Vielleicht habt ihr schon von der Gender Exercise Gap gehört, nämlich der Tatsache, dass Männer durchschnittlich mehr Sport machen als Frauen. Das liegt einer aktuellen Studie zu Folge daran, dass Frauen mehr Sportbarrieren in ihrem Leben haben, soll heißen im Leben von Frauen gibt es durchschnittlich mehr Gründe, die ein Sporttreiben erschweren oder eben verunmöglichen.
Die Hauptbarriere ist demnach weltweit der Fakt, dass Frauen zu viele andere Verpflichtungen haben und zu wenig Zeit für Sport. Was außerdem traurig ist, ist die Angabe, dass es an sicheren Räumen und Umgebungen zum Sporteln mangelt. Während bei Männern eher Körperunsicherheiten vom Sport abhalten, sind es bei Frauen demnach strukturelle Gegebenheiten. Diesbezüglich Veränderungen zu bewirken ist also auch eine politische Thematik. Es braucht bessere Rahmenbedingungen im Außen, aber auch ein Umdenken innerhalb der Gesellschaft und in persönlichen Beziehungen, damit Frauen mehr Zeit für Bewegung und damit für die eigene Gesundheitspflege (körperlich wie psychisch) eingeräumt wird.
Wie mehr Bewegung ins Leben bringen?
Was kann man selbst tun, wenn man das Gefühl hat, dass es sich einfach nicht ausgeht, mehr Bewegung oder eine echte Sporteinheit in den Alltag unterzubringen, der sich ohnehin schon viel zu voll anfühlt? Oder wenn man von allem einfach nur erschöpft ist und müde müde müde?
Hier ein paar Möglichkeiten zur Veränderung:
- Auch Kleinvieh macht Mist, heißt es so schön. Und das stimmt, denn alles ist besser als nichts. Wenn du also das Gefühl hast, es ist null Zeit für irgendwas da, dann integriere nebenbei kleine Dinge wie untertags hier und da 10 Kniebeugen (hier kannst du ein Zeitfenster festlegen und dieses nach und nach ausdehnen; zB über den Tag verteilt jede Stunde einen Satz Bodyweight Squats, also Kniebeugen ohne Zusatzgewicht, das ist nahezu überall möglich) oder Hip Thrusts an der Couch, wenn man zuhause ist oder im Home Office arbeitet, Liegestütz oder Vorübungen dazu usw.. Täglich eine Übung je nach Wochentag kann Struktur schaffen. Oder man freestylt, was eben gerade geht.
- So viel wie möglich zu Fuß gehen: In der Mittagspause spazieren gehen, auf dem Arbeitsweg einen Teil zu Fuß zurücklegen, sofern das sicher möglich ist, im Home Office vielleicht ein Walking Pad nutzen, um so auch bei einfachen Büroarbeiten Schritte sammeln zu können, Freundinnen und Freunde zum Spazieren oder Wandern treffen. Spazieren und zügiges Gehen zahlen sich absolut aus, weil sie für unsere Gesundheit richtig gut sind. Gerade wer unter Rückenschmerzen zu leiden hat, sollte versuchen, oft zum Gehen zu kommen.
- Treppen statt Lift: Der Klassiker. Wann immer möglich, Treppen nutzen. Mit Kind & Co oft nicht umsetzbar, aber im Büro zB durchaus und wenn es nur eine Etage ist, die aber dafür regelmäßig.
- Wenn es finanzielle Barrieren gibt: Kostenlose oder kostengünstige Möglichkeiten nutzen. Allein auf YouTube gibt es mittlerweile so viele gute Videos von erfahrenen Trainerinnen und Trainern, wo man auch nur mit dem eigenen Körpergewicht und ohne sämtliches Zubehör trainieren kann. Ansonsten lohnt es sich auch die Preise von Fitnessstudios zu vergleichen und hier Aktionen zu nutzen, im Vergleich zu früher gibt es mittlerweile auch sehr günstige Tarife, was es günstiger machen kann als sich selbst verschiedenes Trainingszubehör anzuschaffen.
- Es sich so einfach wie möglich machen, um eine Routine zu entwickeln: Der Einstieg ist oft eine Überwindung, das Dranbleiben kann sich ebenfalls schwer gestalten, aber dennoch, wenn man einmal “drin ist”, dann läuft es leichter dahin, man muss also v.a. über die Anfangszeit drüberkommen. Umso wichtiger, dass man sich hierbei nicht selber durch unmögliche Ziele stresst oder zu viel von sich erwartet, weil man diverse mögliche Barrieren nicht richtig einschätzt. Man darf es sich auch einfach machen und dafür sollte man sich realistisch fragen: Was könnte sich ausgehen und was macht mir Spaß? Was würde mir in meiner aktuellen Lebenssituation gut tun? Brauche ich Routinen oder viel Abwechslung? Brauche ich Entspannendes oder ist Auspowern angesagt? Es lohnt sich auch, täglich hinzuspüren, was gerade los ist und wie man sich fühlt und dann anzupassen, denn es geht um Gesundheit und nicht darum ein Programm stupide herunterzuturnen.
- Abstriche machen bei Dingen, die nicht unbedingt sein müssen, um Zeit zu gewinnen.
- Unterstützung einfordern: Sportpartnerinnen und -partner können helfen, gleichzeitig ist aber auch die familiäre Unterstützung wichtig. Hier heißt es u.a. auch das männliche Bewusstsein dafür zu schärfen, dass Frauen genauso Auszeiten für sich brauchen.
Ich weiß, dieses Thema ist insgesamt kein einfaches, weil frau auch für so vieles als zuständig erachtet wird, was unbezahlt erledigt werden soll. Und wer viel Energie durch viele Verpflichtungen verbraucht, ist irgendwann einfach müde und will nicht noch ein To Do umgehängt bekommen, sondern einfach seine Ruhe. Die Crux daran ist aber leider, dass uns so ein Lebensstil weder mental noch körperlich gesund hält, sondern das Gegenteil bewirkt. Das heißt nicht, dass wir Frauen uns nicht mehr um andere kümmern sollen, aber wir dürfen uns auch um uns selbst kümmern. Was je nach Lebensentwurf, Wohnort und Gegebenheiten ein echter Drahtseilakt sein kann.
Aber wenn du das Glück hast, hier geboren worden zu sein und Spielraum für positive Veränderungen in deinem Alltag hast, dann überleg dir ein paar erste kleine Änderungen und nimm dein Wohlbefinden als Maßstab, wie du weiter vorgehen willst. Mehr Bewegung zu machen bringt oft auch insgesamt mehr Bewegung ins Leben. Und die haben wir Frauen dringend nötig.
Alles Liebe,
Vera