Yin Yoga geht tief, nicht nur auf körperlicher Ebene, sondern auch mental. Übungen für drei bis fünf Minuten passiv zu halten klingt einfacher als es in der Realität meistens ist. V.a. wenn Faszien und Bindegewebe verklebt sind oder man innerlich nicht leicht zur Ruhe kommt. Umso wichtiger, dass man sich regelmäßig die Zeit für die Dehnung und v.a. auch Stimulation des Gewebes nimmt und sich so auch gleichzeitig eine Auszeit schafft, die man nach und nach immer mehr zu schätzen weiß.
Seit ich meine Yin Yogalehrer Ausbildung absolviert habe, arbeite ich sehr gerne mit diesem Yoga Stil, sogar mehr als mit dem klassischen Hatha Yoga, weil ich sehe, dass wie gut und effektiv Yin Yoga wirkt, auch bei denen, die bisher überhaupt keine Yoga Erfahrung haben und sich als „unbeweglich“ und „Anti-Yogi“ beschreiben. Falls du dich in dieser Beschreibung wiederfindest, probier Yin Yoga einmal aus. Anfangs kann es sehr ungewohnt sein, so passiv und ruhig zu dehnen, vielleicht wird es an manchen Stellen auch alles andere als angenehm sein, ABER es wird etwas mit dir machen und nach und nach wirst du merken, wieviel sich dabei tut.
Wer gerne ein individuelles Programm für seine Problematik hätte, ob zur tiefen Entspannung oder für bestimmte „Problemzonen“: Ich stelle auch Individual-Programme zusammen, falls du also ein maßgeschneidertes Yin Programm für dich haben möchtest, melde dich via Email bei mir, dann können wir es gemeinsam angehen. Es ist mir wirklich ein Anliegen, Yin Yoga mehr in „Umlauf“ zu bringen, da ich glaube, dass es sehr vielen sehr gut tun kann. Im Gegensatz zu Hatha Yoga kann ich diesen Dienst auch über die Ferne anbieten, weil es beim Yin keine klassischen Korrekturen gibt.
Falls du dir dagegen denkst, dass das alles sehr gut klingt und du auch eine Ausbildung auf diesem Gebiet machen willst, kann ich dir Yin Therapy als Ausbildungsinstitut absolut empfehlen. Ich habe meine 100h Ausbildung dort gemacht und sehr viel gelernt, obwohl ich zuvor schon eine 500h Hatha und Kundalini Yogalehrerausbildung absolviert und mich auch in Yogatherapie weitergebildet habe. Markus Henning Giess von Yin Therapy unterrichtet und lehrt mit einer angenehmen Klarheit und gibt angehenden Yin Yogalehrern wirklich das nötige Rüstzeug in die Hand, damit diese gut unterrichten können.
Yin Asanas für geschmeidige Faszien
So, genug geplauscht, kommen wir jetzt zur im Titel angekündigten Yin Yoga Abfolge, die ich euch heute mitgeben möchte 🙂 . Wie immer sei vorab festgehalten, dass Yin Yoga am besten erst 2-3h nach dem Essen ausgeführt werden sollte. Außerdem bedenkt bitte, dass man bei Yin Asanas im Gegensatz zu Asanas aus anderen Yogastilen (sogenannten Yang Stilen) nicht so tief in die Dehnung geht, sprich hier nehmen wir 10-20% Intensität heraus, da wir die Position passiv und länger, nämlich 3 bis 5 Minuten halten. D.h. während einer Yin Pose versuchen wir die Muskulatur im Bereich der Dehnung bzw. Stimulation so entspannt wie möglich zu lassen.
Das besonders Schöne am Yin Yoga ist außerdem, dass es keine ästhetische Vorgabe gibt, sprich man schließt dabei die Augen, konzentriert sich auf die Atmung und das Lockerlassen und kann so seinem Körper und dessen Körperbau folgen, ohne eine bestimmte Ausrichtung einhalten zu müssen, die vielleicht gar nicht zum eigenen Körperbau passt. Durch behutsames und achtsames Dehnen und Stimulieren des Gewebes erreichen wir so aber dennoch unser Ziel: Geschmeidige Faszien und ein gesundes Bindegewebe.
