Am Sonntag fand bereits zum 9. Mal der Ironman 70.3 St. Pölten statt – eine Triathlonhalbdistanz, die nicht nur jedes Jahr aufs Neue durch ihre einzigartige Radstrecke, die entlang der Donau und durch das Weltkulturerbe der schönen Wachau, sondern auch als einzige Radstrecke aller Ironman-Veranstaltungen über ein komplett gesperrtes Autobahnteilstück führt, viele internationale Profi- und Hobbytriathleten anzieht.
Auch das Schwimmen bietet in St. Pölten eine Besonderheit: es werden nämlich, verbunden durch einen ungefähr 200m langen Landgang, auf der insgesamt 1,9km langen Schwimmstrecke gleich zwei verschiedene Seen durchschwommen.
Nachdem ich bereits 2011 beim Ironman St. Pölten am Start stand (und damals vor allem beim Laufen der großen Hitze deutlich Tribut zollen musste), hatte ich St. Pölten dieses Jahr wieder in meinen Rennkalender eingeplant und so machte ich mich am Samstag gemeinsam mit unserem LaufSportPraxis-RACING TEAM Athleten Andi, der von Vera trainiert wird und in Vorbereitung für den Ironman Kärnten Ende Juni in St.Pölten seinen letzten Testwettkampf zur Formüberprüfung absolvieren wollte, auf in die Niederösterreichische Landeshauptstadt zum Eventgelände beim dortigen Sportzentrum, das an diesem Wochenende zur „Iron-Mile“ umfunktioniert wurde.
Dankenswerterweise hatte Andi bereits am Freitag für uns die Startunterlagen abgeholt, sodass wir am Samstag völlig stressfrei noch vor Ort unser Aktivierungstraining für den kommenden Wettkampftag am Rad machen konnten, bevor wir uns Richtung Wechselzone zum Einchecken begaben.
In bereits gewohnter Routine und ohne Gedränge oder langen Wartezeiten konnten wir unsere Räder in der Wechselzone platzieren und unsere Wechselbeutel aufhängen. Wie immer befestigte ich meine Wechselbeutel mit speziellen Knoten an der Aufhängung, damit mein Sack etwas höher hängt als die anderen und so für mich schneller zu finden sein würde. Leider hatte ich dabei diesmal aber eine Kleinigkeit übersehen, die meinen Rennverlauf am nächsten Tag noch ordentlich „einbremsen“ sollte – aber dazu später 😉 Danach noch schnell den Zeitnehmungschip abgeholt und vor der obligatorischen Rennbesprechung zusammen mit Andi noch den ausständigen Aktivierungslauf durchgeführt.
Alles war gerichtet für das kommende Rennen am nächsten Tag und wir machten uns wieder auf den Heimweg und zum Carboloading für den Renntag. Bei Dinkelnudeln, Kartoffeln und Kaiserschmarrn schmiedeten wir noch gemeinsam unsere jeweiligen Rennpläne für den nächsten Tag.
Und dann war er da, der Renntag.
Bereits um 4.15 Uhr trafen wir uns wieder um gemeinsam von Wien aus zum Startgelände nach St. Pölten zu fahren. Der Wetterbericht sagte perfektes Triathlonwetter für einen Wettkampf voraus (16 Grad, bewölkt) und so trafen wir um 5 Uhr früh gut gelaunt am Wettkampfgelände ein, um die letzten Vorbereitungen in der Wechselzone durchzuführen.
Wie immer herrschte lautloses, aber hektisches Treiben in der Wechselzone – erstaunlich, bedenkt man, dass hier 2.500 Athleten gemeinsam auf engstem Raum ihre Sachen richten. Die fast schon gespenstische Stille wurde lediglich ab und an durch das Dröhnen der Musik aus den Lautsprechern und Durchsagen der Veranstalter unterbrochen.
Auch ich überprüfte nochmals alles am Rad, positionierte meine Radschuhe, kontrollierte den Reifendruck und verstaute die Getränkeflaschen zur Energieversorgung für die kommenden 90-Rad-km. Alles war bereit für ein tolles Rennen und ich freute mich schon richtig, trotz der frühen Morgenstunden, auf den Startschuss.
