
Der heutige Artikel stammt von unserem Physiotherapeuten Roland Scheiber, der bei uns in der LaufSport- und GelenksPraxis in Wien Hietzing sowie im Kreuzfidel in Wien Döbling tätig ist und den viele von euch bereits kennen (wenn nicht persönlich, dann vielleicht durch dieses Interview). Roland ist sportlich vielseitig aktiv und Crossfit zählt zu einer “seiner” liebsten Sportarten, deshalb habe ich ihn gefragt, ob er dazu einen Beitrag für unseren Blog verfassen möchte, weil ich es spannend finde, wie ein Sportphysiotherapeut Crossfit beschreibt und was er bei der Ausübung besonders wichtig findet. Hier also sein Resümee nach drei Jahren mit Crossfit 🙂 Viel Spaß beim Lesen!
Vor 3 Jahren hatte ich meine erste Crossfit Stunde. Ich wusste damals nicht ganz genau, was mich erwarten würde, schlussendlich hat aber die Neugierde gesiegt und ich habe mich für einen Beginner Kurs angemeldet. Bis heute trainiere ich jede Woche ca. 2x in der Brick Box und habe es noch an keinem Tag bereut.
Krafttraining habe ich schon immer gemacht. In meiner aktiven Zeit beim Handball blieb dafür retrospektiv betrachtet aber leider wenig Zeit. Später, als ich an diversen Lauf- und Triathlon-Wettbewerben teilgenommen habe, habe ich versucht mehr Augenmerk auf die Athletik zu legen. Vermutlich war aber auch das zu wenig und besonders das Beweglichkeitstraining blieb immer in einem sehr überschaubaren Ausmaß. Für einen Ausdauersportler war ich immer relativ schwer und habe mich sicherlich oft mit Hilfe meiner Kraft ins Ziel gerettet. Jan Frodeno und ich teilen nur die Körpergröße, die Gewichtswertung gewinne ich recht eindeutig mit 15-20kg 😉
Das klassische Krafttraining habe ich schon in meiner Jugendzeit als sehr zeitraubend empfunden. Hypertrophie-Training (3-5 Serien, 8-12 Wdh., 2-3 Minuten Pause) war anstrengend und langatmig. Eine Einheit IMK Training (Intramuskuläres Koordinationstraining, 3-5 Serien mit 1-3 Wiederholungen und Satzpausen von 5 Minuten) habe ich immer als wirklich unbefriedigend empfunden. Während einer solchen Trainingseinheit ist die Arbeitszeit im Vergleich zur Pausenzeit immer minimal (dafür konnte man in den Serienpausen den „Standard“ auslesen).
Irgendwann habe ich dann begonnen zu Hause mit Kettlebells zu trainieren. Ich wollte mehr Dynamik und mehr Abwechslung im Training haben, einfach etwas Neues probieren. Beim Lesen diverser Bücher zum Thema Laufen bin ich auch immer wieder auf spezifisches Kraft-, Athletik- und Beweglichkeitstraining als Basis für eine gute Ausdauerleistungsfähigkeit gestoßen. Ich kann die Bücher von Nicholas Romanov, Brain McKenzie, Kelly Starrett, Christopher McDougall, Scott Jurek und einigen anderen nur jedem Interessierten ans Herz legen. Ein paar meiner Physiotherapie-KollegInnen haben mir dann von ihren Crossfit Erfahrungen erzählt und im April 2015 ging es dann los.
Grundsätzlich würde ich mich als einigermaßen fit bezeichnen. Im Crossfit-Beginnerkurs wurde mir allerdings sehr bald klar, wo es haperte. Meine Beweglichkeit war teilweise eingeschränkt, manche Übungen konnte ich gar nicht machen. Die technische Durchführung hatte oft mehr als nur Verbesserungspotential. Als Physiotherapeut korrigiert man ständig andere, bei mir selbst war ich aber oft zu unkritisch. Die Workouts im laktaziden Bereich haben mich dann auch meist sehr schnell ans Ende meiner Kräfte gebracht.
Eine Crossfit-Einheit dauert normalerweise 60 Minuten – es wird in der Gruppe unter Anleitung eines Trainers gearbeitet – und setzt sich meist aus folgenden Elementen zusammen: 1. Aufwärmen, 2. Technik- und/oder Kraftteil, 3. Workout of the Day kurz WOD, 4. Finisher.
Beim Aufwärmen geht es manchmal schon recht flott zur Sache. Im Technikteil werden einzelne Bewegungen z.B. aus dem Olympischen Gewichtheben, Handstand, Muscle Ups,… geübt. Im Kraftteil geht es dann darum bei einer Übung eine spezielle Wiederholungsabfolge zu machen (5×8 Kniebeugen mit 80% deines Körpergewichts). Das WOD ist dann meist eine Übungskombination, die über einen gewissen Zeitraum absolviert wird (z.B.: 5 Burpees, 10 Klimmzüge, 15 Kniebeugen mit Gewicht, so oft es geht in 15 Minuten). Als Finisher bieten sich dann meist Core Übungen an (z.B.: 5×1 Minute Plank, Sit Ups usw.).
Für mich ist das Wichtigste beim Crossfit die Tatsache, dass es jeden Tag ein neues Trainingsprogramm gibt; man trainiert daher praktisch nie das selbe. Durch das ständige Variieren wird der Körper immer wieder aufs Neue gefordert und auch für die Trainingsmotivation ist es sehr gut, wenn es stetig neue Reize gibt. Als Trainingsutensilien dienen Kurz- und Langhanteln, Kettlebells, Klimmzugstangen, Medizinbälle, Schlitten zum Ziehen und Schieben, Springschnüre, Seile, Rudergeräte, das Stiegenhaus… einfach alles was man sich nur vorstellen kann und was in den Räumlichkeiten der jeweiligen Crossfit Box möglich ist. Durch das Training in Kleingruppen haben die Trainer die Möglichkeit die Athleten zu kontrollieren und korrigieren und die Athleten haben die Möglichkeit sich gegenseitig anzufeuern und zu motivieren. Community/Gemeinschaft ist beim Crossfit ganz wichtig und oft gibt es auch Teamworkouts, bei denen mehrere Athleten zusammenarbeiten.
Für meinen persönlichen Geschmack kommt das Aufwärmen und Mobilisieren aus Zeitgründen oft zu kurz in den Trainingseinheiten. Daher wärme ich mich normalerweise 10-15 Minuten vorher