Ich habe den gestrigen Nationalfeiertag bei der Yogalehrerausbildung verbracht, es stand der zweite Anatomie-Teil am Plan und nach einer Runde Asanas (Körperübungen), um uns auch selbst ein bisschen zu bewegen, ging der Vortrag von der Medizinerin Dr. Sita Silvia Sitter auch schon los. Wie beim letzten Mal war er lebhaft, interdisziplinär und mit philosophischen Exkursen gespickt, was ich sehr mag.
Als wir zum vegetativen Nervensystem kamen und über Sympathikus & Parasympathikus sprachen, unterhielten wir uns darüber, wieviele von uns heutzutage permanent im „Fluchtmodus“, also unter Daueranspannung unterwegs sind und wie sich diese Anspannung auf unser System aufwirkt (Adrenalin, Cortisol und andere Stresshormone lassen grüßen). Das Abwechseln von An- und Entspannungsphasen verschwindet, die Anspannung regiert. Es herrscht Dauerstress pur.
Soweit so bekannt. Natürlich wissen wir alle, dass permanenter Stress nichts Positives ist. Was mich aufhorchen ließ, waren die vermeintlich kleinen Zeichen, die quasi als gute Indikatoren damit einhergehen, sich selbst einmal ein bisschen zu beobachten. Aufhorchen deshalb, weil ich diese Indikatoren nicht selten von Klienten wie auch vom Freundeskreis erzählt bekomme und natürlich auch schon selbst damit Bekanntschaft gemacht habe. Beispielsweise den Umstand, dass man in ruhigen Momenten sofort „weg“ ist. Endlich ein Theaterabend oder Kino mit Freunden, man sinkt in den weichen Sitz, das Stück oder der Film beginnt und zack, fallen einem direkt die Augen zu. Abends müde aus dem Büro nach Hause gehetzt und bis zur Couch gekommen, um noch die Lieblingsserie, die Nachrichten oder einen Film zu schauen – und stattdessen sofort, wie von einer Sekunde auf die andere, zum Schlafen übergegangen. Kurzum: kaum herrscht ein kleines Bisschen Ruhe, nimmt sie sich der Körper so schnell er kann. Ob man will oder nicht, man wird förmlich von der plötzlich auftretenden Müdigkeit überwältigt und kann die Augen nicht mehr offenhalten.
Momente wie diese sollten uns daran erinnern, uns auch im Alltag mehr Ruhephasen zu gönnen und so den Wechsel von An- und Entspannung zu üben. Wie beim Yoga, bei welchem man in vielen Stilen immer wieder zwischen der Anspannung in einer Position und der Entspannung in einer ausgleichenden Positionen (wie der Totenstellung oder der Kindhaltung) wechselt. Hier werden An- und Entspannung par excellence praktiziert, was unserem vegetativen Nervensystem genau deshalb einfach gut tut.
Falls ihr also bei euch oder euren Lieben beobachtet, dass ihr in Daueranspannung unterwegs seid und es euch schon mal direkt innerhalb weniger Sekunden „wegbeamt“, sobald ihr zur Ruhe gekommen seid, dann ist die bewusste Erkenntnis an sich bereits viel wert. Der zweite Schritt kann dann in Form von kleinen Änderungen im Alltag gemacht werden. Kleine Ruheinseln zum Durchschnaufen, zum Augenschließen, zum Spazieren, zum Sporteln, zum Malen, zum Spielen, zum Träumen, zum Garteln, zum Yoga praktizieren – was auch immer als persönlich entspannend und ausgleichend wahrgenommen wird. Das müssen auch gar keine Stunden an „Auszeit“ sein, es können auch einfach ein paar Minuten sein. Viel wichtiger als die Dauer sind eh – wie immer – die Qualität und die Regelmäßigkeit 🙂
In diesem Sinne: Schaut’s auf euch! 😉
Alles Liebe,
Vera