Auch mein nachgebauter „Schnitt-O-Mat“ am Rad mit meiner kalorienreichen Rennverpflegung durfte natürlich nicht fehlen 😉
Mittlerweile trafen Andi und ich in der Wechselzone auch auf unseren LaufSportPraxis-Physiotherapeuten Roli, der ebenfalls am Start stand, so ging es gemeinsam zum Einschwimmen.
Nachdem ich dieses Jahr in einer neuen Altersklasse (M 40) startete, war meine Startwelle 10 Minuten später dran als die von Andi und Roli und so verabschiedeten wir uns schließlich beim Startbereich und ich konnte noch in Ruhe den Start der beiden innerhalb ihrer Startwelle vom Ufer aus beobachten.
Dann war es auch für mich soweit und das Rennen begann wie immer mit meiner „Lieblingsdisziplin“, dem Schwimmen *Ironie*. Da ich kein besonders guter Schwimmer bin (obwohl mir das Schwimmen an sich Spaß macht) und sehr wahrscheinlich auch nicht mehr werde, platzierte ich mich aus Erfahrung eher im hinteren Bereich meiner Startwelle, um nicht gerade in das größte Startgemetzel involviert zu werden. „Lieber ein paar Sekunden am Start einbüßen und dafür in Ruhe meinen Schwimmrhythmus finden und schwimmen“, war mein Plan.
Leider ging dieser Plan ganz und gar nicht auf – ganz im Gegenteil: das Schwimmen war für mich eine einzige Wasserschlacht vom Anfang bis zum Ende. Soviel Wasser beim Schwimmen habe ich auf meinen ganzen bisherigen Schwimmstrecken aller meiner absolvierten Bewerbe zusammen nicht geschluckt und zwischenzeitlich bekam ich sogar leichte Panik, da ich mir keinen Helfer mehr wusste, diesem Gemetzel im Wasser zu entkommen. An ein ordentliches Schwimmen von mir war nicht zu denken.
Nach den ersten 1.000 Schwimmmetern war der erste See „durchkämpft“ und ein Blick auf die Uhr und die Zwischenzeit zeigte mir das, was ich schon im Wasser befürchtet hatte: eine katastrophale Zwischenzeit. Es kann nur besser werden, dachte ich mir, während ich zum Schwimmeinstieg des zweiten Sees lief und mich dort auf bessere weitere 900m Schwimmmeter begeben wollte. Keine 10 Meter im Wasser geschwommen, begann die Wasserschlacht aufs Neue und ich sehnte mich nach nichts außer einem baldigen Ende der ersten Disziplin. Irgendwie kämpfte ich mich auch den zweiten Teil der Schwimmstrecke durchs Wasser (das dieser Teil der kürzere Schwimmteil ist und ich dafür länger als für den ersten längeren Teil brauchte, zeigte mir neuerlich deutlich, dass die erste Disziplin an diesem Tag für mich mit dem Thema Schwimmen nicht viel gemeinsam hatte). Nach einer gefühlten Ewigkeit und gezeichnet von 1.900 sagenhaft anstrengenden Schwimmmetern, kletterte ich aus dem Wasser – zusammen mit einem riesigen Rückstand auf meine geplante Renn-Marsch-Tabelle.
Der Ausdruck Frustration war in diesem Augenblick noch die wohlwollendste aller Gefühlsformen von mir.
Aber es konnte ja ab jetzt nur noch besser werden und so begab ich mich in die 1. Wechselzone. Dort schnell raus aus dem Neoprenanzug und problemlos meinen Wechselbeutel gefunden und wie immer oben aufgerissen, um den Helm und die Radsachen daraus zu entnehmen. Doch was war das? Ich hatte etwas vergessen bzw. nicht bedacht, was diesmal neu war: mein neuer Helm, den ich bei diesem Rennen zum ersten Mal im Wettkampfeinsatz hatte und der eine Kleinigkeit größer war als mein bisher genutzter Rennhelm. Um es kurz zu machen: er passt nicht durch die Öffnung, die mir meine zahlreichen Knoten, zum besseren Auffinden und höher aufhängen meines Wechselsackes, zuließen: Helm zu groß – Öffnung zu klein! Das bedeutete nun, dass ich mit einem Adrenalinspiegel am Maximum, einem Kreislauf, der gerade eben erst aus einer waagrechten in eine senkrechte Position gebracht wurde und zittrigen Händen nach der soeben stattgefundenen Wasserschlacht mehrere Knoten an meinem Wechselsack zu lösen hatte (die sich natürlich, durch die vorangegangenen Anstrengungen, den Helm doch noch irgendwie durch die Sacköffnung durchzubekommen, deutlich zugezogen hatten), was eine gefühlte Ewigkeit und mehrere Minuten dauerte.
