Es freut uns, euch heute ein Interview mit Dr. Till Sukopp, seines Zeichens Diplom-Sportwissenschaftler inklusive Promotion auf dem Fachgebiet der Sportmedizin an der Deutschen Sporthochschule Köln, präsentieren zu können. Dr. Sukopp ist Geschäftsführer der Health Conception GmbH in Köln und international anerkannter Experte im Bereich Functional Training. Spezialisiert auf Kettlebell und Sandbag-Training gehört er auch zu den Top-Ausbildnern auf diesem Gebiet.
Vera: Du hast an der renommierten Sporthochschule Köln in Sportwissenschaften promoviert. Warum hast du dich damals entschieden, diese Studienrichtung einzuschlagen?
Dr. Till Sukopp: Während des Abiturs hat mich der Bereich „Sport und Gesundheit“ am meisten interessiert. Eigentlich habe ich zu der Zeit fast jeden Tag trainiert und/oder Training gegeben. Es hat mir viel Spaß gemacht, zu sehen, wie ich anderen Menschen dabei helfen konnte, ihre Bewegungsfähigkeiten, die Fitness und die Gesundheit zu verbessern. Außerdem wollte ich immer verstehen, warum was wie gemacht werden sollte, um bessere bzw. schnellere Ergebnisse zu erzielen. Das wollte ich auszubauen. Daher gab es aus meiner Sicht damals wenig Alternativen zur Sporthochschule Köln.
Was hat dich daran gereizt, dich auf diesem Gebiet selbständig zu machen?
So hatte ich die Möglichkeit, mich freier entfalten und mir die Zeit selbst einteilen zu können. Die mit der Selbständigkeit verbundenen Risiken habe ich in Kauf genommen, um meiner Leidenschaft besser nachgehen zu können.
Du bist ein großer Verfechter von Training als Medizin. Wie überzeugst du deine Klienten von der Wichtigkeit der Bewegung?
Ich habe mich vor einigen Jahren dazu entschieden, keinen mehr überzeugen zu wollen. Wer es nicht möchte oder einfach noch unmotiviert ist, dem kann man auch kaum helfen. Das würde zu viel Energie verschwenden, die ich sinnvoller in die Motivierten investieren kann. Klingt hart, ist aber letztendlich so. Es gibt die Zitate „Sog ist besser als Druck“ oder „Ein Seil kann man nicht schieben, man muss es ziehen.“ So mache ich es. Ich versuche die Vorzüge einer gesunden Lebensweise vorzuleben und anhand von Ergebnissen anderer (z. B. von meinen Klienten) aufzuzeigen, was alles mit relativ geringem Zeitaufwand möglich ist. Wer sich davon angezogen fühlt, bekommt eventuell mehr Motivation und den anderen kann ich leider nicht helfen. Nur beschweren sollte sich keiner über seinen körperlichen Zustand, denn den hat man vor allem selbst in der Hand (über Gedankenhygiene, Ernährung und Bewegung).
Nachdem es sicherlich viele LeserInnen interessiert: wo und wie kann man mit dir trainieren? Wie sieht Personal Training bei dir aus?
Aus zeitlichen Gründen biete ich kein regelmäßiges Personal Training mehr an, außer für meine bestehenden Klienten oder vereinzelte Coachings (Training an der langen Leine). Um mehr Menschen helfen zu können, konzentriere ich mich auf die Ausbildung von Trainern und biete zusammen mit meinen Trainern verschiedene Seminare für Einsteiger und Fortgeschrittene an. Da lernen die Teilnehmer wie sie im Anschluss selbständig trainieren können (z. B. mit Kettlebells, Sandbags oder ohne Hilfsmittel, mehr Infos dazu hier ). Zusätzlich habe ich in meiner Kölner Trainingshalle ein Angebot, bei dem die Teilnehmer unterschiedlichsten Alters ein regelmäßiges, individuell gesteuertes Training in der Gruppe erhalten (Trainingszeiten etc. gibts hier).
