Schneller und dabei auch noch effizienter trainieren klingt für manche zu gut um wahr zu sein. Was man hier allerdings auch fairerweise direkt dazu sagen muss: Ein kurzes, gutes Training ist definitiv möglich, bringt jedoch dabei auch eine (sehr) hohe Intensität mit sich, sofern man nicht stark abwandelt. Deshalb möchte ich gleich zu Beginn dieses Artikels betonen, dass ein sportmedizinischer Check wirklich sinnvoll ist und zwar für jeden von uns, also auch, wenn man „nur“ niedrig- oder mittelintensiv trainiert. Auch wir selbst gehen alle paar Jahre zum Internisten, der nicht nur ein Ruhe-EKG, sondern auch einen Herz-Schall und ein Belastungs-EKG bis zur Ausbelastung macht. Ich schreibe das an dieser Stelle, damit es an späterer nicht untergeht, denn solche Termine schiebt man oft vor sich her oder räumt ihnen nicht die Priorität ein, die sie haben, also will ich es euch gleich zu Beginn hier noch mal ans Herz legen 😉 .
Es ist einfach ein HIIT!
Hochintensives Training zählt zu meinen Lieblingsthemen, weil es einfach genial ist, wenn man es richtig und individuell passend anwendet. Mittlerweile gibt es auch gute Studien und Arbeiten dazu (ältere wie von Bengt Saltin, jene von Izumi Tabata aus dem Jahr 1996 oder auch von Duncan MacDougall), die ich vor ein paar Jahren an der Uni in Leistungsphysiologie zur Genüge kennenlernen durfte 🙂 . Einer der aktuellen, führenden Forscher auf dem Gebiet ist Dr. Martin Gibala von der kanadischen McMaster University, der nicht nur an der sportphysiologischen Forschung per se interessiert ist, sondern vor vielen Jahren selbst auch eine Trainings Herausforderung in seinem Alltag zu bewältigen hatte. Denn er war nicht nur ein aufstrebender Wissenschaftler, sondern auch ein junger Vater von zwei Söhnen sprich er hatte neben seiner Arbeit und der Familie nur wenig Zeit für Bewegung und Training. So kam es, dass er hochintensives Intervalltraining (HIIT; „hit“ ausgesprochen) für sich entdeckte, was wiederum in Folge auch seine Forschung inspirierte.
Mittlerweile ist hochintensives Intervalltraining sehr bekannt und beliebt. Und dabei stellt sich immer wieder eine wesentliche Frage: Wie lang muss das perfekte Workout demnach sein, wenn man fit bleiben und Fett abbauen will, allerdings mit so geringem Zeitaufwand wie möglich?
Wie lang sollte eine gute Trainingseinheit dauern?
Gibala klärt diesbezüglich in seinem Buch** Das 1-Minuten-Workout* fundiert und wissenschaftlich belegt auf und zwar auch, was den gesundheitlichen Nutzen eines hochintensiven Intervalltrainings angeht, denn vielfach ist noch immer nicht bekannt, welche gesundheitsförderlichen Vorteile dieses Training mit sich bringt. Denn auch wenn es vielen als Erstes um ihr äußerliches Erscheinungsbild geht, so geht es schlussendlich meist vorwiegend um eines, wenn man mal mit dem Training angefangen hat: Das neue Körpergefühl, die persönliche Fitness und das eigene Wohlbefinden. Abgesehen davon verzögert man mit regelmäßigem intensiven Training auch noch den Alterungsprozess und senkt langfristig das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, genauso wie für Diabetes Typ II und Krebs.
„Ich finde, Fitnesstraining gehört zu den besten Dingen überhaupt,“ schreibt Gibala auf der ersten Seite seines Buchs und ich bin der Meinung, er hat absolut recht. Es geht nur darum, das Richtige für sich selbst zu finden, dies mit einer Regelmäßigkeit zu tun und langfristig dranzubleiben. Und für manche kann hier eben hochintensives Intervalltraining die Lösung sein.