Endlich den Helm in Händen, aufgesetzt und den Wechselsack mit dem Neoprenanzug darin in der Drop-off-Zone abgelegt, ging es mit Vollgas zu meinem Rad und damit auf die 90km lange Radstrecke.
Mit deutlicher Verspätung auf meinen Rennplan (fast 15 Minuten hinter meiner Marschtabelle) und einer ziemlichen Wut im Bauch, warf ich gleich einmal all meine Vorgaben für das Radfahren über Bord und trat in die Pedale, was meine Oberschenkelmuskulatur hergab. Schlussendlich wurden es fast 40 Durchschnittswatt mehr als ursprünglich geplant auf der gesamten Radstrecke, ein neuer persönlicher Radrekord für mich in St. Pölten und ein neuer Geschwindigkeitsrekord am Rad generell für mich: noch nie sollte ich irgendwo davor jemals einen solchen Topspeed am Rad gehabt haben wie am heutigen Tag bei einer der Abfahrten in St. Pölten. Doch das wusste ich zu diesem Zeitpunkt alles noch nicht, ich gab einfach nur Vollgas.
Über die Autobahn ging es zum ersten Anstieg und dann entlang der Donau bis zum großen Anstieg nach Gansbach. Trotz Gegenwind konnte ich das Tempo hoch halten und schaute nur immer wieder besorgt auf mein Wattmess-System, das mir für mich deutlich zu hohe Werte anzeigte: hoffentlich würde ich dabei nicht „explodieren“ bzw. beim abschließenden Laufen dafür büßen, dachte ich mir nur die ganze Zeit. Durch den großen Rückstand beim Schwimmen, blieb mir allerdings auch nichts anderes übrig, als ordentlich Druck auf das Pedal zu bringen und doch noch eine halbwegs passable Endzeit in Aussicht zu haben.
Etwas ärgerlich war wieder einmal, dass im Flachen mit Gegenwind und teilweise leichtem Regen entlang der Donau viele Radgruppen ein wahres „Mannschaftszeitfahren“ absolvierten und wieder einmal kein Kampfrichter weit und breit zu sehen war. Frustran, wenn man versucht fair und für sich am persönlichen Maximum ein Rennen zu fahren und dabei von Radgruppen überrollt wird, wo einige nicht mal mehr treten mussten, um mit deutlich höherem Speed im wahrsten Sinne des Wortes im Sog an mir vorbeizurollen.
Schlussendlich fand ich dann jedoch die Kampfrichter am Berganstieg nach Gansbach, wo sich das Radfeld naturgemäß „zusammenstaucht“ und Überholmanöver teilweise im schnelleren Schritttempo an der Tagesordnung stehen. Hier, aufwärts (!), wurde das Windschattenfahren, absolut sinnlos und fragwürdig, strengstens kontrolliert und exekutiert. Doch dieses leidige Thema wird es wohl bei jedem Triathlon ohne Windschattenfreigabe geben und so versuchte ich mir keine weiteren Gedanken darüber zu machen, sondern wandelte meinen Ärger darüber in Pedalenergie um 😉
Am höchsten Punkt der Radstrecke angekommen (in absolut neuer persönlicher Radbestzeit bis dahin) ging es von nun rasant zurück Richtung St. Pölten.
90km Radtrecke lagen nun hinter mir, meine Oberschenkel fühlten sich an wie Beton und ich konnte mir beim Zufahren zur Wechselzone nicht vorstellen, wie ich jetzt auch nur noch einen einzigen Schritt gehen sollte. Dabei hatte ich mir für den abschließenden Halbmarathon eine Zielzeit von 1:35h gesteckt.
