Nachdem die Wichtigkeit eines gesunden Darms früher medial nur selten ein Thema war, hat sie in den letzten Jahren – zum Glück – immer mehr an Bedeutung und Raum in den Medien und in Form von Buchtiteln gewonnen. Wir erinnern uns alle an Darm mit Charme* und vor nicht allzu langer Zeit habe ich hier u.a. Happy Darm* von Dr. Vincent Pedres vorgestellt, welches ebenfalls sehr lesenswert ist. Und obwohl ich schon viele Bücher rund um Ernährung, Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Darmgesundheit gelesen habe, war ich auf Bauch über Kopf* sehr gespannt, weil es nicht nur von einer Ernährungsberaterin geschrieben wurde, die einen sehr pragmatischen Ansatz zu verfolgen scheint, sondern auch von einer „Betroffenen“, nämlich jemand, der selbst weiß, wie sich Nahrungsmittelunverträglichkeiten anfühlen und was es bedeuten kann damit zu leben.
Als kurze Hintergrundinfo, für alle, die es möglicherweise nicht wissen: Ich habe selbst Nahrungsmittelunverträglichkeiten und habe bei einem speziellen Atemtest mit Anfang 20 auf Laktose wie auf Fruktose reagiert, Jahre später hatte ich auch einmal einen ordentlichen Flush, welcher sehr wahrscheinlich durch Histamin ausgelöst wurde, was allerdings nicht immer so einfach nachzuweisen ist, allerdings sprachen die Symptome in dem Fall eigentlich für sich. Fakt ist: Ich weiß, was es heißt, Unverträglichkeiten zu haben. Gleichzeitig aber weiß ich auch, dass man lernen kann, damit sehr gut zu leben bzw. diese soweit in den Griff zu bekommen, dass man sich nicht allzu stark eingeschränkt fühlen muss. Im Gegenteil, man isst damit generell bewusster und erarbeitet sich mit der Zeit ein sehr gutes Körpergefühl, um die jeweilige Tagesform einzuschätzen. Und man entwickelt auch ein starkes Mitgefühl für andere Menschen, die auf Lebensmittel reagieren. Insofern ist es für meine Arbeit sogar von Vorteil 😉 .
Weil ich immer wieder gefragt wurde und werde, wie es eigentlich in meinem Fall zu den Unverträglichkeiten gekommen sein könnte: Ich hatte als kleines Kind sehr oft Mittelohrentzündungen und damit verbunden Antibiotika Einnahmen, welche für den Darm in dem Alter natürlich nicht ideal sind (als Erwachsener auch nicht, aber es hat sich in einigen Studien gezeigt, dass bestimmte „Bakterien-Teams“ sich gerade bei sehr jungen und alten Menschen nach AB-Einnahme in der Form nicht mehr ansiedeln und man somit einfach hoffen muss, dass sich neue, gut eingespielte Teams auftun, aber genau die, die man gehabt hat, gibt es offenbar so nie mehr). Und während ich im Schulalter rückblickend relativ robust war, hat dann mit 13, 14 eine aus dem Urlaub mitgebrachte Salmonellen Erkrankung dafür gesorgt, dass es einige Wochen höher dosiertes Antibiotikum gab. In dieser Zeit war ich bis Anfang 20 Vegetarierin und ernährte mich von sehr viel Obst. Und wie es so ist, wenn man vorwiegend immer die gleichen Sachen isst, kann man irgendwann sehr sensibel darauf werden bzw. auch Unverträglichkeiten dagegen entwickeln. Außerdem sind auch verschiedene Medikamente wie Allergietabletten gegen Heuschnupfen oder die Antibabypille nicht gerade förderlich für die Darmgesundheit. Genauso wie diverse Erkrankungen oft mit Unverträglichkeiten Hand in Hand gehen wie zB Endometriose. Und natürlich tragen auch Stress und die damit einhergehenden Hormone nicht gerade positiv dazu bei, wie damals bei mir während meiner Studienzeit, als ich drei Richtungen auf einmal studierte bzw. danach neben einem intensiven Job meine Urlaubstage für einen einjährigen, nebenberuflichen Management Lehrgang opferte.