Gibt es auch eine Möglichkeit von dir direkt oder indirekt gecoacht zu werden, wenn man nicht in Köln oder Köln Umgebung wohnt?
Da meine Zeit auch für eine Online-Betreuung (per E-Mail und Telefon) recht begrenzt ist, kann ich eine direkte Betreuung nur sehr bedingt anbieten. Über meinen Newsletter, meinen Youtube-Kanal und im Archiv meines Blogs gibt es aber zahlreiche Artikel und Videos, die vielen schon weiterhelfen konnten. Zusätzlich biete ich noch E-Books, Bücher, Online-Videokurse und DVDs als ergänzende Hilfe an. Die oben genannten Seminare werden teilweise auch in anderen Städten angeboten. Außerdem sind Inhouse-Schulungen vor Ort möglich, wenn z. B. eine Gruppe, ein Verein oder eine sonstige Institution Interesse daran hat.
Deine neue Dvd „Fit fürs Laufen“ beinhaltet neben einem speziellen Warm Up für Läufer auch viele funktionelle Übungen, was wir natürlich sehr begrüßen, denn die Bedeutung von Übungen für die Rumpfstabilität und Krafttraining ist in Läuferkreisen noch nicht so groß, wie sie für ein gesundes, verletzungsfreies Laufen sein sollte. Wenn dir jemand sagt, er hätte lediglich Zeit für drei Übungen, welche würdest du ihm empfehlen?
Ich würde ihm empfehlen, sich noch mal über die eigenen Ziele und das Warum dahinter genaue Gedanken zu machen. Sich nur auf drei Übungen zu beschränken ist recht einseitig, zumal Läufer körperlich häufig viele Defizite aufweisen, denen man mit lediglich drei Übungen nur schwer Herr werden kann. Hier sind dennoch drei Vorschläge:
1. Beweglichkeit – Kombinationsübung für den Unter- und Oberkörper: siehe dieses Video (z. B. 5-8 x pro Seite)
2. Stabilität (und Kraft): Im Liegestütz (Hände schulterbreit unter den Schultern, Finger zeigen nach vorne, Ellenbogen werden maximal nach hinten gedreht, Körper bildet eine Linie, Bauch und Po fest anspannen, Füße mindestens schulterbreit auseinander) LANGSAM abwechselnd mit einer Hand die gegenüberliegende Schulter berühren, OHNE dabei im Becken oder im Oberkörper aufzudrehen (Körper muss still/stabil bleiben). Wenn das zu einfach wird, kann eine schwere Sporttasche o. ä. (ca. 10-25 kg) quer unter der Brust von der einen Körperseite zur anderen gezogen werden (z. B. 3-5 x 4 s pro Wiederholung; 2-3 Durchgänge ). Alternative Steigerung: Liegestützrudern auf zwei Kurzhanteln oder Kettlebells (5-8 x pro Seite; 2-3 Durchgänge):
3.Kraft: Ausfallschrittkniebeugen oder Ausfallschritte (rückwärts, vorwärts, seitwärts, über Kreuz). Bei Ausfallschrittkniebeugen bleiben beide Füße am Boden. Bei den Ausfallschritten geht man aus dem Parallelstand in den Ausfallschritt und drückt sich wieder dynamisch-explosiv zurück in die Ausgangsposition. Ausfallschrittkniebeugen werden schwerer, wenn man den hinteren Fuß auf einen Stuhl o. ä. legt. Zusätzlich kann bei allen Varianten noch ein Gewicht gehalten werden (z. B. Kurzhantel, Kettlebell oder Sandbag). Die oben genannten Richtungen sollten immer wieder gewechselt oder gemischt werden. Bei den Wiederholungen würde ich überwiegend im Bereich 6-15 pro Durchgang bleiben und auch dort immer variieren (über den Schwierigkeitsgrad oder das Zusatzgewicht).
Welche Rolle spielen Ernährung und Training für dich persönlich? Wie sieht dein eigenes Training aus?
