Dieses Buch** ist wie sein Name schon sagt extrem. Und weil ich es höchstspannend finde, welche Phänomene es tatsächlich gibt und wozu der menschliche Körper im Stande ist, habe ich mich sehr gefreut, es zu lesen und zu staunen. Ich habe mich aber auch v.a. deshalb so dafür interessiert, weil das Buch eben nicht von einem Wim Hof Fan geschrieben wurde (wer Wim Hof ist, dazu später), sondern von einem investigativen Journalisten, der dessen Methode am eigenen Leib ausprobiert hat und darüber hinaus auch mit vielen anderen „extremen“ Menschen der Szene trainiert und gesprochen hat, um einen Einblick in ihr Tun und die Wirkungsweise dessen zu erlangen. Vielleicht hat es mich aber auch einfach so fasziniert, weil ich selbst eher der Hitzetyp bin und Kälte nicht gern mag und auch das Gefühl habe, diese nicht so gut auszuhalten wie Hitze und das, obwohl ich aus einem Tal den Bergen stamme und -19 Grad im Winter dort keine Seltenheit sind. Aber genau hier sind wir so ziemlich am Punkt: In unserem Alltagsleben gestalten wir es uns so komfortabel wie möglich und nutzen sämtliche Annehmlichkeiten. Nicht nur Lifte, Autos & Co, sondern auch Klimaanlagen und Heizung sowie warme Kleidung. Kurzum: So etwas wie Kälte müssen wir eigentlich so gut wie gar nicht mehr ertragen. Dabei wäre unser Körper mit entsprechender Übung und Anpassung eigentlich robust genug, um Kälte und Hitze auszuhalten und – und jetzt kommt die Überraschung – es würde uns wahrscheinlich sogar gesundheitlich gut tun. Das ist zumindest das Fazit dieses gut recherchierten Buches. Aber fangen wir von Vorne an.
Der Inhalt
Die Basis für Extrem gesund* bietet v.a. eine Person bzw. deren Methode: Der Niederländer Wim Hof. Dieser hat die Fähigkeit, seine Körpertemperatur auch in extremer Kälte zu kontrollieren sowie auch sein Immunsystem bewusst beeinflussen zu können (wen es näher interessiert, hier findet ihr eine Doku über ihn, mir wird dabei schon kalt beim Zuschauen *g*). Und das alles durch die Anwendung von speziellen Atemübungen, Meditation & Konzentrationstechniken und Eisbädern bzw. -anwendungen. Und da dies für Physiologen noch verrückter klingt als für alle anderen, hat Wim Hof sich nicht nur einmal für wissenschaftliche Experimente und Forschungen zur Verfügung gestellt und zudem auch bewiesen, dass er seine Methode Schülerinnen und Schülern beibringen kann.
Da das für den amerikanischen Investigativ-Journalisten Scott Carney ebenso abwegig wie absurd klingt und er (der bereits über diverse falsche Propheten Artikel und Bücher geschrieben hat) denkt, hier womöglich einen weiteren Scharlatan zu entlarven, macht er sich auf den Weg zu Wim Hof und in dessen Camp, um die Methode über Jahre einem Härtetest zu unterziehen. Dieser geht nebenbei erwähnt bis auf den Kilimandscharo und zwar mit relativ wenig Kleidung und ohne Gewöhnung an die Höhe. Ja, das klingt alles verrückt und wir möchten an dieser Stelle festhalten, dass wir das nicht empfehlen. Auch auf den ersten Seiten findet man eine Warnung, dass diese Methoden und Übungen nur bei „genügend Erfahrung, Training, ausreichender Fitness, mit Zustimmung eines Arztes und unter Aufsicht“ stattfinden sollten „und selbst dann sollte man sich darüber klar sein, dass diese Praktiken gefährlich sind und schwere Verletzungen oder den Tod nach sich ziehen können.“ Sprich: Man sollte besser nicht alleine ohne Gewöhnung an die Höhe auf den Kilimandscharo oder mit Hanteln in kalten Wasser tauchen und dabei so lange wie möglich den Atem anhalten.