Das Erkennen der Unverträglichkeiten war in meinem Fall schlussendlich gar nicht so einfach, weil meine Symptome nicht so klar waren wie man es bei Unverträglichkeiten generell vielleicht denkt. Ich hatte verschiedenste Symptome, die „Klassiker“ Bauchweh, Blähungen und Durchfall waren zwar manchmal auch dabei (je nach Lebensmittel, hier gibt es eklatante Unterschiede, was wirklich Bauchschmerzen verursacht und was nicht), aber viel öfter, diffuser und damit schwieriger zu erkennen waren andere Beschwerden wie starkes Herzstechen und -stolpern, Druck im Bauch und v.a. auch Brustkorb, Stechen in den Rippen, Schlüsselbeinen, Schultern, Verspannungen und Muskelschmerzen, allgemeines Unwohlsein, abendliche Übelkeit, Druckgefühl im Hals, Müdigkeit, Abgeschlagenheit, manchmal eine Art Weltschmerz (= Serotoninmangel). Nachdem ich verschiedene Bluttests machen ließ, um etwaige Unverträglichkeiten festzustellen und dabei nicht sehr viel herauskam, ich Akupunktur und Schröpfen gegen die diffusen Beschwerden ausprobiert hatte und verschiedene Recherchen anstellte, ging ich schlussendlich auf eigene Faust los und beschloss den Atemtest machen zu lassen, welcher im Abstand von einer Woche einmal für Laktose und einmal für Fruktose erfolgte. Bei beiden waren die Werte unmittelbar so hoch, dass ich mir das weitere Warten und mehrmalige Messen schenken konnte. Ich wurde gefragt, ob es mir nicht gerade sehr schlecht ginge, weil die Werte offenbar bemerkenswert hoch waren, aber bis auf ein bisschen Bauchzwicken war es in dem Moment nicht wirklich schlimm, ich spürte es dafür wieder die zwei folgenden Tage, was für Unverträglichkeiten – sofern man sich in das Thema einliest bzw. selbst betroffen ist – typisch ist, denn es muss nicht immer die Sofortreaktion sein, Auswirkungen in verschiedenen Ausprägungen und Formen kann es bis zu 72 Stunden später geben, was es so schwer macht, herauszufinden, was welche Probleme bereitet. Außerdem spüre ich persönlich auch Unterschiede zwischen Laktose und Fruktose.
Wie dem auch sei: Die ersten Jahre waren natürlich ungewohnt, weil man sich einerseits herantasten lernen muss, andererseits merkt man schnell, dass sämtliche Tabellen mit Auflistungen, was „erlaubt“ und was „verboten“ ist für einen selbst nicht unbedingt zutreffen müssen. Ganz abgesehen davon, dass sich die Tabellen von Buch zu Buch widersprechen. Und auch heute bei meinen Klientinnen und Klienten bekomme ich 1:1 mit, dass auch hier selten etwas nach Lehrbuch und herkömmlicher Logik läuft, sondern X wider jeglicher Tabellen bestens vertragen wird und Y, was angeblich „super verträglich ist“ gar nicht geht. Nahrungsunverträglichkeiten können so individuell und facettenreich sein, dass jegliche Tabelle einfach scheitern muss. Zumal neben Laktose, Fruktose und Histamin auch anderes wie beispielsweise Sorbitol oder Inulin eine Rolle spielen kann. Und auch immer öfter verwendete Zuckeralternative wie zB Birkenzucker, der von sehr vielen, die Unverträglichkeiten haben, gar nicht vertragen wird (und für Hunde und Katzen übrigens hochgiftig ist, nur als Info für alle Haustierhalter) können mehr Probleme machen als dass sie bringen.
Unverträglichkeiten können also ziemlich tricky sein und schlussendlich hilft es nur, selbst herauszufinden was am besten verträglich ist und was nicht. Hilfe schadet dabei natürlich nicht. Einerseits in Form von fachlicher Hilfe während des Prozesses des Herausfindens, wo es auch darum geht, zu lernen die Signale des eigenen Körpers wahrzunehmen und diese auch anzunehmen bzw. daraus für sich Schlüsse zu ziehen, andererseits können aber auch Bücher von selbst Betroffenen eine Hilfe dabei sein. Und genau ein solches Buch liegt gerade vor mir 🙂 .
Bauch über Kopf – Warum ein gesunder Darm dich glücklich macht
In Bauch über Kopf* erklärt Ernährungsberaterin Stefanie Wilhelm locker flockig, warum ein gesunder Darm so wichtig ist und uns nicht nur gesund hält, sondern sich auch auf unsere Stimmung auswirkt (wie geschrieben ist dieses „Weltschmerz“-Gefühl gerade bei Unverträglichkeiten wirklich etwas, das sehr vorherrschend sein kann, weil Darmflora, Immunsystem und der Botenstoff Serotonin einfach sehr enge Freunde sind, die auch eng zusammenarbeiten und wenn hier irgendetwas nicht passt, wirkt sich das ohne Umschweife u.a. auf die eigene Laune aus, was man an Abgeschlagenheit, Müdigkeit, schlechter Laune bis hin zur Erschöpfungsdepression zu spüren bekommen kann). Aber die Autorin liefert nicht nur viele Fakten und Infos rund um Ernährung, Verdauung, Darmflora, Immunsystem & Co, sondern auch Einblicke in ihre eigenen Erfahrungen als sie durch früheren Jobstress und Unverträglichkeiten tatsächlich in einer Erschöpfungsdepression landete und ihren Körper langsam wieder zurück in Richtung Gesundheit lotsen musste (was dann auch zum Studium der Ernährungswissenschaften geführt hat).
