
Dr. med. Anna Reuter ist Ärztin für Allgemeinmedizin und Wahlärztin in der Praxisgemeinschaft Arthromed, Mutter von zwei sehr lieben Kindern, Ehefrau eines Unfallchirurgen und Orthopäden sowie Hundebesitzerin einer süßen Labrador Hündin. Da wir uns erst jüngst bei einem Abendessen über die Problematik rund um das Thema Eisenmangel unterhalten haben, dachte ich mir, das wäre sicherlich auch für viele unserer Blog Leserinnen und Leser interessant und habe Anna, die sich beruflich viel mit Eisenmangel und dessen Behebung beschäftigt, daher zum Interview gebeten. Viel Spaß beim Lesen! 🙂
Vera: Liebe Anna, danke, dass du dir Zeit für dieses Interview nimmst. Unser heutiges Thema ist eines, welches viele Menschen betrifft, nämlich Eisenmangel. Was ist die Funktion von Eisen in unserem Körper und warum ist es für uns Menschen so wichtig?
Dr. Anna Reuter: Sehr gerne. Eisenmangel ist tatsächlich ein großes Thema, das sehe ich so gut wie täglich in meiner Ordination als Allgemeinmedizinerin. Eine der Hauptaufgaben von Eisen ist die Versorgung der Organe mit Sauerstoff und somit die Energiebereitstellung. Eisen ist aber auch für die Kollagensynthese sowie für die Bereitstellung der Schilddrüsenhormone verantwortlich, welche wiederum auch stark auf unseren Körper und unser Wohlbefinden wirken. Und auch die Vitamin D Synthese ist an das Eisen gekoppelt. Kurzum: Wenn man sich gut fühlen will, ist Eisen ein wichtiger Faktor.
Wer ist am häufigsten von einem Eisenmangel betroffen und wie kann man das am besten feststellen lassen?
Prinzipiell sind mehr Frauen als Männer davon betroffen, aber auch ältere Menschen und immer wieder auch Kinder. Leider wird viel zu selten ein genauer Laborstatus erhoben. Wenn überhaupt, dann wird nur der Wert Eisen an sich bestimmt. Wenn dieser sich dann im Normbereich befindet, wird das als in Ordnung abgehakt. Um aber einen wirklich verlässlichen Eisenstatus zu bekommen, bedarf es einiger Parameter mehr: Man braucht ein komplettes Blutbild, inklusive Transferrin, Transferrinsättigung sowie Ferritin (Speichereisen). Weiters sollte unbedingt der sogenannte CRP Wert ermittelt werden, ein Entzündungsmarker.
Alle diese Parameter müssen im Hinblick auf einen eventuellen Eisenmangel berücksichtigt werden. Driften beispielsweise die Parameter Transferrin und Transferrinsättigung auseinander, ist das meistens ein guter Hinweis auf einen Eisenmangel. Diese Konstellation schaut dann folgendermaßen aus: Die Sättigung geht runter, das Transferrin rauf. Man kann sich unseren Körper hier wie geschäftstüchtiges Unternehmen vorstellen: Bei dem Transferrin handelt es sich um ein Transportprotein, quasi wie ein Taxi. Merkt der Körper, dass er warum auch immer zu wenig Eisen hat, erweitert er sofort die Anzahl der Fahrgelegenheiten, daher steigt auch kompensatorisch der Transferrinwert. Aber da nach wie vor zu wenig Speichereisen (Ferritin) vorhanden ist, können diese Taxis nicht besetzt werden, was dazu führt, dass die Sättigung sinkt.
Ab wann spricht man von einem eindeutigen Mangel?
Von einem schweren bzw. ausgeprägten Mangel spricht man bei einer zusätzlich bestehenden Anämie (Anmerkung: Einer Blutarmut durch einen Mangel an rotem Blutfarbstoff (Hämoglobin) oder roten Blutkörperchen (Erythrozyten) im Blut bzw. eine Verminderung des Hämatokrits (Verhältnis des Volumens der Blutzellen zum Blutgesamtvolumen).
Der Referenzwert für Ferritin ist übrigens von Labor zu Labor unterschiedlich, meistens jedoch irgendwo zwischen 15-150 angegeben. Leider wird der Befund aber oft schon bei einem Ferritinwert von 16 als unauffällig, weil im Normbereich, gedeutet. Meiner Meinung und Erfahrung nach sollte dieser Wert aber optimalerweise vielmehr zwischen 70 und 100 liegen, bei sehr aktiven Menschen und Sportlern ruhig noch höher. Es gibt aber auch Patienten, die sich bereits bei einem Wert von 50 recht wohl fühlen, dagegen geben manche Sportler an, dass sie es noch bei 100 in Form von Kurzatmigkeit spüren. Hier gibt es also ehrlicherweise keine feste Angabe. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass die Patienten recht schnell ihren persönlichen Wohlfühlwert herausfinden. Generell finde ich persönlich, dass ein Ferritin von unter 40 auf jeden Fall behandelt werden sollte.
Abgesehen vom Blutbefund: In welchen Symptomen zeigt sich demnach ein Eisenmangel?
Klassische Anzeichen für einen Mangel sind beispielsweise Müdigkeit, brüchige Nägel, Haarausfall, Kurzatmigkeit vor allem beim Sport, eine herabgesetzte Konzentration, immer wiederkehrende Infekte, Schlafstörungen und Depressionen.
Ist deiner Meinung nach etwas dran, dass wir Frauen öfter einen Eisenmangel haben, weil wir menstruieren und so mehr Blut verlieren?
Natürlich kann die Menstruation ein Grund sein und noch dazu ein sehr beliebter, damit man es der Patientin leichter erklären kann, aber aus meiner Sicht müssten wir Frauen im gebärfähigen Alter dann doch fast alle betroffen sein, zumindest mehr oder weniger, daher sehe ich das nicht als „den“ Grund an, sofern man nicht von extrem starken Blutungen betroffen ist.
Was sind aus deiner Sicht die Hauptfaktoren für einen Mangel?
Ein sehr wichtiger Grund ist sicherlich die Darmbarriere. Die Eisenresorption, also die Aufnahme von Eisen kann nicht besonders erfolgreich sein, wenn der Darm uns so zu sagen im Weg steht, weil er zB fehlb