Wie in den Impressionen der Woche berichtet, war unser LaufSportPraxis Racing Team Athlet Sebastian am Wochenende beim Berliner Halbmarathon am Start und konnte dort eine neue Bestzeit aufstellen. Sebastian stammt zwar aus Deutschland, lebt und arbeitet seit einiger Zeit allerdings in Moskau, was das Training in den Wintermonaten nicht immer einfach gemacht hat. Aber es hat sich mehr als gelohnt. Hier sein Wettkampfbericht vom Sonntag 🙂
„Juten Morgen Sportsfreunde,
gerade bin ich zurück von einem schönen Wochenende in Berlin. Und einem sportlich aus meiner Sicht erfolgreichen Wochenende. Der Fokus war in diesem, noch mehr als letztem Jahr auf die Endzeit gelegt. Und die Vorzeichen standen gut. Keine Erkrankungen, Verletzungsbeschwerden oder anders bedingte Trainingsausfälle in letzter Zeit. Hinzu kommt, dass ich sogar, recht unverhofft noch ein viertaegiges Trainingslager einschieben konnte. Dieses hatte zwar eindeutig einen Skilanglauffokus aber erfüllte genauso gut seinen Zweck. In anderen Worten, ich war total heiß auf eine neue Bestzeit und die magische 90 Minuten Marke sollte endlich fallen. Nach guten Trainingsergebnissen war auch die Überzeugung noch gewachsen, deutlich unter 90 Minuten bleiben zu können. Mein Freund ND (Anmerkung: hier handelt es sich um Andi, welcher ebenfalls von uns trainiert wird 😉 ) hatte mir ja im letzten Jahr vorgemacht wie das geht. Seine Punktlandung war mir nun sogar noch mehr Ansporn. Leider hat ND in diesem Jahr ausgesetzt, ich hätte mich auch sehr auf ein heißes Battle mit ihm gefreut. Vielleicht bald mal wieder. Dafür war ja wieder mein Vater mit am Start, der von hinten “Druck machen” sollte. Zudem gab es Motivation genug an der Strecke, wie sonst auch, war meine Familie an der Strecke postiert und sollte uns der nötigen Rückhalt geben, sollte es doch kein Spaziergang werden und wir zusätzliche Unterstützung benötigen.
Die Renntaktik war ob der guten Trainingsleistungen schon eine ganze Weile vorab definiert. Ich hatte vor, den ersten Kilometer mit etwa 3’55” schneller anzulaufen, um mich aus dem üblichen Läuferpfropfen zu lösen und dann mit 4’05” weiterzulaufen. Das sollte mir genügend Puffer hinten raus geben, um meine Zielzeit zu erreichen. Wie es dann im Wettkampf laufen wird, sollte sich noch zeigen. Die administrativen Angelegenheiten waren am Vortag relativ fix erledigt. Die Startnummern hatten mein Vater und ich am Samstag abgeholt, den Vorrat an Gels noch aufgefüllt und auf der obligatorischen Laufmesse noch einen zusätzlichen Motivationskick geholt. Aber der war eigentlich schon gar nicht mehr nötig. Ich sass geistig bereits seit einigen Wochen in den Startlöchern.
Obwohl ich mich in den Vorwochen wirklich gut gefühlt hatte, lief das Einlaufen am Samstag Abend suboptimal. Die Beine waren nicht sehr leicht und der Puls war bei den aktivierenden Sprints sehr weit oben und wollte nicht mehr sinken. Aber ich habe auf meine Allgemeinverfassung vertraut und einfach nochmal visualisiert, welchen Aufwand ich mit Hilfe von Vera betrieben hatte, um diesen Wettkampf gut und zu meiner Zufriedenheit zu gestalten. Deswegen war ich auch ob des miesen Einlaufens nicht wirklich besorgt.
Der Wettkampftag fing gut an. Die Sonne lachte vom wolkenlosen Himmel, 3C, kaum Wind. Beste Laufbedingungen, waren doch bis zu 18C am Nachmittag angesagt. Nach 8 Stunden Schlaf bin ich gut in die Gänge gekommen. Mit aller Ruhe sind wir auf den Startbereich zugesteuert, die letzten renntaktischen Überlegungen mit meinem Vater ausgetauscht und schon standen wir in unserem Startblock. Dieses Mal hatten wir es rechtzeitig geschafft in unseren Startblock zu gelangen, im vergangenen Jahr war uns dies wegen Zeitmangel und der vielen Mitläufer kaum gelungen. Der Startschuss rückte nun näher, während die Spannung und Vorfreude nochmals stark anstiegen.
