Im heutigen Interview geht es um Kieferorthopädie: Dr. Lisa Pittschieler führt ihre eigene Praxis im 1. Bezirk in Wien – und ist nebenbei erwähnt auch meine frühere Sitzbanknachbarin während unserer Gymnasial-Zeit in Lienz 🙂 .
Von daher kann ich bezeugen: Lisa war und ist sehr genau, sehr strebsam (ja, wir waren die zwei in der ersten Reihe ganz vorne 😛 ), sehr lernfreudig und immer fundiert. Kurzum: Jemand, bei dem man sich in sehr guten Händen wiegen kann, denn sie scheut keine Extrameter, wenn es darum geht, stets dazuzulernen und so das Beste für ihre Patienten herauszuholen.
Wir kooperieren deshalb auch hier in Wien mit unseren Praxen, falls ihr also jemanden sucht, der mit Zahnspangen versiert oder mit Kiefergelenksbehandlungen erfahren ist, dann kann ich euch ihre Adresse nur empfehlen.
Was Lisa genau macht, wie man Kieferorthopäde/in wird und vieles weitere mehr, erfahrt ihr in diesem Interview .
Vera: Liebe Lisa, danke, dass du dir für dieses Interview Zeit genommen hast. Ich denke für unsere Leserinnen und Leser ist es sehr spannend, einmal Einblicke in den Berufsalltag einer Kieferorthopädin zu erhalten. Was macht ein Kieferorthopäde und was ist der Unterschied zu einem klassischen Zahnarzt?
Dr. Lisa Pittschieler: Liebe Vera, danke für Deine Einladung zu dem Interview. Ich finde echt super, dass ihr verschiedene Beiträge und Themen bringt und freu mich natürlich sehr, ein kleiner Teil davon zu sein. Zum Thema Kieferorthopädie: Das heißt, dass ein Zahnarzt auf Zahnspangen spezialisiert ist. Da es ähnlich klingt wie „Kieferchirurgie“ wird es oft damit verwechselt, bei uns geht aber gottseidank alles recht entspannt und schmerzfrei zu. Es geht darum, mit einer Zahnspange die Zähne und den Biss gerade zu behandeln.
Welche verschiedenen Möglichkeiten von Zahnspangen gibt es eigentlich? Und was sind die Unterschiede zwischen Regulierungen für Kinder und jenen für Erwachsene?
Zahnspangen gibt es total viele verschiedene. Die klassische silberne, bei die sogenannten „Brackets“ an die Außenseite der Zähne geklebt werden, kennt glaube ich fast jeder. Vor allem für Erwachsene gibt es auch ästhetischere Varianten, z. B. weiße Keramikbrackets oder silberne Brackets, die an der Innenfläche der Zähne angeklebt werden. Generell gilt, dass fixe Zahnspangen erst bei bleibenden Zähnen verwendet werden. Vorher gibt es vor allem für Kinder die sogenannten herausnehmbaren Zahnspangen. Da gibt es auch viele individuelle Möglichkeiten, je nach Fehlstellung der Zähne oder des Kiefers beim Kind.
Du bietest auch Kiefergelenksbehandlungen mit Entspannungsschienen an. Wie funktioniert das genau und wann ist das sinnvoll?
Ja genau, das ist mein zweites „Steckenpferd“. Die meisten Patienten, die zu mir kommen, haben Symptome wie Knacken oder Schmerzen im Kiefergelenk. Das kommt meist von verspannten Kaumuskeln und kann auch mit einem schiefen Biss, Stress etc. zusammenhängen. Die Symptome gehen dann teilweise über den Kiefer hinaus und äußern sich als Spannungskopfschmerz oder Nackenverspannungen. Die Schienen, die ich mache, nennen sich Myozentrikschienen. Das sind ganz besondere Beißschienen. Sie werden erst nach Vortherapie der verspannten Muskulatur (Osteopathie, physikalische Therapie etc.) und bei aufrechter Wirbelsäule angefertigt. Darüber können die Kaumuskeln dann endlich entspannen und die Beschwerden werden meist deutlich besser.
Für alle jungen Leserinnen und Leser, die sich jetzt denken, das klingt nach einer interessanten Arbeit: Wie wird man Kieferorthopädin und welche Aus- und Weiterbildungen, auch komplementärmedizinischer Art, hast du absolviert?