Neben mehr Schlaf lassen sich die Gesundheit, die Leistung und die Erholungsfähigkeit der meisten Sportler wohl am einfachsten durch eine gezielte Ernährung verbessern. Da ich lange in einem gesunden Körper ausgiebig das Leben genießen möchte, trainiere ich etwa drei bis fünfmal pro Woche, ernähre mich an ca. 5-6 Tagen sehr bewusst und diszipliniert und gönne mir z. B. am Wochenende auch mal ein bis zwei (selten drei) Schlemmermahlzeiten.
Meine drei Haupttrainingseinheiten dauern meistens insgesamt 40-45 Minuten, manchmal nur etwa 35 Minuten. Ich beginne meist mit myofaszialen Entspannungsübungen (mit Foam Roller, Tennis- oder Kunststoffbällen), gefolgt von mobilisierenden und aktivierenden Übungen, die den ganzen Körper in alle Richtungen bewegen. Dann schließen sich meist Übungen für die Rumpfstabilität und die Schnellkraft an. Im Hauptteil steht immer ein Ganzkörperkrafttraining mit kurzen Pausen im Mittelpunkt (Varianten von Kniebeugen, Übungen zur Hüftstreckung sowie drückende und ziehende Oberkörperübungen). Anschließend folgen meist noch fünf bis zehn Minuten eines intensiven Kraftausdauertrainings, um das Herz-Kreislauf-System und den Stoffwechsel noch gezielter anzusprechen (z. B. Shuttle-Sprints, ballistische Kettlebell- oder Sandbagübungen, Seilwellen, Burpees o.ä.)
An den anderen Tagen mache ich leichtes Techniktraining, Bergsprints im Wald, eine intensive Kraftausdauereinheit oder versuche anderweitig Bewegung einzubauen (leichte Beweglichkeitsübungen, Spaziergang o.ä.).
Als Ausbilder, Vortragender, Trainer und Unternehmer bist du viel und oft unterwegs. Hast du einen Tipp für stark eingespannte Menschen oder andere Selbständige, wie auch sie es schaffen können, ihren Alltag gesünder zu gestalten?
Ja, einfach machen. Es gibt z. B. viele Möglichkeiten, selbst in maximal 10-20 Minuten effektive Trainingseinheiten durchzuführen, mit denen man schon viel erreichen kann. Es ist alles eine Sache der Prioritäten. Ich trage mir mein eigenes Training als festen Termin in den Kalender ein, damit ich regelmäßig trainiere. Beim Essen ist der Zeitaufwand gleich, ob ich mich unterstützend oder sabotierend ernähre. Schon nach kurzer Zeit fällt auch die Planung leichter, die gerade auf Reisen oder unterwegs wichtig ist. Ich habe unterwegs z. B. immer Wasser, Rohkostgemüse, Obst und eine Tüte Nüsse/Mandeln dabei. So komme ich auch bei Wartezeiten (Staus oder Planänderungen öffentlicher Verkehrsmittel) nicht in die Verlegenheit mich aus Hunger oder Langeweile heraus den ungesunden Imbissständen widmen zu müssen.
Nachdem wir uns am Anfang des Jahres befinden: deine Vorsätze für 2013?
Ich werde noch mehr Menschen durch zeiteffizientere Trainingsmethoden helfen, ihre Fitness und Gesundheit zu verbessern, indem ich meine Angebote (Seminare, Angebot in meiner Trainingshalle, Bücher, Videos, Artikel) ausbaue. Privat werde ich mir mehr Freizeit organisieren und noch regelmäßiger und öfter trainieren bzw. mich mehr bewegen, denn auch ich sitze einfach zu viel am Schreibtisch.
Und unsere obligatorische Abschlussfrage: dein Lieblingszitat?
Da habe ich ja viele. Am besten gefällt mir das eines Lehrers von mir: „Remember, they can do, you can do.“ (Chai Sirisute) Was andere können und geschafft haben, kannst du auch. Und zusätzlich: „I’m an amazing good luck generator.“ (Peter Ragnar)
Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!
Ich danke. Vielleicht ist es ja für jemanden hilfreich.