Der entscheidende Vorteil davon ist definitiv die Zeitkomponente, denn wieviele von uns haben heute das Gefühl, dass für Training und Bewegung einfach keine Zeit übrig bleibt? Sport wird gedanklich oft mit großem Zeitaufwand verbunden, was dann direkt dazu führen kann, dass man es gar nicht erst versucht, weil es sich „zeitlich eh nicht ausgeht“. Sprich, man scheitert bereits an der Vorstellung, dass es nur mit ganz viel Zeit geht und nicht anders.
Ja, natürlich, man kann eine Stunde oder länger Krafttraining machen, eine Stunde und mehr Laufen gehen oder sich auf einen Ergometer setzen und für x Kilometer strampeln. Ja, man kann in ein Fitnessstudio fahren und so auch noch weitere Wegzeit auf sich nehmen. Aber NEIN, all das muss man nicht zwingend tun, wenn es nicht in das eigene Leben oder die aktuelle Lebensphase passt. Es geht auch anders, sofern man es richtig und durchdacht angeht.
So kann man mit Warm Up und Cool Down mit unter 10 Minuten bis hin zu 30 Minuten rechnen, je nachdem welches Trainingsprofil man wählt. Das Schöne ist, dass es sehr viele verschiedene Spielarten von Intervallen gibt, was auch viel Abwechslung ermöglicht.
Was verbirgt sich hinter HIIT?
Hochintensives Intervalltraining findet in der Regel in hohen Herzfrequenzbereichen statt und wird wie der Name schon sagt in Intervallen ausgeführt. Ein Training beinhaltet dabei kurze, sehr intensive, dafür wenige Belastungsphasen (zB eine Belastung für 30 Sekunden), in denen man dafür wirklich Gas gibt, teilweise auch nach dem Motto: all out (=maximal intensiv). Diese Belastungsphasen werden immer wieder durch Erholungsphasen unterbrochen, in denen man Pause macht und nichts tut oder eine leichte Aktivität ausübt. Kurz um: Die Intensität ist wechselt immer wieder zwischen hochintensiv und Pause bzw. lockerer Aktivität und entspricht somit nicht einer Dauerbelastung wie es zB bei einer Steady-State-Einheit der Fall ist, bei welcher man immer im gleichen Tempo unterwegs ist. Dafür gilt: Je mehr man im Belastungsintervall Gas gibt, umso kürzer darf das Intervall sein und umso weniger Intervalle sind schlussendlich erforderlich.
Besonders effizient und bekannt sind beispielsweise Sprintintervalle (SIT genannt = Sprintintervalltraining), ob laufend oder in anderen Ausdauerdisziplinen wie am Fahrrad, beim Rudern oder Schwimmen (ich persönlich mag sie auch in Form von Treppensteigen am Stairmaster sehr gern).
Sprintintervalle sind damit das genaue Gegenteil von langen niederintensiven Grundlageneinheiten, die über Stunden dauern und in die Rubrik Kilometer Sammeln fallen. Hier lautet das Prinzip: Kurz und knackig.
Aber nicht nur klassische Ausdauersportarten, auch Übungen mit dem eigenen Körpergewicht wie Liegestütz, Burpees, Mountainclimber, Kniebeugen, Klimmzüge & Co lassen sich für das Intervalltraining nutzen.
Die Idee dahinter ist also jene, dass man auch mit nur wenigen Minuten Training großartige Effekte erzielen kann, die lange Zeit nur langen Trainingseinheiten zugeschrieben wurden, beispielsweise eine Verbesserung der aeroben Fitness, welche man früher immer nur mit umfangreichem moderatem Ausdauertraining in Verbindung brachte. Aber auch mit HIIT ist eine Steigerung der aeroben Fitness möglich, obwohl es sich während des Trainings an sich um eine anaerobe Aktivität handelt, allerdings sind gerade wiederholte Sprints auch für das aerobe System eine hohe Belastung und trainieren daher auch dieses mit. Garniert von einem größeren Nachbrenneffekt (EPOC).
