das mögen auch angeschlagene Bandscheiben.
- Dehnen und/oder Yoga. Ob Büroyoga wie in diesem Video, welches ich Klienten seit Jahren gerne empfehle, auch wenn es schon ein älteres Video ist, oder zwei, drei Übungen, die einem besonders gut tun (und die auch immer mal wieder wechseln können).
- Treppensteigen statt den Lift nehmen, die KollegInnen nicht anrufen, sondern in deren Büro gehen, einen Spaziergang zur Mittagszeit einlegen und viel trinken (was wiederum für Toilettenpausen sorgt, für welche man auch aufstehen und zu den Toiletten gehen muss) – All diese Klassiker haben natürlich auch ihre absolute Sinnhaftigkeit und sind nur zu empfehlen.
Und natürlich helfen auch Steharbeitsplätze, wenn man diese entsprechend einrichtet und nicht von heute auf morgen, sondern langsam dazu wechselt, damit sich der Körper daran gewöhnen kann. Hierzu findet man in Dr. Kelly Starrett’s Buch** Sitzen ist das neue Rauchen* sehr gute Anleitungen. Dieser ist übrigens zusammen mit seiner Frau hochaktiv, wenn es darum geht, etwas an unserer Sitzgesellschaft zu verändern und engagiert sich auch viel in Schulen und für Kinder. Und genau da muss man ansetzen, denn unsere Kinder werden bereits in jungen Jahren darauf getrimmt, auf einem Stuhl festzusitzen. Da wir alle wissen, dass Kinder von ihren Eltern und anderen wichtigen Bezugspersonen lernen und sich Verhaltensweisen abschauen, ist es umso wichtiger, ihnen vorzuleben, aktiv zu sein und sie spüren zu lassen, dass Aktivität Spaß macht (oder sich von ihrer Energie und Begeisterung dafür mitreißen lassen 😉 ). Dabei gilt auch: Weg mit dem Handy, denn der Hauptgrund weshalb dieses sogar bereits für Kleinkinder so interessant ist, ist jener, dass wir unser Handy selbst dauernd in der Hand haben. Schenken wir ihnen doch lieber unsere ungeteilte Aufmerksamkeit und keine schlechten Gewohnheiten 😉 .
Natürlich macht Sport und Bewegung neben den genannten kleinen, bewegten Sessions als Sitz-Unterbrechung zusätzlich absolut Sinn. V.a. Krafttraining ist sehr zu empfehlen, da dieses wesentliche Muskeln kräftigt und auch auf den Stoffwechsel einwirkt. Dabei sollte man v.a. auch ein Augenmerk auf die Stärkung der Gesäß- und Rumpfmuskulatur legen, da diese zur Vorbeugung von Rückenschmerzen besonders wichtig sind.
Auch Spaziergehen mit aktiven mitschwingenden Armen ist eine sehr gute Möglichkeit für eine niederintensive Ausdauerbelastung und zusätzlich auch sehr gut für den Rücken. Ein Tipp beim Abwärtsgehen, da dieses manchmal zu Beschwerden in der Lendenwirbelsäule sorgt: Achte dabei auf Stabilität im Rumpf, indem du den Bauchnabel leicht nach Innen ziehst und bewusst kleine Schritte machst.
Aber auch Schwimmen, Laufen, Rudern, im Winter Langlaufen oder andere Ausdauersportarten wie Fitnesskurse, genauso wie Pilates, intensives Yoga & Co können eine gute Ergänzung sein. Dabei es vor allem um eines: Regelmäßigkeit.
Bleib in Bewegung
An dieser Stelle möchte ich außerdem auch erwähnen, dass sich viele vor „zu viel“ Bewegung fürchten, weil dies schlecht sein könnte. Das wäre aber nur dann der Fall, wenn man wirklich sehr viel macht, im Sinne von sehr viel Umfang oder sehr hohe Intensität ohne entsprechende Regenerationszeit dazwischen. Wie schnell jemand regeneriert ist individuell, aber grob gesprochen kann man sagen, dass zwei, drei Krafteinheiten pro Wochen sowie tägliche Mobilisierungsübungen, Faszienarbeit, Yoga und Spazierengehen kein Übertraining auslösen werden. Unser Körper ist für Bewegung gemacht, d.h. er nimmt mehr Schaden, wenn er keine bekommt und wenn man sich zu Tode schont (oder sitzt), als wenn man ihn nutzt und täglich bewegt. D.h. nicht, dass es 120 Lauf-Kilometer pro Woche sein müssen, v.a. wenn man umfangreiches Laufen nicht gewohnt ist und viel zu schnell steigert. Aber gleichzeitig muss man keine Angst haben, dass tägliche, abwechslungsreiche Bewegung schlecht sein könnten, solange man intensive oder sehr umfangreiche Einheiten so abstimmt, dass es mit eigenen Regenerationsfähigkeit übereinstimmt 😉 .
In diesem Sinne hoffe ich, dass wir alle gemeinsam mehr Bewusstsein zum Thema Sitzen schaffen können und zwar indem wir bei uns selbst anfangen. Öfter aufstehen, öfter kleine, sinnvolle Pausen statt sinnlose Pausen, kleine Übungen zwischendurch und einfach bewusster damit umgehen, wann man eigentlich im Alltag sitzt und ob das immer notwendig ist.
Auf neue Sitz- und Nicht-Sitz-Gewohnheiten! 🙂
Vera