Mit deutlich stacksigen Schritten ging es mit dem Rad zurück in die Wechselzone und von dort zum Wechselbeutel, wo sich das Szenario vom 1. Wechsel hinsichtlich Knoten am Sack wiederholte – der Helm wollte nicht hineinpassen und ich hatte eine gefühlte Ewigkeit zu tun wieder alle Knoten zu lösen, den Helm zu verstauen, in die Schuhe zu schlüpfen und mich – nein, nicht auf die Laufsstrecke, sondern – aufs Dixiklo zu begeben. Leider war besetzt und ich musste warten, warten, warten und warten.
Endlich raus aus der Wechselzone, ab auf die Laufstrecke und meine geplante Laufpace anvisiert. Insgesamt waren zwei Laufrunden zu absolvieren: über die stimmungsvolle „Ironmile“ ging es entlang der Traisen ins Regierungsviertel von St. Pölten und von dort durch die Altstadt zurück entlang der Traisen zum „Iron-Dome“.
Das Zuschauerinteresse war vor allem im Bereich des Zielgeländes und der Altstadt groß, ansonsten musste ich, vor allem im Vergleich zu 2011, doch feststellen, dass dieses Mal (vor allem auch entlang der Radstrecke in den einzelnen Dörfern) deutlich weniger Zuschauer entlang der Strecke waren als noch bei meinem letzten 70.3 in St. Pölten.
Doch meine Oberschenkelmuskulatur auf der linken Seite wollte nicht so wie ich und ab einer Laufpace von 4:40 begann sie ganz fürchterlich zu krampfen. Also lief ich genau an der „Noch-nicht-Krampfgrenze“ und hoffte, dass sich das auf den kommenden Kilometern mit der Zeit legen würde, was es nach ca. 7km auch langsam tat. So konnte ich meine Laufpace dann kontinuierlich steigern und auf den letzten 5km endlich komplett gelöst und krampffrei mit knapp 4min pro Kilometer dem Ziel entgegenlaufen.
Zu diesem Zeitpunkt machte das Rennen so richtig Spaß. Kurz vor dem Ziel kam dann auch noch unser Physiotherapeut Roli in Sicht, der ja zusammen mit Andi 10 Minuten vor mir gestartet war.
Und dann waren sie da, die letzten Meter über die Iron-Mile auf die Zielgerade zur Finishline – wie immer ein neuerlich sehr emotionaler Augenblick, den ich immer wieder sehr genieße.
Ich überquerte mit einer eindeutigen neuen persönlichen Bestzeit für St.Pölten (5:16.22) die Ziellinie und freute mich trotz der Widrigkeiten beim Schwimmen und den Ärgernissen mit meinen Wechselsäcken über ein insgesamt doch wirklich gutes Rennen. Sowohl mit meiner Durchschnittswattleistung über die 90km am Rad, als auch mit meinem Radsplit und meiner Laufzeit, die jeweils deutlich unter meinen geplanten Zeiten für diesen Tag lagen, und war ich mehr als zufrieden.
Im Ziel wartete bereits Roli, der einige Meter vor mir angekommen war, auf mich und auch Andi, der an diesem Tag leistungsmäßig regelrecht „explodiert“ war und ein großartiges Rennen mit einer Wahnsinnszeit und neuen persönlichen Bestzeit auf seiner erst zweiten Mitteldistanz gemacht hatte (und dabei seine bisherige Bestzeit von Zell am See im Herbst 2014 um mehr als 35 Minuten! verbessern konnte – Herzliche Gratulation zu dieser großartigen Leistung, lieber Andi! Hut ab!).
Ein toller Tag und ein interessantes, wieder einmal bestens organisiertes Rennen mit persönlichen Höhen und Tiefen und einem mehr als versöhnlichen und zufriedenstellenden Resultat.
Ich freue mich nun bereits auf meine nächste geplante Ironman-Halbdistanz in Budapest im August. Mal schaun, wie das Training neben der täglichen Arbeit bis dahin so läuft 😉
Allen Finishern an diesem Tag herzliche Gratulation zu ihren jeweiligen tollen Leistungen!
Euer Doc Tom