Trotzdem verschafft uns dieses Buch einen überaus interessanten Einblick: Einerseits, was alles möglich ist und andererseits was Kälte, Atemübungen und Meditations- und Konzentrationstechniken wie von Wim Hof und anderen, die ähnliche Methoden anwenden wie der Surf-Profi Laird Hamilton, dessen Frau Gabrielle Reece oder Trainer Brian McKenzie bewirken können. Nicht nur bei gesunden Menschen, sondern erstaunlicherweise auch bei Autoimmunerkrankungen wie Parkinson, Arthritis oder Morbus Crohn. Hier liefert Carney eigene Geschichten, die wirklich beachtlich sind (auch unabhängig davon, ob es sich dabei um einen Placebo Effekt handeln könnte oder nicht). Und davon abgesehen muss es ja gar nicht der Kilimandscharo sein. Denn was ich für mich aus diesem Buch mitgenommen habe, ist, dass man sich einfach mal wieder mehr dem aussetzen sollte, was wir als unangenehm empfinden. Und da ist bereits einiges möglich. Der Autor geht beispielsweise zwei, drei Mal pro Woche oberkörperfrei joggen. Macht täglich Atemübungen. Nimmt kalte Duschen. Meditiert. Dinge, die machbar sind. Und ein erster Schritt weg von der Verweichlichung des komfortablen Lebens ohne Kälte oder Hitze, hin zu stärkeren Reizen für den Körper.
Fazit & Learnings
Ich habe dieses Buch wirklich als spannend empfunden und wer sich für Physiologie oder auch einfache Extreme interessiert oder zumindest mal lesetechnisch aus seiner Komfortzone kommen möchte, für den kann es ein faszinierendes Leseerlebnis sein. Schade nur, dass die Techniken nicht ganz genau im Detail und zur Anwendung beschrieben sind, allerdings dürfte das wohl v.a. einen rechtlichen Hintergrund haben, um keine Klagen durch die Anweisungen einzufangen. Dennoch kann man einiges für sich ableiten. Ich habe seither beispielsweise wieder angefangen ganz bewusst mit einigen bestimmten Atemübungen aus dem Yoga (Pranayama) zu arbeiten und habe meine Meditationspraxis wieder ein bisschen verändert (wobei ich hier gerade auch von Anna Trökes‘ Buch** Yoga der Verbundenheit* inspiriert bin).
Die kalten Duschen schiebe ich leider noch immer Tag für Tag vor mir her 😛 , aber auch sie werden noch diese Woche starten (ihr seht, sie sind die absolut größte Überwindung für mich, dabei ist es ja nur kaltes Duschen und noch nicht mal ein Eisbad ist). Und ich habe wieder vor, das andere Extrem, nämlich die Hitze regelmäßig in mein Training aufzunehmen und wieder öfter zu Bikram Yoga Klassen zu gehen (was mir wesentlich leichter fällt als wenn es Kälte Yoga Klassen wären). Oberkörperfreies Laufen lasse ich besser aus 😉 , aber laufen in einem knappen Sport-BH wäre sicher machbar, auch wenn das für Außenstehende sicherlich bei manchen Temperaturen schräg anzuschauen sein dürfte (zumal ich weiß, wie ich reagiere, wenn ich auf meiner Laufstrecke in Schönbrunn Männer oben ohne laufen sehe). Womöglich wäre es hier besser, irgendwo zu laufen, wo weniger los ist 🙂 . Aber einen Bonus hat das Laufen so oder so: Man ist bei jeder Jahreszeit und bestens falls jedem Wetter draußen und auch das ist schon sehr viel wert.
Wie geht es euch mit Kälte? Und macht ihr bereits verschiedene Übungen oder setzt Techniken bewusst ein, um euch selbst abzuhärten und gezielt Annehmlichkeiten außen vor zu lassen? Wir sind auf eure Erfahrungen gespannt 🙂