Nach manchen Asanas kann es sein, dass man einige Körperpartien sehr stark wahrnimmt, v.a. wenn man in eine Konterpose geht, indem man sich beispielsweise auf den Rücken legt, um nachzuspüren. Wenn sich Bindegewebe, Bänder und Faszien langsam wieder aus der Dehnung zurückbewegen kann das sehr tief gehen und sich nicht unbedingt angenehm anfühlen. Kurzzeitig kann man sich sogar richtig alt fühlen, ein Ziehen oder Pulsieren wahrnehmen und sich fragen, ob das nun gut oder schlecht ist. Sinn dieser Übung ist es, seine Aufmerksamkeit wieder auf sich und seinen Körper zu richten, ohne zu bewerten zu spüren, wie er reagiert und wie wir uns fühlen und dass nach und nach wieder Energien ins Fließen kommen, wir uns geschmeidiger und befreiter fühlen.
Natürlich solltest du nur üben, wenn du gesund bist und keine akuten Beschwerden hast. Falls du dir unsicher bist, besprich dich vorher mit deinem Arzt deines Vertrauens oder einem Sportphysiotherapeuten.
Nimm dir außerdem nach jeder der vorgestellten Posen rund eine Minute, wenn du es brauchst auch mehr, Zeit, um in Rückenlage nachzuspüren und den sogenannten „Rebound“ wahrzunehmen. Außerdem kannst du Hilfsmittel jeglicher Art (Pölster, Decken, Yoga Blöcke oder dicke Bücher) verwenden und sie dir unterlegen, wo immer sie dich gut unterstützen (je nach Position unters Gesäß, unter die Kniekehlen, seitlich bei den Knien, unter die Stirn, die Fußrücken usw.).
Halte jede Position drei (Einsteiger) bis fünf (Fortgeschrittene) Minuten. Und denk immer daran: Geh nicht zu tief, sondern nimm bis zu 20% Intensität und Tiefe heraus als du es bei einem anderen Yogastil oder bei einer allgemeinen Dehnung tun würdest. Lass den Atem immer tief, gleichmäßig und bewusst fließen. Wenn du merkst, dass du die Luft anhälst, bist du zu tief in der Dehnung. Dann komm einfach wieder ein Stück aus der Dehnung heraus und konzentriere dich auf deine Atmung, damit diese wie Wellen geht und kommt.
1. Der Schmetterling
Bring deine Fußsohlen zusammen und schieb deine Füße nach vorne, sodass deine Beine eine diamantförmige Position einnehmen. Die Knie fallen locker und entspannt nach Außen. Beuge dich aus der Hüfte heraus nach vorne und lege deine Arme dort ab, wo es sich angenehm anfühlt. Lass alles locker. Und vergiss nicht, bereits nach dieser ersten Pose in die Rückenlage zu kommen, um den Rebound Effekt wahrzunehmen 😉
2. Die Raupe
Im Unterschied zum Schmetterling kommen wir nun in eine Vorwärtsbeuge mit gestreckten Beinen, sprich jetzt spielen auf unsere Beinrückseiten, v.a. die hinteren Oberschenkel (Hamstrings) eine Rolle. Wenn du deine Knie nicht durchstrecken kannst, ist das kein Problem, lege dir einfach eine Decke oder einen Polster unter die Kniekehlen, damit du entspannt bleiben kannst. Du kannst dich auch auf einen großen Polster nach vorne lehnen. Wie erwähnt sich jegliche Hilfsmittel absolut erlaubt und auch erwünscht, um wirklich passiv bleiben zu können. Falls du deinen Nacken spürst, dann schnapp dir einen Yoga Block oder ein Kissen und lege deine Stirn behutsam darauf.