Also meine schulmedizinischen „Grundausbildungen“ beinhalten als Basis das Zahnmedizinstudium (6 Jahre), das hab ich in München gemacht. Und dann kommt die Fachausbildung für Zahnspangen, die hab ich an der Universitätszahnklinik Wien unter Prof. Bantleon (3 Jahre) absolviert. Wobei ich dann noch 2 Jahre länger an der Uni geblieben bin und in Deutschland die Fachzahnarztprüfung für Kieferorthopädie gemacht habe. Das heißt, dafür ist man grundsätzlich schon einmal mindestens 9 Jahre unterwegs.
Meine Komplementärmedizinischen Ausbildungen habe ich dann begleitend zur Fachausbildung für Zahnspangen gemacht und mir recht viel angeschaut. Eine der ersten Ausbildungen war die Zusatzausbildung für Myozentrik (neuromuskuläre Zahnheilkunde), danach Neuromuskuläre Therapie, mich hat nämlich auch interessiert, was Therapeuten mit den Muskeln und ihren Faszien so machen können. In der Posturologie (Haltungsmedizin) hab ich dazugelernt, wie unser Bewegungssystem gesteuert wird und funktioniert. Danach noch als „große Punkte“ das Diplom der Österreichischen Ärztekammer für Neuraltherapie und als letzte zwei Highlights die Schmerztherapieausbildung nach Liebscher und Bracht und die Faszienyoga-Trainer-Ausbildung. Die nächsten Ausbildungen hab ich schon im Auge, es macht einfach unfassbar viel Spaß, im gesamten menschlichen System zu arbeiten. Ich hoffe, es hört nie auf, spannend zu bleiben!
Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei dir aus?
Aufstehen, Zähneputzen,… nein, im Ernst: In der Früh hab ich immer kurz Zeit für die lieben bürokratischen Tätigkeiten. Am Vormittag hab ich dann oft die Kiefergelenksbehandlungen (Myozentrikschiene) und am Nachmittag nach einem gesunden Mittagessen schwerpunktmäßig meine Zahnspangenpatienten.
Was ist dir bei deiner Arbeit besonders wichtig?
Wirklich am Herz liegt mir, den ganzen Menschen im Blick zu haben, nicht nur seine Zähne. Und das Gute bei mir ist, glaube ich, dass ich meine Patienten sehr gut verstehe: Schließlich habe ich ja selber alle möglichen Arten von Zahnspangen im Mund gehabt und Beißschienen getragen. Dieser Blickwinkel ist unvergleichbar. 😊
Wann hast du für dich damals beschlossen, dass die Kieferorthopädie dein Fachgebiet werden soll?
Beschlossen eigentlich gar nicht, es hat sich so ergeben. Das Fach hat mir beim Studium in München schon immer viel Spaß gemacht und wir hatten eine superliebe Professorin (Prof. Rudzki-Janson), die das Feuer am Zähneverschieben entfacht hat. Mein Examen war dann recht gut und ich hab ein Empfehlungsschreiben für die Uni Wien bekommen. Und Prof. Bantleon hat mich gleich in sein Ausbildungsprogramm aufgenommen. Auch ihm verdanke ich viel, da er immer offen für Neues war und uns „Youngsters“ vieles ausprobieren hat lassen.
Welchen Beruf hättest du dir abseits von einem zahnmedizinischen vorstellen können?
Am ehesten etwas mit Bewegung, Natur und Tieren. Konkret als Beruf kann ich Dir fast keinen nenne, einfach aus dem Grund, weil ich das für mich Richtige ja schon gefunden habe. Du kennst ja auch unsere gemeinsamen Jugendjahre in Osttirol mit viel Zeit draußen, das war schon toll und auch prägend für mich.
Wie kannst du in deiner Freizeit am besten entspannen?
Eben genau in der Natur. Am besten am Berg oder im Wald. Und einfach einmal Zeit zum Innehalten haben und auch einmal nicht erreichbar sein. Unter der Woche in Wien gehe ich mindestens einmal in eine Yoga Stunde und auch Klettern. Dabei bekommt man den Kopf auch so herrlich frei und hat nachher noch mehr Energie.
Liebe Lisa, herzlichen Dank für deine Zeit und das Interview 🙂 .
Mehr Informationen über Lisa findet ihr auf ihrer Website, Facebook und YouTube.
Alles Liebe,
Vera
Bei meinem Kind soll eventuell eine Zahnspange eingesetzt werden und wir haben einen Termin bei einem Kieferorthopäden. Mir war gar nicht bewusst, dass so eine feste Zahnspange erst eingesetzt wird, wenn die bleibenden Zähne vorhanden sind. Ich werde das auf jeden Fall nochmal genauer mit dem Arzt besprechen, da mein Kind noch einen Milchzahn hat. Vielen Dank für die Infos.