Der Startschuss!
Der erste Kilometer lief wie geplant. Das Getümmel hatte sich relativ schnell aufgelöst und ich war mit 3’58” gut mitgeschwommen ohne mich verausgabt zu haben. So konnte es weiterlaufen, dachte ich mir, nur ein bisschen Ungewissheit war dann doch dabei, hatte ich doch dieses Tempo bisher noch nie auf die komplette Distanz gehalten. Ich hatte also diesbezüglich keine Erfahrungswerte. Aber es lief weiterhin gut. Ich hatte mir vorgenommen, dieses Mal 4 anstatt 3 Gels zu verbrauchen, das erste nahm ich sozusagen zum Wachwerden bei km 4. Genauso wie ich keine Labstelle auslassen wollte und auch nicht habe. Die Kilometer rannen dahin und ich konnte das Tempo ganz gut halten. Eine Schwächephase kündigte sich noch nicht an. Den neuralgischen Punkt hatte ich bei km 14 ausgemacht. Hier dachte ich, sollte sich entscheiden, ob ich mein selbstgestecktes Ziel erreichen konnte. Und in der Tat es lief blendend. Zwischenzeitlich und mit ein bischen Rueckenwind waren Kilometerzeiten um 4’00” drin. Das hat mir dann einen richtigen Schub gegeben bis es schwer wurde.
Am Check Point Charly, Kilometer 18, stand wie in den Vorjahren bzw. immer der Mann mit dem Hammer. So auch dieses Mal, plötzlich wurde mir flau und die Beine wurden entsprechend schwer. Aber nun konnte ich die Ratschläge von Vera berücksichtigen die mir immer wieder eingebläut hat: “Wenn es schwer wird, denk an die unzähligen Trainingseinheiten nachts, in Dunkelheit, bei Kälte, im Schnee und Eis.” Das soll sich doch gelohnt haben. Da es dann letztlich nur noch 3km, also ein Katzensprung, ins Ziel waren, dachte ich mir, das schaffst du nun auch noch. Einfach die Pace halten und durch.
Schließlich wartete ja auch noch meine Family auf mich an der Strecke, der ich angekündigt hatte, exakt um 11.30 Uhr bei ihnen vorbei zu laufen. Schliesslich wollte ich sie nicht enttäuschen und mich natürlich auch nicht. Und locker wollte ich dabei ursprünglich auch noch aussehen. Letzteres gelang mir überhaupt nicht, aber die Zeitvorgabe konnte ich einhalten. So passierte ich meine Frau, meine Schwester und meinen Schwager zu exakt vorab angekündigter Zeit. Um Eindruck zu schinden, beschleunigte ich auch noch kurz, musste aber kurz darauf, nun wieder außer Sichtweite meiner Familie, wieder nachlassen. Aber da hatte ich es auch schon fast geschafft. Nach 1h 27min und 19sec passierte ich den Zielstrich, war überglücklich und konnte eigentlich noch gar nicht fassen, dass ich mir soeben ein echtes, alkoholhaltiges Bier am Abend verdient hatte.
Auch meine Uhr zeigte mir an, dass ich nur unwesentlich von der Ideallinie abgewichen war – nämlich nur um 260m war die Strecke für mich länger während mein Vater seinen Halbmarathon um mehr als 1km ausgedehnt hatte. Aber wahrscheinlich war er Zick-Zack gelaufen. Nachdem ich ihm im Ziel danach befragt hatte und keine Antwort erhalten hatte, bohrte ich auch nicht weiter nach. Denn ich merkte, dass er ob seiner Zeit von 1h 50min und 09sec ziemlich angep*** war. Wäre die Strecke für ihn auch nur etwas kürzer gewesen, wäre wohl ein sub 110’ drin gewesen. Aus meiner Sicht aber dennoch eine mehr als respektable Leistung mit immerhin schon 65 Jahren.
Unser Tag endete vorm Grill, mit eben genanntem Bier (vielleicht waren es auch zwei oder mehr) und einem wunderbaren Muskelkater. Der Tag hatte sich also gelohnt.“