3. Das Reh
Diese feine Pose öffnet die Hüften und zielt auf eine Gesäßdehnung ab. Richte dich dabei so aus, dass du im Gesäßbereich des vorderen Beines eine Dehnung spürst, wenn du dich nach vorne neigst.
4. Herzöffner
Tiefe Atemzüge öffnen den Brustbereich, während die Achseln Richtung Boden schmelzen.
5. Schulterblatt Dehnung
Nicht nur bei Schulterproblemen sinnvoll ist die Dehnung des Schulterbereichs. Schulterblatt und Schultergelenk danken es uns genauso wie unsere leicht getwistete Wirbelsäule. Auch der Nackenbereich wird mitstimuliert.
6. Kindhaltung
Spüre die sanfte Dehnung an Schultern und Rücken, den Oberschenkeln und vielleicht auch am Fußspann und lass vollkommen los, um einfach nur zu entspannen, während deine inneren Organe durch den leichten Druck der Oberschenkel stimuliert werden. Falls deine Stirn nicht zum Boden kommt, lege dir ein Kissen oder einen Block unter.
7. Der Sattel (sitzend, nach Hinten geneigt oder liegend)
Sei beim Sattel besonders achtsam und respektiere die aktuellen Gegebenheiten. Kurzum: Erzwinge nichts. Setze dich zwischen deine Fersen und nutze unbedingt Hilfsmittel, wenn du merkst, dass du ohne diese hier nicht entspannen kannst, zB ein Kissen unter dem Gesäß, um dich zu erhöhen. Es kann sehr gut sein, dass bereits eine sitzende Haltung ausreicht, um eine deutliche Stimulation der Oberschenkel zu erzielen. Lehnt man sich zudem nach hinten oder legt sich ganz ab, kommt es außerdem zu einer Rückbeuge und so zu einer erwünschten Kompression der Lendenwirbelsäule und des Iliosakralgelenks. Auch die Hüftbeuger werden mitstimuliert.
8. Der halbe Schnürsenkel
Diese Dehnung spüren wir v.a. im Bereich der Hamstrings sowie am Gesäß. Die Pose kann als Alternativ auch am Rücken liegend mit überschlagenen Beinen ausgeführt werden, die man umfasst und zum Oberkörper zieht.
9. Der Frosch
Der Frosch zielt auf die Oberschenkel Innenseiten (Adduktoren), eine Öffnung des Hüftgelenks und der Leiste ab. Die Fußposition kann man dabei selbst wählen, sprich die Unterschenkel (hier nicht sichtbar) eng am Körper oder weit zur Seite positionieren.
10. Der Drache
Der Drache sorgt für eine tiefe Hüft- und Leistenöffnung und ist entsprechend intensiv, wie du am Rebound Effekt im Anschluss merken wirst.
11. Happy Baby
Der untere Rücken darf in den Boden hinein entspannen, während die Knie seitlich Richtung Achseln wandern. Die Position muss zudem nicht statisch sein, falls man lieber sanft hin und her wiegen möchte, nur zu 🙂
12. Twisted Roots
Für die verdrehten Wurzeln zieht man die Knie zum Oberkörper, schlägt ein Bein über das andere und lässt die Beine vorsichtig auf eine Seite sinken. Unser Zielgebiet ist hier die seitliche Bauchmuskulatur, außerdem wirken wir mit dieser Position auf unsere Wirbelsäule ein. Gedrehte Haltungen wie diese sorgen als Abschluss einer Yoga Einheit dafür, das Gleichgewicht im Nervensystem wiederherzustellen und wirken insgesamt ausgleichend. Auch die inneren Organe werden massiert und stimuliert.
13. Schlussentspannung – Savasana
Bleib für mindestens fünf, besser zehn Minuten liegend in der Schlussentspannung und tanke hier noch einmal auf. Wenn du magst, deck dich dabei mit einer Decke zu. Dein Körper kann jetzt alle Reize verarbeiten und abspeichern.
Auf gesunde und geschmeidige Faszien! 🙂
Ein schönes Üben mit diesen Yin Asanas wünsch ich euch 😉
Alles Liebe,
Vera