HIIT kann außerdem auch stark individualisiert werden (zB gerade auch ab einem höheren Alter), d.h. es ist nicht nur für superfitte Menschen geeignet, sondern auch für jene, die wieder einsteigen, allerdings eben in abgewandelter Form sprich nicht direkt all out. Es geht also nicht darum, dass jeder direkt lossprinten muss, für viele Einsteiger ist zB gerade zu Beginn neben dem Fahrrad bzw. Ergometer v.a. auch Gehen in Intervallen eine sehr gute Variante, die gut funktioniert und dabei auch eine sichere Alternative darstellt.
Wie wir trainieren
Sowohl Doc Tom als auch ich trainieren gerne bunt gemischt, von Kraft- über Ausdauertraining bis hin zu Yoga. Und wir halten es für sehr sinnvoll, nicht nur in niedrigen Pulsbereichen unterwegs zu sein, sondern auch – und das nicht zu selten – hochintensiv Gas zu geben. HIIT ist dafür eine großartige Möglichkeit, sofern man es auf seine Bedürfnisse anpasst. Ausschließlich kurz und hochintensiv zu trainieren, wäre für uns in unserer aktuellen Lebensphase nicht DER Weg der Wahl, weil wir einerseits beide sehr gerne trainieren und es somit schade wäre, wenn das Training immer nur kurz ausfallen würde 🙂 , außerdem empfinden wir es nicht als Zeitverschwendung, sondern haben dabei wirklich Spaß , andererseits trainiert Doc Tom zB gerade wieder auf einen Marathon und für den Sommer auch auf einen Ironman 70.3 hin und absolviert dafür auch viele niederintensive laufende, radelnde und schwimmende Grundlageneinheiten. Aber an sehr vollen Tagen, an denen sich sonst fast gar nichts ausgehen würde oder zusätzlich und klug zum weiteren Training ergänzt, praktizieren wir beide gerne und regelmäßig HIIT Einheiten und empfehlen diese auch unseren Patienten, Klienten und Athleten in der jeweils für sie besten Form.
Buchtipp: Das 1-Minuten-Workout
Für alle, die sich selbst ins Thema einlesen wollen und wissenschaftliche Belege schätzen: Das 1-Minuten-Workout* von Dr. Martin Gibala** ist dafür eine sehr gute Wahl 🙂 . Diese eine Minute bezieht sich zwar nur auf die Summe von 3x 20“ Intervallen und beinhaltet weder das Warm Up noch die Erholungsphasen zwischen den Intervallen und auch nicht das Cool Down, aber das wollen wir an dieser Stelle einmal verzeihen 😉 . Das Buch ist auf jeden Fall eine Empfehlung und sowohl für Fitness-(Wieder)Einsteiger wie auch für Fortgeschrittene interessant, da es für jedes Level gute und praktische Inputs liefert, die das eigene Training auf eine neue Stufe bringen können.
Es lohnt sich also auch, wenn man gerne Sport macht und gerne auch mehr Zeit damit verbringt. Aber natürlich ist es sicherlich v.a. für all jene spannend, die so zeiteffizient wie möglich trainieren wollen oder längeres Training als abschreckend wahrnehmen.
Dafür liefert es die aus Gibalas Sicht acht besten und vier kürzesten HIIT Workouts (inklusive des „1-Minuten-Workouts“), welche auch individuell angepasst werden können und sich sowohl für das Training daheim, im Hotel oder im Freien eignen. Ohne oder mit minimalem Equipment, dafür für einen guten Output in Bezug auf die kardiorespiratorische Fitness, das eigene Energielevel und das Wohlbefinden.
Wie oben geschrieben ist aus unserer Sicht für die Praxis aber v.a. auch eines wichtig: Ein vorhergehender Check beim Internisten, welcher so oder so für jedermann alle paar Jahre empfehlenswert ist.
Und weil ich nicht nur darüber schreiben, sondern es auch selbst leben will, geht es für mich jetzt direkt weiter mit meinem HIIT Workout 😀 .
Alles Liebe & bleibt in Bewegung,
Vera