Was mir an dem Buch sehr gut gefällt, ist der lockere Schreibstil, wobei dieser klar auf eine junge Leserschaft abzielt. Das Thema Darmgesundheit von verschiedenen Seiten zu beleuchten, auch im Sinne des Immunsystems und eben auch bezogen auf Gefühle, Laune & Stimmung halte ich für sehr wichtig, denn es ist leider noch immer nicht weitreichend bekannt, wie sehr alles miteinander zusammenhängt. Gerade diese Info ist für Menschen mit Unverträglichkeiten und ihr Umfeld allerdings sehr wichtig.
Was mir persönlich ein bisschen gefehlt hat, war ein noch näheres Eingehen auf die einzelnen Unverträglichkeiten, wobei ich auch weiß, dass das sehr schwierig ist, da es eben bei jedem anders ist und die Bandbreite eine wirklich breite ist, wenn man hier tiefer gehen möchte. Insofern ist es auch mit Rezepten schwierig, denn es sind zwar welche im Buch enthalten, aber diese berücksichtigen mögliche Unverträglichkeiten nicht unbedingt und ich bin auch hier der Meinung, dass auch das einfach extrem schwierig ist, hier etwas für alle anzubieten, immerhin sieht es bei Laktoseunverträglichkeit ganz anders aus als bei Fruktose- oder gar Histaminintoleranz aus. Außerdem kommt es auch darauf an, in welcher Phase der Leser gerade ist: Jemand der ganz am Beginn ist, braucht eher eine Art „Ausschlussdiät“, um zu lernen herauszufiltern, was geht und was nicht, jemand der sich schon viele Jahre damit befasst, weiß wiederum meist sehr gut, welche Zutaten er wie ersetzen kann, wenn er darauf reagiert. Fazit: Rezepte sind in diesem Zusammenhang schwierig.
Insgesamt halte ich das Buch auf jeden Fall für lesenswert, denn es liefert viele Einblicke rund um das Thema Ernährung (gerade rund um die Verdauung finde ich es sehr plakativ und gut beschrieben) und für so manch‘ von Unverträglichkeiten Betroffenen gibt es auch die Hoffnung, dass es wieder besser werden kann wie bei der Autorin, die nur noch ein paar leichte Unverträglichkeiten hat. Auch die „11 Schritte, um gesünder und glücklicher“ durch Essen zu werden, finde ich gut, im Detail würde ich zwar zB keine Sojamilch empfehlen, aber wie auch die Autorin schreibt, scheiden sich in Ernährungsfragen oft die Geister. Generell liest man eine gewisse Gelassenheit heraus, was mir gut gefällt. Und auch sonst finde ich es sympathisch, dass hier keinem gerade gehypten Ernährungstrend gefolgt wird und „das Ding“ nicht unbedingt einen Stempel braucht, sondern dass es hier um allgemein bewusste Ernährung und die Sache an sich geht. Gerade bei Unverträglichkeiten und damit verbunden bewusstem Essen ist es viel wichtiger, dass man lernt wahrzunehmen, wie man auf Lebensmittel reagiert, sprich auch ein Körpergefühl entwickelt und genau dabei würde es einem absolut nicht weiterhelfen, wenn man sich nur nach Trends orientieren würde. Hier ist einfach mehr ein „Nach Innen“ statt ein „Nach Außen“ gefragt, was dieses Buch auch gut vermittelt.
Kleine Helfer
Was mir persönlich übrigens sehr gut hilft, um diese Fragen gleich vor weg zu nehmen, sind neben Probiotika, welche ich immer wieder mal für einige Wochen einnehme (hier lohnt es sich, die Präparate auch mal zu wechseln, um verschiedene Bakterienstämme auszuprobieren) v.a. auch die Einnahme von Magnesium Kapseln (wie einem hypoallergenen Magnesium Citrat, daher war diese Magnesium Form unsere erste für Be Active), was dazu führt, dass ich vieles besser vertrage und es mir ingesamt besser geht. Das habe ich auch schon bei Klientinnen und Klienten feststellen können. Ansonsten schwöre ich auf Pfefferminz Tee, welcher mir sehr gut tut. Aber wie beschrieben hilft von Fall zu Fall nur eines: Ausprobieren, was einem selbst gut tut 😉 .
Und darüber hinaus sind natürlich auch Bewegung und Entspannungstechniken sehr gut für den Bauch. In meinem Fall profitiere ich v.a. vom vielen Spazieren mit dem Hund, dem Laufen (solange es lockere Dauerläufe sind), Federn am Mini Trampolin* und Yin Yoga (wer es mal ausprobieren möchte, in meinem Yin Yoga eBook habe ich verschiedene bewährte Übungsabfolgen beschrieben).
Hat jemand von euch Erfahrungen mit Unverträglichkeiten? Oder möchte etwas zum Buch sagen? Dann hinterlasst gerne ein Kommentar 😉
Alles Liebe,
Vera (die auch mit Unverträglichkeiten sehr gut lebt 😉 )